Re-Start Deutschland: Aufbruch aus der Krise

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Die wirtschaftliche Lage in Folge der Corona-Maßnahmen wird zusehens dramatischer. Es braucht einen Re-Start Deutschland. Wege und Strategien dazu waren Thema einer DDW-Videokonferenz mit Sigmar Gabriel, Frank Thelen und vielen weiteren Firmeninhabern und CEO.

Sigmar Gabriel, Bundesminister a. D., warnt: „Wir müssen aufpassen, dass unser ökonomisches Geschäftsmodell nicht auf den Kopf gestellt wird.“ Denn die Wertschöpfung ginge weg vom Produkt hin zu Datenplattformen. Und die würden amerikanische und chinesische Firmen beherrschen – nicht europäische. In der „Re-Start Deutschland“-Entscheider-Konferenz lieferte Gabriel den Selbständigen in per Video-Call einen Rundum-Blick seiner Sicht auf Corona: „Es wird nicht nur um die Bewältigung von wirtschaftlichen Folgen gehen, sondern um geopolitische, und alles was da in Unordnung ist, betrifft am Ende auch Ihre Geschäftsmodelle und Sie.“

Geladen hatten zu der Konferenz DDW zusammen mit dem Hamburger DUB-Magazin. Im DUB VideoCall trafen sich die beiden Gastgeber Jens de Buhr und Michael Oelmann mit mehreren hundert Teilnehmern. Zu den Diskutanten gehörten neben Gabriel u.a die Bundeswirtschaftsministerin a. D. Brigitte Zypries, Grenke-CEO Antje Leminsky, KUKA-CMO Wilfried Eberhardt, Caffe-Cultura-CEO Cevdet Emeç, die Bundesvorsitzender der Jungen Unternehmer Sarna Röser, Yuanda-Robotics-CEO Dr. Jens Kotlarski oder Dr. Philipp Oleinek von EVOLUCONSULT.

„Geraten in eine strategische Rivalität zwischen USA und China“

Gewinner dieser Krise ist laut Gabriel die Digitalisierung mit ihrem Boost digitaler Techniken, der Künstlichen Intelligenz, den aktuellen Erfolgsgeschichten digitaler Unternehmen. Aber gleichzeitig warnt er davor, dass Deutschland und Europa in eine strategische Rivalität zwischen USA und China geraten. Europa sei digital abgeschlagen zwischen China und den USA. Eine europäische Initiative wäre hier ein großer Schritt nach vorne.

Gabriel äußerte Verständnis für Vorschläge, jetzt mit Steuersenkungen die Kaufkraft der Menschen zu erhöhen, um sie zurück in den Konsum zu bringen und damit die Wirtschaft zu stabilisieren. Das Problem solcher Maßnahmen sei allerdings, dass sie später nach einer wirtschaftlichen Erholung nur schwer zurück zu nehmen wären. Dies könne aber dann zu entsprechend dauerhaft höheren Schulden führen, „was ganz sicher auch niemand“ wolle. Entsprechend hält er es auch für richtig, dass jetzt die Renten wie in der Rentenformel vorgesehen, auch zu erhöhen. „Alles, was der Binnennachfrage dient, wird uns jetzt helfen, aus der Krise herauszukommen.“

Re-Start Deutschland: Die Konferenz in voller Länge finden Sie hier.

Auch zu einer möglichen geordneten Insolvenz der Lufthansa hat Gabriel sich positioniert. Die Lufthansa müsse selbst entscheiden, was sie wolle. Sollte es aber eine Staatsbeteiligung geben, fordert Gabriel von der Politik, Verantwortung in Form von Aufsichtsratsmandaten zu übernehmen. Sich allerdings in die Geschäftspolitik einzumischen, davon hält er nichts. Die Lufthansa dürfe „keine Spielwiese für Politiker werden.“ Insgesamt warnt Gabriel davor, große Unternehmen gegen kleine auszuspielen. Die Wahrheit sei: „Ohne die großen Unternehmen gibt es die kleinen auch nicht.“

Im internationalen Kontext warnt vor Gabriel vor der Wirkung von Corona als Verstärker von Krisen, die auch vorher schon da waren: „Die Krise wirkt wie ein Brandbeschleuniger für all das, was auch vorher schon nicht in Ordnung war.“ Er berichtet von Machtmissbrauch in Libyen und der möglichen Zerstörung von Demokratien in Lateinamerika durch einen Rückfall in Armut.

Wilfried Eberhardt, CMO und Aufsichtsratsmitglied des Robotik- und Automatisierungsvorreiters KUKA AG, betonte in seinem Beitrag die Herausforderungen, aber auch die Chancen für sein Unternehmen. Wachstumsfelder habe man für sich in den Bereichen der betrieblichen Automatisierung im Zuge wachsender Produktionsverlageurng ins Inland, der Logistik sowie der Medizintechnik ausgemacht. Antje Leminsky, CEO beim Finanzierungsspezialisten GRENKE, beschrieb die heterogene wirtschaftliche Lage in den verschiedenen Ländern. Für Cevdet Emeç, CEO des Kaffee-Spezialitäten-Anbieters Caffè-Cultura („Tre Forze“), zeige die Krise, „ob man als Unternehmer seine Hausaufgaben“ gemacht habe und sich auf Worst-Case-Szenarien vorbereitet habe. Sein Unternehmen habe zwar durch die Schließung von Hotels und Restaurants erhebliche Umsatzeinbußen zu verzeichnen, doch sei der Onlineabsatz um über 500 Prozent angestiegen.

Für Serien-Investor und Digitalisierungs-Vordenker Frank Thelen ist die Corona-Krise eine entscheidende Wegmarke, die die Schwächen des Umgangs mit Daten und Digitalisierung in Deutschland schonungslos offenlege. Dabei werde klar: „Daten können Leben retten“, so Frank Thelen, „zum Beispiel mit der Koordination von medizinischen Kapazitäten oder auch der schnellen Entwicklung einer Tracking-App.“ Thelen: „Ich bin erschüttert, wie viel Geld in die Lufthansa-Rettung gesteckt werden soll – und was davon der Digitalisierung fehlt! Es muss mehr in Technologie investiert werden – da braucht es gerade einen Mut, den ich in Deutschland nicht sehe.“

Umsatzeinbrüche, Liquiditätsengpässe – der deutsche Mittelstand ist von der Krise gebeutelt. Aber nicht nur das: „Die Angst vor dem Virus wandelt sich in Enttäuschung über fehlende klare Ansagen und willkürliche Lockerungen von Seiten der Politik“, sagt Sarna Röser, Bundesvorsitzende DIE JUNGEN UNTERNEHMER. Röser appellierte: „Es muss jetzt etwas passieren. Wir müssen zu den Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft zurückfinden.“ Dabei seien vier Punkte besonders wichtig: Erstens, neue Prioritäten setzen, zweitens, den Investitionsstau auflösen, drittens, die Digitalisierung weiter vorantreiben und viertens, mehr Mut zur Eigenverantwortung aufbringen. Nach Corona brauchen wir einen schlanken Staat und mehr Marktwirtschaft statt Staatswirtschaft.

Digitalinvestor Frank Thelen und Yuanda Robotics-CEO Dr. Jens Kotlarski definierten auf der Konferenz „Re-Start Deutschland“, was es jetzt braucht, damit die deutsche Wirtschaft nicht abgehängt wird. Digitalisierung, Automatisierung und Robotik müssen jetzt flächendeckend Einzug halten. Klischees wie das der Vernichtung von Arbeitsplätzen sitzen noch in vielen Köpfen fest. Dass Digitalisierung aber in Wahrheit Arbeitsplätze schafft und sichert, wird nach Meinung von Dr. Jens Kotlarski oft vergessen – aber durch die aktuelle Krise offensichtlich. Andere Länder seien hier schon viel weiter.

Wie dieses neue Denken ganz praktisch und mehtodisch in den Betriebsalltag Einzug halten muß, stelle abschließend Dr. Philipp Oleinek dar. Der Buchautor und Berater sprach sich für einen Wechsel von einer prozessorientierten Steuerung („Wird getan, was getan werden soll?“) hin zu einer stärker ergebnisorientierten Steuerung („Haben wir erreicht, was wir erreichen wollen?“) aus. Es genügt heute in vielen Fällen nicht mehr, sich auf die korrekte Abarbeitung definierter Prozesse zu verlassen. Stattdessen müssen iterative Sollzustände geplant und bei Erreichen datenbasiert überprüft werden, um für den technolgischen Wandel, aber auch krisenhafte Situationen, gerüstet zu sein.event

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