Mission Hoffnungsträger – Die Tour-Notizen

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Wie bleibt Führung in unsicheren Zeiten glaubwürdig? Welche Haltung braucht es, um andere tatsächlich zu inspirieren? Was tun, wenn die eigene Führung an Grenzen stößt? Diese und andere Fragen nahm DDW-Kolumnist Ben Schulz mit auf eine ungewöhnliche Reise zum Nordkap. DDW begleitete ihn.

Per Motorrad fuhr der Autor und Unternehmensberater Ben Schulz durch Norwegen über Fjorde und Pässe – mit dem Ziel des legendären Nordkaps. Neun Tage Leadership-Expedition standen auf dem Programm, eine Wegstrecke von 3.000 Kilometern galt es zurückzulegen. Das Nordkap steht für Ben Schulz dabei symbolisch für den Nordstern – die Vision, für die Unternehmer und Führungskräfte “brennen” müssen, um ihre Teams und Unternehmen mitzureißen – ganz nach dem Titel seines neuen Buches “Führungskräfte als Hoffnungsträger”. DDW ist Medienpartner der Impulsreise und dokumentiert hier die Reiseberichte und Reflexionen von Ben Schulz.

Tour-Notizen: Drei Begegnungen, drei Spiegel – eine zentrale Erkenntnis

Ich sitze auf einem Boot, mitten auf einem finnischen See. Die Oberfläche ist glatt, der Himmel grau. Ich angle nicht nach Fischen, sondern nach Klarheit. Nach den Gedanken, die bleiben, wenn die Geräusche verschwinden.

Drei Gespräche gehen mir nicht aus dem Kopf. Drei besondere Menschen, die ich auf der Fahrt zum Nordkap traf. Mehr als nur Interviews – es sind Spiegel, die mich herausfordern. Sie zeigen mir, wie unterschiedlich Führung gelebt wird – und was sie verbindet.

Unsichtbar wirksam – mit Gerda Söhngen

Gerda sitzt vor mir: ruhig, klar, überzeugend. Ihre Präsenz kommt von innen, aus tiefer Überzeugung und Sicherheit. Ihr Unternehmen produziert Hinterschnittanker. Produkte, die niemand bemerkt, obwohl sie entscheidend sind. Ich denke sofort an einen Satz aus meinem Buch „Führungskräfte als Hoffnungsträger“: „Die wichtigste Wirkung sieht man oft nicht.“

Gerda lebt genau das. Sie spricht von Verlässlichkeit, Qualität und dem Mut, sich selbst treu zu bleiben. Führung ist für sie keine Frage der Struktur, sondern der inneren Klarheit. Keine Show, sondern Haltung.

Sie wartet nicht auf andere, sondern geht voran. Auch dann, wenn es schwierig wird. Weil echte Führung zuerst im Spiegel beginnt. Ihr Gespräch mit mir war leise, doch es wirkte tief. (Hier auf Youtube.)

Zwischen Verantwortung und Kulturbruch – Maximilian Fritsch

Max tritt ins Zoom-Gespräch und bringt eine besondere Mischung mit: Unternehmerischer Mut und familiäre Tradition. Als vierte Generation führt er ein Laborgeräteunternehmen, aber nicht nostalgisch, sondern radikal ehrlich.

Mit dreißig übernahm er eine Struktur älter als er selbst. Trotzdem hinterfragt er alles, nicht aus Protest, sondern aus Klarheit. Sein Satz bleibt bei mir hängen: „Du hast Angst? Genau richtig. Mach weiter.“

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Führung heißt für Max, nicht zu verwalten, sondern zu verändern. Keine Wohlfühl-Workshops, sondern harte Feedbackrunden. Keine Kompromisse, sondern Klarheit.

Im Kapitel „Komm-vor-Zone statt Komfortzone“ aus meinem Buch fordere ich genau das: unbequeme Fragen stellen und beantworten. Max lebt diese Haltung – und erinnert mich, dass ich dasselbe tun muss.

Handwerk als Haltung – Henning Hanebutt

Henning führt ein Unternehmen, das eher Campus als Baustelle ist. 600 Mitarbeitende, eine firmeneigene Akademie und Werte, die täglich sichtbar werden.

Er spricht nicht über Transformation, sondern gestaltet sie aktiv. Offen und auf Augenhöhe. Seine Führung ist kein Machtinstrument, sondern echte Verantwortung. „Wenn ich mich ändere, ändert sich alles“, sagt er. Ein Satz, der trifft.

Henning lebt eine Haltung, die ich im Kapitel „Mein Beitrag fürs System“ beschreibe: Führung ist keine Position, sondern eine tägliche Entscheidung.

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Was bleibt?

Drei Menschen, drei Wege, drei Unternehmen – und eine klare Erkenntnis:

Führung beginnt immer bei dir selbst.

Nicht bei Strategien, nicht bei Budgets oder Teams. Sondern in deiner Haltung. Was du zulässt, was du entscheidest und was du vermeidest.

Während ich das hier schreibe, merke ich: Ich muss selbst noch klarer werden. Mehr loslassen, ehrlicher hinsehen. Wir alle sind ständig in Bewegung. Die entscheidende Frage ist: Führst du – oder wirst du geführt?


Am Nordkap

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Tag 9: Bist du bereit, Hoffnung ernst zu nehmen?

Heute Morgen war ich angespannt. Vor mir lagen die letzten 250 Kilometer zum Nordkap. Der Asphalt war rau, der Wind eisig, die Sicht klar. Doch in mir tobte ein Sturm. Nicht wegen der Fahrt, sondern wegen der Gedanken, die mich begleiteten. 2.966 Kilometer nur ich und mein Kopf. Norwegen – ein stiller Begleiter, der mich zur Reflexion zwang.

Manchmal folgten mir Zweifel wie Schatten. Manchmal half nur laute Countrymusik im Helm. Gedanken über meine Familie, Entscheidungen mit Kunden und Mitarbeitern beschäftigten mich. Schließlich fragte ich mich direkt: Wer lenkt mein Leben wirklich?

Dabei erinnerte ich mich an die Omnibus-Methode (www.omnibus-methode.de) aus meinem Buch „Führungskräfte als Hoffnungsträger“ (S. 29). Diese Methode zwingt dich, ehrlich zu fragen: Steuert dich Klarheit oder Angst? Vision oder Bequemlichkeit?

Es kam der Moment, in dem ich mich selbst konfrontierte: Spüre ich selbst noch Hoffnung? Ich spreche darüber, schreibe Bücher, berate Unternehmen. Doch fühle ich sie noch wirklich? Oder bin ich längst nur der, der Hoffnung predigt, ohne sie zu leben?

Plötzlich wurde mir mein Ziel wieder bewusst: Ich will Menschen und Organisationen kraftvoll in neue Möglichkeiten führen. Nicht aus Ehrgeiz, sondern weil nur das für mich zählt. Größer oder bekannter zu sein ist unwichtig. Ich will etwas bewegen. Hoffnung darf kein leeres Wort sein – sie ist eine bewusste Entscheidung.

Bist du bereit, wirklich Hoffnungsträger zu sein?

Hoffnung bedeutet harte Arbeit, keine PR-Show. Arbeit an dir selbst, deiner Haltung und deinem Mut, Verantwortung zu übernehmen, wenn andere sich verstecken. Führung braucht einen inneren Kompass und die Entschlossenheit, ihm zu folgen.

In meinem Buch spreche ich über sechs wesentliche Prinzipien, wichtiger denn je:

  • Selbstführung stärken: Wer seine Emotionen nicht führt, wird von ihnen gelenkt. Lerne, dich auf vier Ebenen klar zu steuern – kognitiv, emotional, im Verhalten und körperlich (S. 47).
  • Auf den Einflussbereich fokussieren: Die Welt kannst du nicht ändern, wohl aber dein Verhalten heute gegenüber deinem Team. Führung beginnt, wo Ausreden enden.
  • Zukunftsbilder schaffen: Dein Team braucht keine weitere Aufgabenliste, sondern ein Bild der Zukunft. Wenn du das nicht gibst, herrscht Chaos.
  • Führen nach Prinzipien: Resultatorientierung, Systembeitrag, Fokus, Stärken, Vertrauen und positives Denken. Keine leeren Worte, sondern klare Leitlinien.
  • Mut zur Ungewissheit: Sicherheit gibt es nicht. Führung bedeutet, auch ohne Gewissheit Entscheidungen zu treffen und mutig voranzugehen.
  • Vorbild sein – auch wenn keiner zuschaut: Dein Team spürt sofort, ob du authentisch führst oder nur Erwartungen erfüllst. Hoffnung gibst du, indem du ehrlich bist und dich zeigst.

Führung braucht Klarheit, keine Tarnung. Beantworte ehrlich für dich:

1. Was verschweigst du aus Angst, obwohl du innerlich klar bist?
2. Welche Haltung zeigst du nur vor Publikum?
3. Was würde geschehen, wenn du ehrlich aussprichst, was du denkst?
4. Gibst du nur Kommentare oder echte Richtung?
5. Wann hast du deinem Team zuletzt wirklich eine Zukunftsperspektive gegeben?
6. Was kannst du sagen, um anderen Hoffnung zu machen, tust es aber nicht?
7. Was ist dein eigener Nordstern – beruflich und privat?

PS: Am Nordkap traf ich zufällig Giovanni, meinen italienischen Motorradfreund, wieder. Ich ließ zwei Sätze ins Italienische übersetzen, schrieb sie in mein Buch und schenkte es ihm. Wir verständigten uns lachend über sein Handy mit einer Übersetzungs-App. Giovanni, 74, ist für mich jetzt ein Symbol echter Hoffnung im Alter.


Tag 8: Wer bist du wirklich zwischen Reiz und Reaktion?

Heute startete ich früh in Narvik. Vor mir lagen 480 Kilometer bis nach Alta. Neuneinhalb Stunden Motorradfahrt. Mein Wetterradar warnte mich: „Ab Kilometer 280 wird’s hart.“ Es behielt Recht. Dauerregen bei sieben Grad. Komplett durchnässt trotz Regenkleidung. Kälte kroch bis tief in die Knochen. Immer wieder wärmte ich meine Hände am heißen Motorblock, um sie überhaupt zu spüren. Kilometer um Kilometer spürte ich die Erschöpfung – körperlich und mental. Aber auch innere Zufriedenheit und sogar Begeisterung.

Erschöpfung habe ich heute nicht als Schwäche erlebt, sondern als Realität akzeptiert. Früher hätte mich das völlig überfordert. Heute funktioniere ich nicht nur – ich führe mich selbst dabei. Das war nicht immer so.

2009 stand ich morgens vor der Spülmaschine und war unfähig zu entscheiden, ob ich die Tassen wegräume. Das war keine einfache Müdigkeit, sondern komplette Leere – emotional, körperlich, mental. Ich erfand Ausreden, um nicht ins Büro zu gehen. Belog mich und mein Team. Außen funktionierte ich, innerlich herrschte Chaos.

Solche Momente kenne ich bis heute. Die Zeiten, in denen ich keine Lust auf Menschen oder Verantwortung habe. Ich funktioniere, aber ich weiß: Ohne bewusste Selbstführung verliere ich mich erneut.

Erschöpfung ist kein Gegner – Verdrängen dagegen schon

Ich erlebe viele Führungskräfte, die nach außen alles im Griff haben, doch innerlich längst schreien. Das kenne ich selbst gut. Niemandem zur Last fallen, keine Schwäche zeigen. Bis irgendwann nichts mehr geht, außer endlosem Rennen – ohne Ziel.

Diese ständige Überlastung schleicht sich langsam an. Sie schreit nicht, sie flüstert. Irgendwann hörst du sie nicht mehr, übertönst sie mit Aufgaben, Meetings, Aktionismus. Diese Gefahr begleitet mich täglich. Manchmal gelingt die Balance, manchmal nicht.

Früher war Impulskontrolle für mich ein Fremdwort. Wutausbrüche, Ungeduld, lautes Verhalten waren normal. Heute bin ich nicht perfekt, aber bewusster.
Viktor Frankl sagte einmal: „Zwischen Reiz und Reaktion gibt es Raum. In diesem Raum liegt unsere Entscheidungskraft.“ Dieser Raum entscheidet, ob du führst oder verletzt, lenkst oder zerstörst.

Emotionen rechtfertigen nichts – sie sind dein Werkzeug

Ich beschönige nichts: Oft habe ich emotional geführt und es später bereut. Entschuldigungen reparieren nie völlig den Schaden, der entsteht.
Ich trete gern überzeugend auf und kenne meine Wirkung. Doch manchmal ist Schweigen stärker. Wut bewusst durchzuatmen, Enttäuschung anzunehmen, ohne sie ans Team weiterzugeben.

Ich lasse heute bewusst Feedback zu und suche externe Begleitung. Nicht, weil ich schwach bin, sondern weil ich manchmal den Spiegel brauche. Menschen, die mich erinnern, wenn mein Raum zwischen Reiz und Reaktion zu klein wird.

Du bist ersetzbar, aber vielleicht einfach nur ausgebrannt.

Wenn dich dieser Abschnitt trifft, lies ihn zweimal und beantworte ehrlich diese Fragen:

1. Wie viele Warnzeichen eines Burnouts ignorierst du gerade bewusst?
2. Welche Termine dienen deinem Ego und nicht deinem Unternehmen?
3. Wo tust du so, als würdest du es „für die anderen“ machen, obwohl du ausgebrannt bist?
4. Was würdest du tun, wenn du niemandem beweisen müsstest, dass du alles schaffst?

Ich stelle mir diese Fragen regelmäßig. Oft gefallen mir die Antworten nicht, weil sie unbequem und ehrlich sind. Aber genau das braucht Führung: radikale Ehrlichkeit mit sich selbst. Ohne diese keine echte Selbstführung.

Dein Team braucht keinen emotionalen Brandstifter

Authentizität bedeutet nicht, ungefiltert alles rauszulassen. Sondern bewusst zu sein, was du gerade auslöst. Ich kenne Momente, in denen ich Dinge gesagt habe, die ich später bereute. Nicht inhaltlich, sondern emotional.

Solche Situationen passieren mir heute noch, aber ich erkenne sie schneller. Weil ich erlebt habe, wie viel Vertrauen durch unkontrollierte Emotionen verloren geht.
Frage dich selbst:

1. Welche drei Momente in deiner Führung bereust du?
2. Wie oft rechtfertigst du emotionale Ausbrüche mit „Authentizität“?
3. Welche Beziehung im Unternehmen leidet, weil du dich nicht beherrscht hast?
4. Wer wärst du, wenn du immer ruhig bleibst, egal was passiert?

Diese Fragen helfen mir, wenn mein innerer Druck steigt. Wenn ich meine Familie wegen beruflicher Probleme anschnauze. Dann merke ich, dass ich zurück zu mir muss. Sonst verliere ich die Menschen um mich herum und mich selbst.

Führung beginnt bei dir selbst

Wenn dieser Text dich anspricht, teile ihn weiter. Wenn dich eine Frage bewegt, bleib dran. Und wenn du merkst, dass du dich verlierst, suche Unterstützung.
Das tue ich selbst regelmäßig. Hoffnungsträger sein heißt nicht perfekt zu sein. Sondern ehrlich und mutig, sich selbst immer wieder ins Zentrum zu rücken.


Tag 7: Geburtstag am Polarkreis – zwischen verpasster Fähre und Selbstreflexion

Es ist 18:30 Uhr, 430 Kilometer Strecke geschafft. Kälte, Sonne, Wind und Warten. Alex hatte heute Geburtstag – und wir waren unterwegs. Kein gedeckter Tisch, kein Kuchen, kein Sekt. Nur Asphalt.

Doch genau das machte diesen Tag besonders.

Diese Reise stellt Fragen, denen du nicht ausweichen kannst. Heute besonders: Warum verliere ich die Geduld, wenn Pläne scheitern? Warum fällt es mir schwer, Dinge einfach anzunehmen, ohne Frust?

Vor unseren Augen fuhr die Fähre ab. Ich hätte explodieren können

Aber wir warteten. Plötzlich herrschte Ruhe. Kein Netz, keine Ablenkung, nur der Moment. Ein Motorradfahrer aus Italien, 74 Jahre alt, kaum Englisch, kein Deutsch. Seine Karte funktionierte nicht am Automaten. Ich stand daneben – und bezahlte. Acht Euro, keine große Sache. Beim Abschied umarmte er mich, hob den Daumen: „MotorcycleDriverFriend“.

In diesem Moment verstand ich etwas Wichtiges:

Führung beginnt nicht im Büro, nicht in Strategien, sondern in dir selbst. Führung heißt, dich selbst im Griff zu haben, nicht auszurasten. Du entscheidest, ob du aktiv gestaltest oder passiv wartest.

Selbstführung ist unbequem. Genau deshalb ist sie unverzichtbar

Sie zwingt dich, genau hinzusehen. Nicht bei anderen, bei dir. Selbstführung heißt, aufhören mit Ausreden. Keine Schuld mehr auf Stress, Verantwortung oder Gewohnheiten schieben. Schluss mit Dingen, die dich belasten – und trotzdem untätig bleiben.

Selbstführung bedeutet, dir ehrlich ins Gesicht zu sehen: Du bist wütend, nicht weil die Fähre weg ist, sondern weil du nicht loslassen kannst. Du bist müde, nicht von der Strecke, sondern weil du Grenzen ignorierst. Du bist gestresst, weil du dich verzettelst und jedem gefallen willst.

Ja, das tut weh. Wer gibt schon gern Kontrollzwang zu? Wer gesteht gern Schwäche ein?

Aber genau hier liegt deine Stärke. Nicht im Funktionieren, nicht im Recht behalten. Sondern in der Pause, in der Ehrlichkeit, in der Selbstkritik – bevor andere dich kritisieren.

Selbstführung heißt: Klar entscheiden, wer du sein willst. Nicht wenn alles glattläuft, sondern gerade, wenn es schwierig wird.
In meinem Buch „Führungskräfte als Hoffnungsträger“ beschreibe ich die „Komm-vor-Zone“. Keine Komfortzone, sondern der Punkt, an dem du aktiv wirst. Genau das war heute mein Tag: Kein Workshop, keine Theorie, sondern das echte Leben. Spontan, ungeplant, unbequem. Darin lag der Spiegel.

Führst du – oder reagierst du nur?

In meiner Beratung sehe ich täglich Manager, die alles im Griff haben: Termine, Zahlen, Projekte. Aber sich selbst? Fehlanzeige. Sie laufen auf Autopilot und wundern sich, warum niemand folgt.

Willst du Führung, brauchst du Selbstvertrauen. Nicht in Termine oder Pläne. In dich selbst.

Die entscheidende Frage lautet nicht, wie du führst, sondern: Wer bist du, wenn es schwierig wird?

Ich war heute jemand, der 8 Euro für einen Fremden zahlte. Und es fühlte sich richtig an.

Zeit für deine eigene Reflexion:
1. Wenn du dich selbst nicht im Griff hast – warum sollten andere dir folgen?
2. Wann hast du zuletzt etwas Wichtiges gemacht, obwohl es unbequem war?
3. Wo reagierst du automatisch, statt bewusst zu handeln?
4. Wie würdest du über dich urteilen, wenn du dein eigener Chef wärst?
5. Wo gibst du Verantwortung ab, statt sie zu übernehmen?


Tag 6: Dankbarkeit

Heute war eigentlich ein anderes Thema dran. Doch unterwegs auf dem Motorrad änderte sich das. 370 Kilometer bis Mo i Rana. Kalter Wind, klarer Kopf, tiefe Gedanken. Plötzlich tauchte sie auf: meine Mutter. Gestorben 2019. Krebs. Ein Jahr lang haben wir sie zu Hause begleitet – mein Vater, meine Frau Alex und ich. Bis zum letzten Moment.

Beim Fahren wurde mir plötzlich klar: „Mama, ich bin dir wirklich dankbar.“ Für dieses letzte Jahr. Für alles, was du mir beigebracht hast. Für deine klare Haltung. Ich habe das nie bewusst ausgesprochen. Nicht deutlich genug, nicht tief genug, nicht oft genug.
Wie oft sagst du so etwas? Und zu wem?

Ständig schauen wir auf das, was fehlt. Was nicht klappt. Auf alles, was uns nervt. Politische Streitereien. Schlechtes Wetter. Andere Menschen. Dabei übersiehst du das Gute, das dich trägt. Dinge, die selbstverständlich scheinen – bis sie verschwinden.

Dankbarkeit ist kein nettes Extra. Sie gibt Orientierung.

Deine Gedanken prägen deine Worte. Deine Worte prägen deine Taten. Deine Taten offenbaren, wer du wirklich bist.

Fokussierst du dich auf Mangel, wirst du ihn vermehren. Blickst du auf Stress, wirst du härter. Konzentrierst du dich aber bewusst auf das, was trägt, verändert sich deine ganze Haltung. Deine Ausstrahlung. Deine Fähigkeit, wirklich zu führen.

In meinem Buch „Führungskräfte als Hoffnungsträger“ (Seite 34) spreche ich vom Einflussbereich. Genau hier beginnt Führung – bei dir selbst. Mit deinem Fokus und deiner Haltung.

Vor einiger Zeit begann ich, abends kurz nachzudenken, wofür ich an diesem Tag dankbar bin. Drei Dinge. Kein großes Ritual, kein Tagebuch. Nur ein bewusster Moment vor dem Einschlafen. Das tut mir gut.

Heute empfinde ich Dankbarkeit dafür, dass ich diese Reise machen darf. Dass Alex sie unterstützt. Dass mein Team hinter mir steht. Für meine Kinder und echte Freundschaften. Ein Dach über dem Kopf. Unsere Gesundheit. Klingt selbstverständlich? Genau hier liegt das Problem.

Echte Führung startet nicht bei deinen Mitarbeitenden. Sie beginnt bei deiner inneren Haltung.

Vielleicht glaubst du, Dankbarkeit sei privat. Ist sie nicht. Sie zeigt sich deutlich in deiner Sprache. Deinem Blick. Deinem Verhalten. Und vor allem darin, was du nicht aussprichst.

Wann hast du deinem Team zuletzt wirklich gedankt? Nicht für Arbeitsergebnisse, sondern für Vertrauen, Durchhaltevermögen und Loyalität. Ohne das kannst du keine echte Bindung aufbauen.

Was du wertschätzt, wächst. Was du ignorierst, stirbt ab.

In meinem Buch (Seite 46) schreibe ich über selbsterfüllende Prophezeiungen: „Energie folgt Richtung.“ Deine Richtung bestimmt, wie du dich selbst siehst – und wie dein Team dich wahrnimmt.

Deshalb beantworte diese fünf Fragen klar und ehrlich:
1. Wann hast du deinem Partner zuletzt wirklich gedankt – nicht für Leistung, sondern für Stabilität und Unterstützung?
2. Welchem Teammitglied verdankst du deinen letzten Erfolg – und hast du es ihm oder ihr gesagt?
3. Wann hast du deinen Kindern zuletzt Dankbarkeit dafür gezeigt, wer sie sind – jenseits ihrer Leistung?
4. Wer hat dir letztes Jahr die ehrlichste Rückmeldung gegeben – und hast du diese als wertvoll anerkannt oder als Angriff gesehen?
5. Was in deinem Alltag ist längst normal geworden – aber eigentlich ein täglicher Grund zur Dankbarkeit?

Vielleicht ist heute dein Tag, um neu zu lernen: Schau bewusst hin. Nicht auf Mängel, sondern auf das, was dich wirklich trägt.


Tag 5: Wenn du es bequem magst, geh ins Spa – nicht in die Führung

7:30 Uhr, Kristiansund: Die Sonne scheint auf den Fjord, ideales Wetter für 330 Kilometer bis Steinkjer. Klingt schön? War es nicht.

Nach etwa 260 Kilometern rebellierte mein Körper. Rücken schmerzte, Hintern taub, rechte Pobacke im Streik. Ich kenne lange Touren von 400–500 Kilometern pro Tag. Aber nicht 14 Tage hintereinander – und wir sind erst an Tag fünf. Täglich fünf bis acht Stunden Fahrt sind geplant. Mein Körper protestierte laut. Mein Kopf fragte noch lauter: „Was, wenn es die nächsten Tage so bleibt?“ „Schaffst du die 450 Kilometer am Montag überhaupt?“ Vielleicht ist es Zeit für Silkes Apotheke. Silke ist Inhaberin der Sonnenapotheke in Haiger und die Apothekerin meines Vertrauens.

Genau hier beginnt Führung

Nicht, wenn alles glatt läuft. Nicht bei Sonnenschein, Applaus und Boni. Sondern dann, wenn Gegenwind aufkommt. Wenn dir auf einer Fähre zwei andere Biker von tagelangem Regen erzählen und dein Magen rebelliert. In solchen Momenten startet die wahre Reise – nicht über Straßen, sondern durch deinen Kopf.

Ich hätte abbrechen können. Und du? Wie oft hast du eine gute Idee verworfen, weil es unbequem wurde? Wie oft hast du ein wichtiges Projekt kurz vor der Ziellinie beendet, weil deine Zweifel stärker waren?

„Dranbleiben“ klingt abgedroschen. Doch es ist kein Motivationsspruch, sondern eine Haltung, eine Entscheidung

Führungskräfte brauchen nicht noch mehr Methoden. Sie brauchen Mut, echte Selbstführung und Schmerzresistenz. Ja, du hast richtig gelesen: Führung bedeutet auch Schmerz ertragen. Spannungen aushalten zwischen Anspruch und Realität, zwischen „Ich müsste“ und „Ich kann nicht mehr“.

Auf meinem Motorrad ging es nicht nur um Muskelkater. Es ging um die simple Frage: Machst du weiter oder findest du eine Ausrede zum Aufgeben? Diese Frage gilt auch dir als Führungskraft im Mittelstand.

Wer sein Team durch Krisen führt, braucht Klarheit darüber, wofür er steht. Was hält dich, wenn alles wackelt? In meinem Buch „Führungskräfte als Hoffnungsträger“ schreibe ich genau das: Hoffnung ist keine hübsche Illusion. Hoffnung ist eine bewusste Entscheidung. Selbstführung beginnt genau da – bei dir.

Du kannst niemanden führen, wenn du dich selbst nicht im Griff hast

Emotionale Intelligenz ist Pflicht, keine Option. Sie macht dich resilient.

Zweifel sind normal. Doch entscheidend ist, ob du weitermachst. Auch mit Angst. Auch wenn du dich nicht stark genug fühlst. Auch wenn andere besser wirken. Dranbleiben heißt: Nicht aufgeben, wenn es eng wird.

In meiner Arbeit sehe ich das oft: Führungskräfte, die sich blockieren. Die gute Ideen abwürgen, Entscheidungen endlos zerreden oder abwarten, obwohl längst klar ist, was getan werden muss.

Wir nennen das „Strategische Passivität“. Klingt harmlos, ist aber zerstörerisch. Während du noch zauderst, verlieren andere Vertrauen. Dein Team spürt, ob du klar führst oder schwankst. Ob du Haltung zeigst oder Ausreden suchst.

Dranbleiben heißt: Durchziehen trotz Schmerzen, engen Terminen und Gegenwind. Du entscheidest: Jammern oder handeln. Verzögern oder führen. Diskutieren oder einfach machen.

Fredmund Malik schreibt in „Führen. Leisten. Leben.“: „Resultatorientierung heißt, unbequeme Wege zu gehen.“
Ja, ich hätte auf der Fähre aufgeben können. Kaffee trinken und sagen: „War zu viel.“ Doch was wäre das für eine Botschaft? Dass ich nur funktioniere, wenn alles einfach ist?

Resilienz bedeutet nicht, dass dir nichts wehtut. Es bedeutet, dass du weitermachst, egal wie sehr es schmerzt

Als Führungskraft brauchst du keine weiteren Tools, sondern mehr Tiefgang, Selbsterkenntnis und Klarheit. Am Ende entscheidet nicht dein Plan über Erfolg, sondern dein Wille.

Und ehrlich gesagt: Wenn ich vom Motorrad getragen werden muss, ist das okay. Aufgeben aber? Kommt nicht infrage. (Wenn du einen echten Resilienz-Coach suchst: Frag John Wick.)

Die entscheidende Frage ist nicht, ob es schmerzt – sondern ob du dich davon stoppen lässt.
1. Welche Idee hast du zu schnell verworfen, weil sie unbequem wurde?
2. Wann hast du zuletzt etwas durchgezogen, obwohl du Zweifel hattest?
3. Welche Ausrede benutzt du ständig, um nicht dranzubleiben?
4. Was würde passieren, wenn du eine Entscheidung nicht mehr diskutierst, sondern sofort umsetzt?

Kennst du jemanden, der diesen Impuls gerade braucht? Dann teile ihn. Und wenn du willst: Erzähl mir von deiner Erfahrung. Ich lese jede Nachricht.

Bleib dran. Ben


Tag 4: Mut beginnt, wenn deine Ausreden enden

Heute Morgen hatte ich ein Gespräch mit Gerda Söhngen, kurz bevor ich Lom Richtung Atlantikstraße verließ. Gerda ist Unternehmerin. Ein Mensch mit Haltung. Eine Hoffnungsträgerin.

Sie führt ein Familienunternehmen in der dritten Generation. Ihre Produkte sind technisch, klein und unscheinbar. Trotzdem sorgen sie dafür, dass der Nike-Store in Miami und die Christusstatue in Brasilien stabil stehen: Hinterschnittanker. Keiner bemerkt sie, doch ohne sie hält nichts. Genau wie gute Führung, die erst dann auffällt, wenn sie fehlt.

Gerda erzählte mir, wie sie den Mut fand, das Unternehmen nicht einfach fortzuführen, sondern neu zu denken. Sie machte Unsichtbares sichtbar. Ohne viel Lärm, dafür mit Klarheit, Entscheidungskraft und Verantwortungsgefühl. Diese Haltung passt genau zur heutigen Etappe – der Atlantikstraße.

Die Atlantikstraße ist keine gewöhnliche Straße, sondern eine Entscheidung gegen Stillstand. Während ihrer Bauphase tobten zwölf Orkane. Wind riss Maschinen weg, die Sicht war tagelang von Gischt versperrt. Jeder hätte gesagt: Abbrechen. Verschieben. Lassen wir es sein.
Doch sie bauten weiter.

Weil jemand sagte: „Diese Verbindung ist wichtig.“ Und nicht: „Schönes Projekt, warten wir auf besseres Wetter.“

Heute tanzt die Atlantikstraße über das Meer, ihre Bögen schneiden den Sturm wie Klingen. Sie verbindet keine Metropolen, sondern Menschen. 2005 wurde sie zur norwegischen Bauleistung des Jahrhunderts gekürt. Nicht für Schönheit, sondern als Zeichen für Mut und Durchhaltevermögen.

In meinem Buch „Führungskräfte als Hoffnungsträger“ (Seite 47) beschreibe ich vier Formen der Selbstführung. Eine davon ist, Entscheidungen ohne Garantie zu treffen. Mut heißt nicht risikofrei zu handeln, sondern aktiv zu bleiben, wenn alles in dir „Stopp!“ ruft. Das fehlt vielen Führungskräften: Innere Bewegung, die Klarheit erzeugt.

Wir warten oft auf perfekte Bedingungen: Grüne Ampeln, sichere Zahlen, bereite Teams, versicherte Risiken. Doch dann ist es meist schon zu spät. Gute Führung beginnt nicht mit Zustimmung, sondern mit Klarheit und Mut, den ersten Schritt zu tun.

Gerdas Geschichte hat mir heute erneut gezeigt, wie Haltung wirkt. Sie macht aus einem kleinen technischen Produkt einen internationalen Erfolg. Nicht laut, sondern klar. Nicht angepasst, sondern verbindlich. Und am wichtigsten: Sie beginnt bei sich selbst.Gerda handelt nicht aus Pflicht, sondern aus Überzeugung. Ihre Geschichte macht Mut, Entscheidungen endlich anzugehen.

Mutig sein heißt nicht, sich wohlzufühlen, sondern zu tun, was getan werden muss. Ich habe in den letzten Jahren viele Gespräche geführt: mit Unternehmern, Führungskräften und mir selbst. Eine Frage kehrt ständig zurück:
Wann hörst du auf zu warten?

Vielleicht stehst du jetzt genau an diesem Punkt. Du weißt, was zu tun ist, kennst die Richtung und hast alles durchdacht – und handelst trotzdem nicht. Weil es unbequem ist. Weil jemand enttäuscht sein könnte. Weil du nicht weißt, wie es endet.
Ich sage dir: Genau das ist dein Moment.

Also ganz direkt:
1. Was schiebst du auf, weil dir der Mut fehlt?
2. Wie lange hoffst du noch, dass sich alles von allein regelt?
3. Welche Konflikte vermeidest du, obwohl sie längst überfällig sind?
4. Welche falsche Loyalität hält dich zurück?

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Tag 3: Ich saß allein auf dem Pass

Heute war das Wetter das genaue Gegenteil von gestern. Statt Dauerregen: klare Sicht, scharfe Luft, Sonne auf dem Visier. Wir sind in Vossevangen gestartet. Weiter über Gudvangen Richtung Aurlandsvegen – hoch über die alte Schneestraße, wo noch Gletschereis am Wegrand liegt.

Alex und Uwe sind durch den Laerdalstunnel gefahren, 24,5 km. Ich nicht. Ich wollte hoch. Über den Berg. Auf den Pass. Aufs Dach. Die Kurven schraubten sich durch karge Felsen, vorbei an eisigen Gletscherseen, bis nach Lom, Fossbergom. Und irgendwo oben, zwischen Himmel und Stein, war sie wieder da: diese Stille. Und mit ihr – Klarheit.

Ich saß auf dem Motorrad. Allein. Der Blick weit. Und plötzlich war sie da – die Frage: Was sind meine nächsten Ziele?

Nicht beruflich zuerst. Persönlich. Alex und ich. 10 Jahre Ehe im nächsten Jahr. Unsere Kinder: bald alle volljährig. Das Haus: langsam stiller. Und plötzlich denke ich: Warum nicht groß feiern? Silberhochzeit kann jeder. Aber wir könnten sie gestalten. Mit Haltung. Mit Klarheit. Mit Ziel. Vielleicht ist es auch an der Zeit, etwas Neues zu starten – für mich. Tai Chi zum Beispiel. Ich wollte das immer mal lernen. Warum nicht jetzt?

Ziele

Beruflich kann ich das. Ziele setzen, Haken dran. Weiter. In Spitzenzeiten hatte ich über 30 Mitarbeitende. Wir wollten wachsen – 50 Leute. Dann kam der Unfall. Danach wurde alles kleiner. Bewusster. Heute will ich kein großes Unternehmen mehr. Ich will ein SWAT-Team. Schnell. Beweglich. Klar. Groß hatte ich.

Aber manchmal bin ich müde von Zielen. Müde vom Getrieben-Sein. Müde vom nächsten Projekt, dem nächsten Meilenstein. Trotzdem merke ich: Wenn ein Ziel wirklich zu mir passt, wirklich aus mir kommt, dann gibt es Energie. Keine Pflicht. Einen Sog.

Zielklarheit ist radikal

Radikal im Wortsinn. An der Wurzel. Sie fragt nicht: „Was wäre schön?“ Sondern: „Was ist wahr?“ Und Wahrheit beginnt oft mit einer Kündigung. Einer Trennung. Einem Stopp. Zielklarheit fragt nicht nur: „Was willst du?“ Sondern auch: „Was bist du bereit zu lassen?“

Und manchmal zeigt sich Zielklarheit in den kleinen Dingen. Wie heute, am See oben auf dem Pass. Ich dachte an Tai Chi. An Bewegung mit Fokus. Und spürte: Ich will das lernen. Für mich. Nicht für ein Zertifikat. Für meinen Rhythmus. Für mein Gleichgewicht. Für Alex.

Und jetzt mal Klartext

Wenn du als Führungskraft keine Richtung gibst, wer dann? Die strategische Führung deiner Firma lebt nicht von Quartalskennzahlen, sondern von deiner inneren Klarheit. Dein Team spürt, ob du wirklich willst – oder nur verwaltest. Zielklarheit ist kein Tool. Sie ist eine Führungsaufgabe.

Deshalb hier vier Fragen. Keine für dein Team. Sondern für dich. Direkt. Persönlich. Ohne Filter.
1. Wenn ich heute dein Team frage: Können sie dein Ziel in einem Satz formulieren?
2. Wie konkret ist deine Vorstellung vom Zustand deines Unternehmens oder deiner Abteilung in 18 Monaten?
3. Welche deiner Ziele sind eigentlich nur gute Absichten ohne Konsequenz?
4. Was musst du kündigen, abbrechen oder radikal verändern, wenn du dein Ziel wirklich ernst nimmst?

Du musst das niemandem zeigen. Aber du solltest es dir beantworten. Denn Klarheit ist kein Geschenk. Sie ist ein Entschluss.


Tag 2: Verantwortung ist kein Wetterbericht

Na super. Der Tag beginnt mit einem Blick auf die Wetterkarte. Regen. Auf ganzer Strecke. Von Stavanger bis nach Vossevangen. Dauerregen. Keine Schauer, kein bisschen Hoffnung. Also rein in die Regenklamotten. Jeder Zentimeter Haut wird eingepackt, jede Öffnung doppelt kontrolliert. Und wie das so ist: Nach 15 Minuten Vollmontur fällt mir auf, dass das Handy in der inneren Jackentasche steckt. Alles wieder aus. Alles wieder an.

1,5 Stunden später läuft mir das Wasser von oben in den Kragen. 11 Grad Außentemperatur. Es wird frisch im Nacken. Keine Pause, kein Jammern. Nur weiter.

Ich halte am Langfoss Wasserfall. 612 Meter Fallhöhe. Eine Urgewalt. Spektakulär. Das Geräusch ist so laut, dass du deine eigenen Gedanken kaum hörst. Und doch drängt sich einer durch: „Du kannst eh nichts machen.“

Kennst du diese Gedanken? Diese Sätze, die sich einschleichen, wenn die Umstände zu groß, zu laut, zu unkontrollierbar erscheinen?

„Ich hab keinen Einfluss.“
„Das ist halt so.“
„Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt.“

Bullshit. Das ist kein Wetterbericht. Das ist eine Entscheidung.

Ich erlebe in meiner Arbeit als Unternehmer und Coach immer wieder Führungskräfte, die sich hinter Umständen verstecken. Mal ist es der Markt. Mal das Team. Mal die Politik. Alles Ausreden in Sonntagskleidung.

Was fehlt, ist nicht die Lösung. Sondern die Bereitschaft zur Verantwortung.

Verantwortung ist kein Titel. Keine Funktion. Kein LinkedIn-Slogan. Verantwortung ist: Ich bin bereit, die Folgen meiner Entscheidung zu tragen – auch wenn es regnet, auch wenn es unbequem wird.

Wir reden so gern über Leadership. Über Purpose. Über Werte. Aber wenn’s drauf ankommt, schieben wir lieber. Verantwortung an andere. Entscheidungen ins Morgen. Fehler ins Außen.

Ich nehme dich kurz mit zu Kapitel 3 in meinem Buch „Führungskräfte als Hoffnungsträger“: Dort schreibe ich über den Moment, in dem du aufhörst, dich zu rechtfertigen. In dem du erkennst, dass Selbstführung kein Bonus ist, sondern dein Fundament. Dass dein Team nicht dein Problem ist – sondern dein Spiegel.

Verantwortung heißt: Du hörst auf, in Rollen zu denken, und beginnst, dich selbst zu führen. Du sagst nicht mehr „man müsste“, sondern „ich mache“. Du sprichst Fehler aus – nicht um dich zu entlasten, sondern um wirksam zu werden.

Ich war durchnässt. Ich war genervt. Und ja – ich war kurz davor, einfach stehenzubleiben obwohl ich mir der Tatsache bewusst war, dass Norwegen kein sonniger Sonntagsspaziergang wird. Aber weißt du was? Genau da beginnt Verantwortung. Nicht, wenn die Sonne scheint. Sondern wenn’s unbequem wird.

Ich musste an Gespräche mit Geschäftsführern denken, die sagen:
„Meine Leute ziehen nicht mit.“
Oder: „Dafür fehlt uns gerade die Zeit.“
Oder: „Ich hab schon so viel versucht.“

Das ist kein Leadership. Das ist Rückzug in Ausflüchte.

Verantwortung ist nicht romantisch. Sie ist unbequem. Und sie macht einsam. Aber sie macht auch klar.

Führung heißt, Haltung zu zeigen – auch wenn keiner klatscht.
Führung heißt, Entscheidungen zu treffen – auch wenn du nicht weißt, ob sie aufgehen.
Führung heißt, anzuerkennen, dass du selbst der größte Hebel bist – und oft auch das größte Hindernis.

Ich glaube nicht mehr an das Märchen vom charismatischen Leader, der alles weiß und alles kann. Ich glaube an den Menschen, der ehrlich genug ist, sich selbst infrage zu stellen. Der den Mut hat, Verantwortung zu übernehmen, wo andere weglaufen.

Führung ist nicht, wie viele folgen. Sondern wie sehr du bereit bist, bei dir selbst anzufangen.

Wenn du heute nur eine Entscheidung triffst, dann diese: Hör auf zu schieben.

Nicht auf andere. Nicht auf morgen. Nicht auf das Wetter.

Denn die Wahrheit ist:
Wenn du Verantwortung übernimmst, wird es nicht leichter.
Aber du wirst leichter.


Tag 1: Fähre, Fels und Entscheidung

Allein beim Gedanken an Fähren wird mir schlecht. Nein, das ist keine Metapher. Ich meine: richtig schlecht.

Schon die gesamte Anreise mit dem Wohnmobil – über 900 Kilometer – war ich nicht mit der Straße beschäftigt, sondern mit dem Film im Kopf. Wie ich an Deck stehe. Wie sich mir der Magen umdreht. Wie ich mich übergebe, während ich mir wünsche, ich hätte einfach die andere Strecke über Land genommen.

Denn: Ich wusste, was kommt. Die Fähre von Hirtshals nach Kristiansand. Danach direkt aufs Motorrad. Noch mal vier Stunden. 280 Kilometer. Wind, Kurven, skandinavischer Sommerregen. Ich hatte jede Ausrede parat.

Aber ich bin losgefahren. Falls es mich wirklich erwischt, dann ist es so. Und ja – das war meine Entscheidung. Keine große Heldentat. Aber ein klarer Moment. Ein „Trotzdem“. Und genau darum geht’s heute.

Führung heißt entscheiden – nicht planen

Am Abend des ersten Tages stehen wir in Stavanger. Am Fjord. Vor uns drei zehn Meter hohe Bronzeschwerter, tief im Fels verankert. „Sverd i fjell“. Ein Denkmal für die Schlacht von Hafrsfjord. 872. Der Moment, in dem Norwegen vereint wurde. Durch eine Entscheidung. Harald Schönhaar beendete das politische Klein-Klein der Fürsten. Er ging voran. Nicht, weil er sich sicher war. Sondern weil er wusste: Wenn ich es nicht tue, wird es niemand tun.

Die Schwerter wurden nie wieder gezogen. Sie stehen für Einigkeit. Für Klarheit. Für ein Ende des Zauderns.

Ich stand davor und dachte: Führung beginnt genau da. Wenn du keine Sicherheit hast. Wenn du nicht weißt, ob du dich übergeben musst oder nicht. Aber du steigst trotzdem aufs Schiff.

Zögern ist eine Entscheidung

Viele reden sich raus. Sie nennen es „Prozess“. Oder „Wir brauchen noch Daten“. Oder „Wir möchten alle Perspektiven berücksichtigen“. Aber tief drin weißt du es: Du hast Angst. Vor Konsequenzen. Vor Widerstand. Vor dem Moment, in dem dich jemand fragt: „Warum gerade jetzt? Warum so?“

Ich kenne das. Ich habe als Unternehmer viele dieser Gespräche selbst nicht geführt. Entscheidungen verschoben. Vermeidbare Konflikte provoziert, weil ich keine Haltung gezeigt habe. Und ich habe Unternehmen begleitet, in denen das Zaudern zur Kultur geworden ist. Der Konsens ersetzt die Klarheit. Die Moderation ersetzt die Richtung.

Und plötzlich entsteht etwas Gefährliches: Die Organisation beginnt, dich zu spiegeln. Dein Zögern wird zum Zaudern im Team. Deine Unentschlossenheit zur Lähmung im Projekt. Und deine Konfliktscheu zur Passivität der anderen.

Entscheidungsstärke ist trainierbar

Studien bestätigen: Unternehmen, die schnelle, aber informierte Entscheidungen treffen, sind erfolgreicher. McKinsey zeigt: Klar definierte Rollen, mutige Delegation und Vertrauen in die Kompetenz der Mitarbeitenden verbessern nicht nur die operative Schlagkraft, sondern auch die Resilienz in Krisen. Forbes ergänzt: Entscheiden braucht Selbstvertrauen, Klarheit, Commitment. Nicht Aktionismus, sondern Konsequenz.

Und genau hier wird’s unangenehm. Denn viele Führungskräfte glauben, sie müssten alles wissen, alles im Griff haben, alles absichern. Dabei ist Führung keine Vollkaskoversicherung. Sondern ein täglicher Sprung ins Unbekannte.

In meinem Buch „Führungskräfte als Hoffnungsträger“ geht es genau darum (S. 81 ff): Entscheidungen sind nie rein rational. Sie haben immer eine emotionale Tiefe. Sie zeigen, wie viel Vertrauen du in dich selbst hast. Und wie viel Verantwortung du wirklich trägst – für dein Unternehmen, für dein Team, für dich selbst.

Es gibt keinen perfekten Moment

Die Wahrheit ist unbequem: Der perfekte Moment existiert nicht. Es gibt nur den Moment, den du nutzt – oder verstreichen lässt. Wie auf der Fähre. Du kannst in der Kabine sitzen und dich fertig machen mit Gedanken. Oder du stellst dich dem Wind. Und dem Wellengang. Und der Realität.

Was du brauchst, ist kein besserer Plan. Sondern mehr Mut, mit einem unvollkommenen Plan loszugehen. Und eine Haltung, die auch in Unsicherheit trägt. Entscheidungen, die nur im Kopf getroffen werden, bleiben oft Theorie. Es braucht den Schritt. Den Helm. Den Mut, sich im Notfall zu übergeben – aber wenigstens unterwegs zu sein.

Also. Was ist mit dir?
Worauf wartest du noch?

Welche Entscheidung schiebst du seit Wochen vor dir her – obwohl du weißt, dass sie längst überfällig ist?
Bist du ehrlich: Entscheidest du – oder hältst du Optionen offen, weil du Konflikte vermeiden willst?
Wer oder was profitiert davon, dass du zauderst? Und wer leidet darunter?
Was passiert, wenn du weiter nicht entscheidest? Was wäre die mutigste Entscheidung heute?


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Ben Schulz ist Sparringspartner mittelständischen Unternehmen, den Menschen hinter der Rolle wieder sichtbar zu machen. Der Vorstand des Beratungshauses Ben Schulz & Partner AG legt den Schwerpunkt seiner Tätigkeit, gemeinsam mit seinem Team, auf die Bereiche Unternehmensleitbildentwicklung, Kulturwandel, Führungskräfteentwicklung und strategische Unternehmersparrings, bei denen es um die Steigerung von Performance geht. Mehr Infos

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