
Rohstoff Gold – “ein normales unternehmerisches Engagement”
Rubrik Ferngespräche / Der Goldpreis steigt und steigt. Der – vermeintlich – sichere Hafen wird in turbulenten Zeiten wieder von vielen Anlegern angesteuert. Dr. Marcelo Wesseling sorgt für Nachschub: Er betreibt Minen und Explorationen.
Ohne neues Gold wird die Nachfrage den Preis noch weiter steigen lassen. Doch wo kommt das Gold eigentlich her und wie kann der Nachschub gesichert werden? Diese und weitere Fragen zum „Rohstoff Gold“ kann Dr. Marcelo Wesseling beantworten. Er ist CEO der Fleurs International GmbH in Kaiserslautern, einer Gesellschaft, die vorzugsweise in Brasilien Minen betreibt und Explorationen anstrebt. Marcelo Wesseling hat die deutsche und brasilianische Staatsbürgerschaft, promovierte an der TU Kaiserslautern und machte seinen MBA an der WHU, Otto-Beisheim School of Management.
Herr Dr. Wesseling, die Gründe für den Anstieg des Goldpreises sind unseren Lesern sicher hinreichend bekannt. Uns würde es daher vielmehr interessieren, wie es um den Nachschub steht. Wo kommt das Gold her, wie wird es gewonnen?
2019 wurden rund 3.300 Tonnen Gold gewonnen. Größter Produzent ist China, gefolgt von Australien, Russland, USA… Überwiegend wird Gold durch große Goldproduzenten gewonnen, auch Staatliche. Junior-Minirs oder einzelne Golddigger spielen eine untergeordnete Rolle. Selbstverständlich ist es das Ziel, die Goldproduktion zu erhöhen. Dafür ist ein immenser Aufwand nötig. Analysten gehen davon aus, dass bis 2025 ca. 37 Mrd. US-Dollar aufgewendet werden müssen, um die 2019 Zahlen zu halten.
Warum sind die Kosten so hoch, worin besteht der Aufwand. Sind es die Kosten für Grund und Boden?
Im Wesentlichen sind es die Kosten für die Prüfung von geeigneten Flächen. Der Aufwand für geologische Gutachten der Boden- und Felsformationen, magnetische Untersuchungen auf Metalle und deren Struktur, geophysische Studien und insbesondere geochemische Analysen ist sehr hoch. Aber diese sind für den Entscheidungsprozess elementar – und eben teuer.
Interessanterweise kann man in den meisten Ländern zwar Land kaufen, aber nicht den Grund darunter. In Brasilien beispielsweise gehört der Grund, also das Erdreich unter der Landoberfläche, immer dem Staat. Daher ist es für eine Goldexploration dort nicht notwendig, das Land zu kaufen. Erworben werden Schürfrechte – Mining Rights – vom Staat. Diese verpflichten zur Exploration und laufen aus, wenn der Boden „ausgelaugt“ ist.
Kann man sich an den großen Goldproduzenten beteiligen? Dann partizipierte man doch an der Entwicklung des Goldpreises und der Unternehmen.
Die meisten großen Goldproduzenten sind börsennotiert und an der „Wallstreet“ gibt es den Goldindex HUI. Natürlich kann man so am Goldkurs und den Aktien der Unternehmen partizipieren. Aber das ist mit Vorsicht zu betrachten. Es kommt zu dem sog. Goldpreishebel: Der Goldpreis wirkt sich in der Regel überproportional auf die Entwicklung von goldfördernden Unternehmen aus – und zwar in beiden Richtungen. Die Schwankungen sind nach oben und eben auch nach unten überproportional. Neben dieser Form in Gold zu investieren gibt es noch verschiedenen Formen von Derivaten, bei denen man allerdings keinen Anspruch auf Gold erwirbt. Und natürlich in physisches Gold, dessen Vorzüge bekannt sind, das aber nicht „arbeitet“. Es gibt keine Verzinsung, nur das Auf und Ab des Goldpreises.
Wie kann man sich die praktische Umsetzung einer Goldmine vorstellen?
Zunächst einmal sollte man einige Irrtümer und Vorurteile aufklären. Goldminen klingen zwar nach Abenteuer und Glücksrittertum, aber damit haben Goldexploration heutzutage nichts mehr gemein. Beides wären auch keine guten Investitionskriterien… Faktisch handelt es sich um ein normales unternehmerisches Engagement – faktenbasiert, strukturiert und mit abschätzbarem Erfolg.
Goldsuche- und Gewinnung sind heute eine planbare Wissenschaft. Mining Rights (Schürfrechte) werden demnach nicht auf Verdacht erworben, sondern nach umfangreichen Analysen und Studien. Viele Analysen hat in Brasilien hierzu beispielsweise die Regierung schon vorgenommen, denn es liegt in ihrem ureigensten Interesse, den Rohstoff Gold heben zu lassen. Schließlich verdient sie an den Schürfrechten und vor allem an Ertragssteuern auf das Gold.
Zumeist wird das Gold oberirdisch gewonnen. Seltener in klassischen Goldstollen. Auch werden zumeist keine „Nuggets“ gefunden, sondern Spuren von Gold. Dünne Goldvorkommen in den Gesteinsformationen, die mit großem maschinellem Aufwand herausgemahlen und gewaschen werden. Das bewegt sich in der Größenordnung von bis zu 5 Gramm Gold pro Tonne Gestein.
Welche Länder und Kontinente sind für Goldexplorationen sinnvoll?
Mindestens zwei Kriterien sind neben den zu erwartenden Goldvorkommen entscheidend: Zugangsbeschränkungen und Rechtsicherheit. In China werden Sie keine Schürfrechte erhalten und in Burkina Faso keine wollen. Für uns sind Rechtssicherheit und Stabilität die wichtigsten Aspekte. Da können wir natürlich Brasilien am besten beurteilen. Es ist eines der rohstoffreichsten Länder der Erde, es herrscht Rechtsicherheit, es gibt ein Doppelbesteuerungsabkommen und Deutschland ist nach USA und China der größte Handelspartner mit langer Tradition.
Auch die Infrastruktur spielt eine wichtige Rolle und Präsenz vor Ort. Der Maschinenpark muss zum Claim gebracht werden und das Gold muss abtransportiert werden. Je besser das erschlossen ist, umso leichter und sicherer die Exploration. Vom Schreibtisch in Deutschland aus, wird man keine Exploration in der Welt führen können. Wichtig sind auch regionale geologische Expertise und Kontakte, also eine verlässliche Mannschaft vor Ort.
Wo sind Sie gerade aktiv?
Wir sind in Brasilien mit einer Eisenerzmine erfolgreich und starten eine Goldexploration in der Provinz Bahia, die wir zusammen mit interessierten Investoren und Unternehmern starten werden. Dort haben wir ein Unternehmen gekauft, das Mining Rights für eine sehr aussichtsreiche Fläche von über 200ha besitzt. So haben wir ein eingespieltes und erfolgreiches Team vor Ort.
Wir haben uns neben den Gutachten und Analysen dabei auch von einer einfachen Regel leiten lassen – gehe dorthin, wo die Großen sind. Die Nachbarflächen auf gleicher Gesteinsformation hat sich einer der Top-10-Player der Goldproduzenten gesichert. Unsere Kalkulation basiert auf 1g Gold/Tonne Gestein. Das Potential sollte jedoch höher sein.
Welchen Einfluss hat der steigende Goldpreis auf die Standortentscheidung?
Gar keinen. Wir wissen nicht, ob der Goldpreis in zwei, drei Jahren auch noch so hoch ist. Wenn zeitnah ein Impfstoff gefunden wird und die Wirtschaft sich schneller erholt als erwartet, dann könnte auch wieder Kapital aus dem Gold abfließen und der Kurs sinken. Unsere Planung basiert auf 2019 Werten und konservativen Annahmen über die Goldvorkommen.
Oft heißt es; „das Gold ist schon da, es muss nur noch gehoben werden“. Das ist bei analytischer Vorbereitung grundsätzlich richtig, nur muss sich das Schürfen auch wirtschaftlich lohnen. Der hohe Aufwand für Analyse, Logistik, Schürfen und maschineller Bearbeitung muss im Verhältnis zum erwarteten Goldertrag stehen. Und das darf sich nicht an einem all-time-high orientieren.
Kontakt: Dr. Marcelo José Wesseling ist Geschäftsführer von Bracquisitions GmbH und CEO bei Fleurs International GmbH.
Email: marcelo.wesseling@whu.edu
Tel.: 0631 4129 3083
Schreibe einen Kommentar