Personal Branding im Mittelstand – Erlebbarkeit ist alles!

Keine Kommentare Lesezeit:

Mittelständler haben vor allem einen großen Wettbewerbsvorteil, den sie für sich nutzen können. Die Führungskraft oder der Inhaber spielt dabei die entscheidende Rolle. Von Ben Schulz

Der Wirtschaftsstandort Deutschland als etablierte Industrienation hat nach den beiden Weltkriegen bewiesen: Wir sind Profis in Sachen Standards, Normen, Prozessen – kurz – Zahlen, Daten, Fakten. »Made in Germany« wird direkt mit hoher Qualität in Verbindung gebracht. Das klassische Marketing vieler Unternehmen hat sich daraus entwickelt und baut in vielen Fällen noch heute darauf auf. Markenstrategie und -positionierung werden konsequent danach ausgerichtet. Prozesse, Services, Produkte, Logistik etc. stehen im Mittelpunkt, um höchstmögliche Kundenzufriedenheit zu generieren. Dabei wird jedoch häufig genug ignoriert, dass Dienstleistungen und Produkte schon lange austauschbar geworden sind, die Konkurrenz das gleiche Portfolio anbietet und die Unterschiede zwischen den verschiedenen Unternehmen kaum noch auszumachen sind. Waren die Deutschen bisher Weltmeister in Markentreue, gehen hier die Zahlen zurück. Was tun?

Kundenzufriedenheit versus Kundenverbundenheit

 

Klassisches Produkt- und Dienstleistungsmarketing stellt Kunden zufrieden

Bei klassischen Unternehmen wird nach wie vor von innen, also von der Organisation aus, in Richtung Kunde gedacht. Alle Organisationsabläufe werden darauf ausgerichtet. Es wird über Prozesse, Produkte, Services, Logistik, Management und Führung nachgedacht. Erst dann kommen die Überlegungen in Richtung Außendarstellung und Image. Der Fokus liegt somit auf den beiden unteren Ebenen der Erlebnispyramide, also darauf, welche Markenversprechen mit den vorhandenen Normen und Prozessen verknüpft werden können.

Folgerichtig argumentiert das klassische Marketing also nach wie vor bei vielen Unternehmen über Nutzenversprechen, USP und Zahlen, Daten und Fakten. So entstehen sehr nüchterne, faktenlastige Internetseiten, die aber emotionslos und staubtrocken daherkommen. Um dem entgegenzuwirken, werden in einem zweiten Schritt diese Zahlen mit einem Markenversprechen aufgewertet. Corporate Design, schicke Logos und ansprechende Werbung laden das Markenversprechen auf. Ziel ist, die Kunden zufrieden zu stellen. Der Kunde bekommt, was er bestellt und gemäß den Qualitätsanforderungen auch erwarten kann. Kurz, seine Basisanforderungen wurden erfüllt:

Erwartungen der Zielgruppe – wahrgenommene Leistung = Zufriedenheit

Aber reicht das, um sich von der Konkurrenz wirklich abzuheben, vor allem in einer Welt, in der viele Angebote austauschbar geworden sind? Geht es nicht heute viel mehr um Begeisterungsanforderungen? Jene Produkt- oder Dienstleistungseigenschaften, die den Kunden begeistern? Jene Leistungskomponenten, die er nicht erwartet, aber deren Bereitstellung Begeisterung hervorruft?

Die Erwartungen der Kunden übertreffen und begeistern

Ich denke, dass genau die andere Richtung erfolgsentscheidend ist. Von der Zielgruppe, vom Kunden aus Denken. Wer die Bedürfnisse, Wünsche, Ängste, Sorgen und kleinen Freuden seiner Zielgruppe kennt, spricht die Sprache seiner Kunden. Zielgruppen wollen verstanden werden, Menschen wollen verstanden und ernstgenommen werden. Raus aus der Anonymität. Peter Drucker formuliert es so:

„Das Ziel des Marketing ist, den Kunden und seine Bedürfnisse derart gut zu verstehen, dass das daraus entwickelte Produkt genau passt und sich daher selbst verkauft.“ 

Es geht um Verbundenheit mit der Zielgruppe. Und das geschieht auf einer emotionalen Ebene. Hier ist der Mensch, die Personality, die Identität, das Authentische, das Menschliche der Schlüssel. Ein Beispiel, um dies zu veranschaulichen:

Als ich als junger Kerl von zu Hause ausgezogen bin, sagte meine Großmutter: „Junge, wenn du eine Waschmaschine kaufst, dann kauf eine Miele.“ Um bei der Pyramide zu bleiben: Aufgabe einer Waschmaschine ist es, sauber zu waschen. Miele gibt ein Markenversprechen. Mit dem Namen Miele verbindet man Qualität, Langlebigkeit, inhabergeführtes deutsches Unternehmen etc. Nun folgendes Exempel: Meine Großmutter brauchte mit über 80 Jahren eine neue Waschmaschine. Und bestellte die bei ihrem Händler in einem hessischen 500-Seelen-Dorf.

Version 1: Der Händler kommt, stellt die neue Maschine auf, schließt sie an, erklärt die Programme und geht wieder. Zurück bleibt meine Großmutter mit einem leicht irritierten Gesichtsausdruck während sie ihre Waschküche betrachtet: quer im Raum steht noch die alte Waschmaschine, umgeben von Verpackungsmaterialien und Staubflusen, die beim Anschließen ihren Weg nach draußen gefunden haben.

Version 2: Der Händler kommt, hat ein kleines Präsent dabei, stellt die neue Maschine auf, schließt sie an, erklärt die Programme, fragt nach, ob meine Großmutter wirklich alles verstanden hat. Am Ende packt er die alte Maschine ein, räumt das Verpackungsmaterial weg und kehrt sogar noch grob durch – mit einer Selbstverständlichkeit und Ruhe, ja mit einem Lächeln im Gesicht. Einfach so. Ohne Aufpreis. Weil er halt so ist. Meine Großmutter ist selig. Sie holt sofort die erste Ladung Wäsche und probiert die neue Maschine begeistert aus.

In Version 2 hat der Händler etwas grundlegend anders gemacht: Er hat „Erlebbarkeit“ generiert. Durch seine Art, seine Identität, weil er es so wollte. Authentisch, nah, ehrlich, zuvorkommend, von sich aus. Und das Ergebnis: Verbundenheit. Das ist weit mehr als nur Zufriedenheit. Diese Kundin kommt garantiert wieder. Sie empfiehlt weiter.

Diese Art von „Erleben zu generieren“ ist eine Frage der persönlichen Einstellung, der eigenen Haltung, der eigenen Identität. Denn es stellt sich die Frage: Verkaufen oder glücklich machen?

Personal Branding = Personality first! 

Erlebbarkeit findet immer zwischen Mensch und Mensch statt. Da kann die Marke Marktführer sein und das Blaue vom Himmel versprechen und sogar einhalten – ohne Erlebbarkeit, ohne das (Zwischen-)Menschliche sind Kunden „nur“ zufrieden.  Wenn wir uns also wirklich abheben wollen, brauchen wir mehr als Zufriedenheit. Wir brauchen die Verbundenheit mit unseren Kunden und das gelingt nur von Mensch zu Mensch. Beim Personal Branding steht deshalb der Mensch im Mittelpunkt.

Und was nach außen wirkt, gilt genauso nach innen in das Unternehmen hinein. Die Führungskraft, der Inhaber als Person ist im Grunde in zweierlei Hinsicht die Marke, das Gesicht des Unternehmens. Es ist die Person selbst, die Verbundenheit durch ihre Personality, ihre Identität generiert. Denn Verbundenheit entsteht nur zwischen Mensch und Mensch. Nach innen ins Unternehmen kann also eine Führungskraft durch Personal Branding eine enge Mitarbeiterbindung und Identifikation mit dem Unternehmen aufbauen. Nach außen wirkt sie in Richtung Kunden, Auftraggeber und Zulieferer.

So entsteht Verbundenheit. Und genau darin liegt ein großer Wettbewerbsvorteil, den Mittelständler für sich nutzen können, wenn sie in Personenmarken denken. Denn spürt man eine gegenseitige Verbundenheit, dann geht man auch miteinander durch dick und dünn. Wenn es also gelingt, diese Verbindung sowohl in Richtung Kunden und Zulieferer aufzubauen als auch nach innen zu den eigenen Mitarbeitern, dann entsteht ein Zusammenhalt, der nicht mit Gold aufzuwiegen ist – gerade, wenn alles im Umbruch ist.

Wenn Sie mehr zum Thema Personal Branding wissen wollen und wie Sie es für sich nutzbar machen, dann empfehle ich Ihnen „Das große Handbuch Personal Branding“, das Anfang des Jahres bei Campus erschienen ist.

Ben Schulz ist CEO BEN SCHULZ & PARTNER AG, Geschäftsführer RMP Germany GmbH und Vorstand von Ben Schulz & Consultants AG.
Als Pionier im Personal Branding und Unternehmer kennt Ben Schulz alle Herausforderungen seiner Kunden. Der Sparringspartner und Troubleshooter begleitet seit vielen Jahren Unternehmen, Institute, Führungskräfte und einflussreiche Persönlichkeiten im gesamten deutschsprachigen Raum zu den Themen Strategie, Positionierung, Identität und Marketing. Mit seiner direkten Art bringt Ben Schulz seine Kunden dazu, ihre Identität und Unverwechselbarkeit zu erkennen und aktiv zu leben. Im direkten Sparring geht er ans Eingemachte, nichts wird geschönt.Ben Schulz ist Autor zahlreicher Bücher wie u.a. „Goodbye McK… & Co.“, „Erfolg braucht ein Gesicht“ oder „Wenn Turnschuhe nichts bringen“. Mit seinem Team der »BEN SCHULZ & PARTNER AG« veröffentlichte Ben Schulz im Januar 2020 „Das große Personal Branding Handbuch“, das neue, 500 Seiten starke Standard-Werk auf dem deutschsprachigen Buchmarkt.

  • Mehr Infos zu Ben Schulz finden Sie hier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Language