![](https://ddwcdn.b-cdn.net/wp-content/uploads/2021/03/Rosberg-head-807x563.png)
„Ich habe großes Vertrauen in die deutsche Automobilindustrie“
Nach seinem Weltmeistertitel in der Formel-1 hörte 2016 er überraschend mit seiner Rennfahrer-Karriere auf – jedoch nur, um sogleich als Investor durchzustarten. Nico Rosberg im Interview über Nachhaltigkeits-Investments, Disruptionen und Renn-Erlebnisse ohne Gestank und Lärm.
Herr Rosberg, Sie sind Unternehmer, Investor, Festivalveranstalter, TV-Jurymitglied, Werbegesicht, Philantrop – so dass man sich unweigerlich fragt: Wie schafft der das? Lernt man als Formel-1-Fahrer Teamarbeit?
Das ist definitiv so. Man ist immer nur so gut, wie das Team, das hinter einem steht, ob als Unternehmer oder als Rennfahrer. Man lernt aber in der Formel 1 auch, sehr effizient zu arbeiten und seine Zeit gut einzuteilen. Ich bin froh, dass mir das gut gelingt, so dass ich trotz allem noch viel Zeit für meine Familie habe. Denn das ist das Wichtigste.
Wie kann man sich Ihre „Organisation“ vorstellen, wie haben Sie Ihre Aktivitäten strukturiert, auf wen verlassen Sie sich im engsten Umfeld?
Ich habe ein enges Kernteam von 18 Leuten, die mir direkt zuarbeiten und zumeist im Home Office sind. Das haben wir Anfang letzten Jahres dauerhaft eingeführt und es klappt sehr gut. Dann habe ich natürlich ein eigenes Team, das sich auf das Greentech Festival konzentriert und in Berlin sitzt. Zusätzlich arbeite ich mit vielen internationalen Experten, die mich bei verschiedenen Projekten punktuell unterstützen, z.B. auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit, bei Investments oder strategischen Partnerschaften.
Der rote Faden Ihrer Engagement und Investments ist Nachhaltigkeit. Wie und wann hat sich dieses Engagement herausgebildet? Gab es einen definierbaren Punkt, an dem Sie diese Lebensaufgabe für sich entdeckt haben?
Das war sicher eine graduelle Entwicklung. Nach der Formel 1 wollte ich etwas komplett Neues machen und ich hatte den Anspruch, etwas zu finden, das mir einen tieferen Sinn gibt. Zeitgleich bin ich durch meine Expertise in der Mobilität immer wieder mit neuen, spannenden Technologien in Berührung gekommen und habe großes Potenzial gesehen. Nachhaltige Technologien sind die Zukunft und ich finde es toll, dass ich als Unternehmer dazu beitragen kann, dass die Welt ein wenig besser wird.
„Ich persönlich glaube nicht, dass man die Herausforderungen unserer Zeit durch Verzicht lösen kann“
Investments tätigt man mit dem Ziel der Wertsteigerung. Würden Sie sagen, dass Nachhaltigkeit auch ein monitär lohnendes Invest sein kann – oder sogar muß?
Absolut, sonst würde ich es nicht machen. An der Nachhaltigkeit geht kein Weg vorbei. Um unsere Klimaziele zu erreichen und die drängendsten Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen, muss die Wirtschaft mitziehen. Der Druck kommt nicht nur von jugendlichen Konsumenten, sondern auch von der Politik. Und ich hoffe, dass viele Investoren das Potenzial erkennen und mit ihrem Erfolg zeigen, wie lohnenswert dieser Weg ist.
Sie stehen mit Ihren Unternehmen und Investments für einen Ansatz, der die Herausforderungen der Nachhaltigkeit durch Innovation und Technologie zu bewältigen sucht. Speziell in Deutschland gibt es auch starke Bewegungen, diese eher durch Verzicht und Technologiefeindlichkeit zu erreichen. Wie gehen Sie selbst mit diesen Widersprüchen um?
Ich persönlich glaube nicht, dass man die Herausforderungen unserer Zeit durch Verzicht lösen kann. Schließlich können wir nicht alle wieder in einer Höhle leben oder die Menschen einsperren. Wir brauchen neue Technologien, um Lösungen zu finden, die es uns erlauben, allen Menschen Freiheit und eine gute Lebensgrundlage zu bieten und das möglichst ressourcenschonend, CO2-neutral und energieeffizient. Vieles kann sich allein dadurch ändern, indem wir auf Kreislaufwirtschaft setzen und erneuerbaren Strom einsetzen.
Was sind aus Ihrer Sicht die Schlüsseltechnologien für eine nachhaltige Wirtschaft der Zukunft?
Der Wasserstofftechnologie könnte eine große Rolle zukommen, weil man mithilfe von Brennstoffzellen und grünem Wasserstoff eine klimaneutrale Mobilität erlauben könnte. Speziell für die Logistik und Transportindustrie, Schiffe und Flugzeuge sind Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe eine sehr vielversprechende Lösung. Daneben sind Technologien zur Herstellung von Laborfleisch und Fleischersatz super wichtig, weil die Massentierhaltung massiv zu globalen Emissionen beiträgt und damit den Treibhauseffekt antreibt.
Die Frage, ob der Weg zu mehr Nachhaltigkeit auch mit Lust und Freude gegangen werden kann, zeigt sich wie in einem Brennglas in Ihrem Kernmetier, dem Motorsport. Sie sind stark in E-Races engagiert, u.a. mit Rosberg X Racing. Hand aufs Herz: Können elektrische Autorennen gegen das unvergleichliche Sinneserlebnis aus ohrenbetäubendem Geräusch, dem Geruch und der Vibration eines Verbrenners mithalten?
Aber klar können Sie das. Man schaut sich ja Motorsport im Fernsehen oder an der Rennstrecke nicht an, weil die Autos stanken und Lärm machen, sondern weil die Action und der Wettkampf spannend ist. Dazu kommt ein ganz anderes Erlebnis heutzutage, z.B. bei der Extreme E. Hier steht der Sport für positive Veränderung und eine Plattform für den Kampf gegen die Klimakrise. Das hat eine ganz eigene Qualität.
Neben Ihren eigenen Unternehmen und sind vielfältig in Startups investiert. Wie eng sind Sie an diesen dran –oder ganz konkret gesprochen: Welche Reports in welchen Zyklen sind für Sie wichtig?
Ich bin sehr nah dran an allen meinen Startups und im regelmäßigen persönlichen Austausch mit den meisten Gründern oder CEOs. Das ist mir sehr wichtig und hilft mir natürlich, ihren Weg mit ihnen mitzugehen.
Sie erleben mit Ihrer TRE GmbH – Team Rosberg Engineering– in Neustadt an der Weinstraße, einem Unternehmen im Bereich der Fahrwerksentwicklung, selbst die Herausforderungen des Wandels speziell für deutsche mittelständische Automobilzulieferer. Glauben Sie, dass Deutschland seine spezifischen Kompetenzen im Autosektor in eine neue Zeit wird retten können?
Definitiv. Ich habe großes Vertrauen in die deutsche Automobilindustrie und bin davon überzeugt, dass auch die Disruptionen neuer Mobilität von ihnen perfekt gemeistert werden. Natürlich gibt es Herausforderungen und die deutschen Hersteller sind Playern aus dem Silicon Valley, wie Tesla oder Google in vielerlei Hinsicht einige Jahre hinterher. Aber das werden sie schnell aufholen und dann kommen auch wieder ihre Kernkompetenzen ins Spiel: Qualität, Engineering, Innovationskraft und natürlich ein unübertroffenes Fahrgefühl.
Welches kommende Projekt oder aktuelle Investment bewegt Sie aktuell am meisten?
Ich habe bei „Die Höhle der Löwen“ gerade in ein Food Startup aus Baden-Württemberg investiert, das Produkte aus Grillenmehl herstellt. Ich finde, Insektennahrung ist ein sehr spannender Trend, da die Vorteile gegenüber der konventionellen Tierzucht enorm sind und es eine sehr umweltschonende, gesunde und proteinreiche Nahrungsweise ist, die auch für bevölkerungsreiche westliche Länder eine tolle Alternative sein kann.
Nico Rosberg ist ein ehemaliger deutsch-finnischer Automobilrennfahrer und Investor. Mehr Infos zu Nico Rosberg
Schreibe einen Kommentar