Heißbegehrt: Mittelstand im Investoren-Fokus

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Das nennt man einen Verkäufermarkt: Die Bewertungen für Mittelstandsunternehmen liegen auf einem Allzeithoch. Zugleich nehmen die Kauffälle ab. Was Wunder: Erfolgreiche Unternehmen bieten die beste Rendite für Kapital.

Die Kauf-Multiples nicht börsennotierter Unternehmen liegen auf einem Allzeithoch: In Deutschland wird ein Durchschnitts-Multiple von 9,8x EBITDA erzielt, und in der Eurozone mit 10,1x EBITDA sogar erstmals ein zweistelliger Wert gemessen. Das stellen die unabhängige paneuropäische Investmentgesellschaft Argos Wityu und Epsilon Research mit ihrem Argos IndexMid-Market für das vierte Quartal 2018 fest. Der Index misst die Entwicklung der Unternehmensbewertungen nicht börsennotierter Mid-Market-Firmen in der Eurozone, an denen Private Equity-Fonds in den der Untersuchung vorangegangenen sechs Monaten eine Mehrheitsbeteiligung erworben hatten.

In privatem Unternehmerbesitz befindliche Unternehmen erzielen die höchsten Erlöse

Im Wesentlichen, so die Studienmacher, gehe der Preisanstieg auf eine erhöhte Aktivität bei europäischen Mid-Market M&A-Transaktionen zurück – im zweiten Halbjahr 2018 stiegen das Transaktionsvolumen um 18 Prozent und die kumulierten Transaktionswerte um 17 Prozent. In privatem Unternehmerbesitz befindliche Unternehmen erzielen danach die höchsten Erlöse. Besonders groß ist der Unterschied gegenüber den Multiples mittelgroßer börsennotierter Unternehmen, deren Bewertung um 11 Prozent auf 8.0x EBITDA gefallen ist.

Auch Dr. Michael Brandkamp, Geschäftsführer des High-Tech Gründerfonds, bestätigt gegenüber DDW die Tendenz: “Die Bewertungen für Unternehmen sind nach oben gegangen”. Das sei für die Unternehmer gut: Sie müssten für das Geld, was sie aufnehmen, weniger Anteile hergeben, so Brandkamp.

Investment-Datendienste bei DDW
Die DDW-Rankingredaktion bildet mit dem neuen Datendienst “Wer kauft wen” laufend die Firmentransaktionen von deutschen Klein- über Mittel- bis Großunternehmen ab – rückwirkend bis zu 3.000 Transaktionen seit 2015. Der Datendienst kann als Excel-Liste erworben werden. Die Investitionstätigkeit von Unternehmen ist auch einer der 19 Indikatoren zur Bewertung von Unternehmen für das Ranking “Mittelstand 10.000”DDW bietet zudem mit der Investoren-Liste Deutschland einen Goldstandard in der Darstellung der Investoren, Family Offices und Private-Equity-Häuser in Deutschland. Einen Überblick über die rd. 1.600 deutschen Unternehmen in Investorenbesitz bietet die Datenbank “Investorenunternehmen Deutschland”.    

Hohe Nachfrage durch strategische Käufer

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig, und lassen sich doch auf einen Nenner bringen: profitable Unternehmen sind und bleiben eines der besten Rendite-Assets, insbesondere in Zeiten mangelnder lukrativer Anlagealternativen. So gibt es auf der einen Seite eine hohe Nachfrage durch strategische Käufer, die sich auf der Suche nach Wachstum auf Unternehmenszukäufe stützen, sowie die stetig steigende Nachfrage von institutionellen Investoren, die durch Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen ihre Renditen verbessern möchten. Überhaupt ist hohe Liquidität im Markt: große Unternehmen haben hohe Cash-Bestände und Private Equity-Investoren große Bestände an “Dry Powder”, da sie immer größere Mengen an Kapital einsammeln. Zudem sind nach wie vor günstige Finanzierungen möglich.

Private-Equity-Investoren dringen in den deutschen Mittelstand vor

Zu den Käufern mittelständischer Unternehmen gehören daher vermehrt nicht nur andere Unternehmen. Mehr und mehr dringen auch Private-Equity-Investoren (PE) in den deutschen Mittelstand vor. Das Magazin FINANCE analysierte im Auftrag der Deutschen Beteiligungs AG den Markt der Firmenübernahmen und hat festgestellt: Im Jahr 2018 gab es so viele PE-Übernahmen wie nie zuvor. Von 2005 bis 2017 sei die Zahl an Private-Equity-Deals stagniert. 2018 explodierte dann regelrecht das Geschäft. Rund 4,8 Milliarden Euro gaben Beteiligungsfonds im vergangenen Jahr für die Übernahme von 47 deutschen Mittelständlern im Bereich von 50 bis 250 Millionen Euro aus.

Kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland sind auch für ausländische Investoren gefragte Ziele bei Fusionen und Übernahmen – das bestätigt auch eine Auswertung der KfW Research. Betrachtet wurden für den Zeitraum von 2005 bis 2017 vollständige und anteilige Übernahmen sowie Fusionen, bei denen ein deutsches Unternehmen mit bis zu 500 Mio. Euro Umsatz im Jahr das Ziel war. Bislang hätten die inländischen Käufer dominiert (durchschnittlicher Anteil 2005–2017: 58 %). Seit 2013 hätten jedoch die Aktivitäten ausländischer Investoren deutlich zugelegt.

Die Gelegenheiten für Firmenkäufe werden geringer

Doch so begehrt Mittelstands-Käufe sind, so rar werden die Gelegenheiten der heißumworbenen Unternehmensübernahmen und -beteiligungen. Die im Branchendienst von DDW erfassten und analysierten relevanten Firmenverkäufe zeigen für das erste Halbjahr 2019 bislang 249 Transaktionen. Die Rekordverkäufe von 737 Transaktionen in 2018 (2017: 692) scheinen für dieses Jahr in weite Ferne zu rücken.

Auch das Handelsblatt meldet vor einigen Tagen “Zu wenige Fusionen – M&A-Geschäft in Deutschland bricht ein”, und bezieht sich dabei auf Zahlen des Analysehauses Refinitiv – wenn auch im Bezug auf vorwiegend große Übernahmen. Danach sei das Volumen der M&A-Transaktionen mit deutscher Beteiligung in den ersten sechs Monaten gegenüber dem Vorjahr um 68 Prozent auf 61,3 Milliarden Dollar gefallen. Transaktionen mit deutschen Unternehmen lägen auf den niedrigsten Stand seit 2013; innerdeutsche Transaktionen seien auf ein Neunjahrestief gefallen sind.

“Im Ergebnis trifft eine sehr große Nachfrage auf ein nur überschaubares Angebot an verfügbaren attraktiven Zielunternehmen. Dieses Ungleichgewicht treibt die Kaufpreise stark nach oben”, beschreibt Dr. Michael Drill von Lincoln International im Venture Capital Magazin die Lage.

 

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