Konjunktureinbruch: 7 Ratschläge, damit Sparmaßnahmen in Unternehmen nicht nach hinten losgehen

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In Deutschland wird nicht nur das Wetter, sondern auch das ökonomische Klima zunehmend ungemütlich. Viele Unternehmen werden in absehbarer Zeit darauf reagieren müssen. Doch Vorsicht: Sparmaßnahmen ohne begleitende Kommunikation können erheblichen Schaden anrichten. Diese 7 Punkte sollten beachtet werden. Von Ulrich Gartner.

Die Wirtschaftsweisen haben ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr um fast ein Drittel zurückgenommen, und 2019 soll noch schwächer ausfallen. Der Verband der Chemischen Industrie ließ kürzlich wissen, dass die chemische Produktion, ein verlässlicher Frühindikator der mittelfristigen Konjunkturentwicklung, im dritten Quartal geschrumpft sei. Im gleichen Zeitraum sank das deutsche BIP um 0,2 Prozent.

Auf diese nachlassende Dynamik werden viele Unternehmen in absehbarer Zeit reagieren müssen – mit Sparprogrammen, Personalabbau oder gar Standortschließungen. Betriebswirtschaftlich folgen solche Entscheidungen einer glasklaren Logik. Wie sie allerdings „ankommen“, intern und extern, steht auf einem anderen Blatt. Nicht selten überlagern Kollateralschäden wie sinkende Mitarbeitermotivation oder eine lädierte Reputation die erzielten Einsparungen. Deshalb sollten Unternehmen, die restrukturieren müssen, unbedingt eine angemessene Kommunikationsstrategie entwickeln.

Klare Zielvorstellung formulieren

Grundvoraussetzung für erfolgreiches Restrukturierungsmanagement ist eine präzise und realistische Vorstellung davon, welches Ergebnis man anstrebt. Geht es um Einsparungen bei den flexiblen Kosten, um punktuellen Personalabbau, oder muss ein Standort komplett geschlossen werden?

Nur wenn das Ziel klar ist, lässt sich eine kohärente Verhandlungsstrategie entwickeln und kommunikativ unterlegen. Ein Zickzackkurs kostet nicht nur Zeit und Geld, sondern auch Vertrauen und Glaubwürdigkeit – bei den Verhandlungspartnern, in der Belegschaft und in der Öffentlichkeit. Damit sinken sukzessive die Chancen, überhaupt zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen.

  • Definieren Sie die Maximal- und Minimalziele des Programms und bewerten Sie die jeweiligen Chancen, diese zu erreichen.
  • Werden Sie sich klar darüber, zu welchen Zugeständnissen Sie in welcher Phase des Prozesses bereit sind.
  • Spielen Sie die öffentliche (interne und externe) Wirkung unterschiedlicher Szenarien durch und entwickeln Sie entsprechende kommunikative Strategien.

Emotionales Narrativ entwickeln

Manager leiten die Notwendigkeit für Restrukturierungsmaßnahmen rational aus der Analyse von Daten her. Diese Entscheidungsgrundlagen sind naturgemäß abstrakt und komplex. Sie werden zudem häufig aus einer „globalen“ Perspektive betrachtet („Arbeitskosten Standort X vs. Arbeitskosten Standort Y“).

Auf viele der Bezugsgruppen dagegen wirken dieselben Entscheidungen emotional (Angst, Enttäuschung, Wut…), unmittelbar (Gehaltseinbußen, Prestigeverlust…) und lokal (Verlust von Arbeitsplätzen vor Ort, Wirkung auf den Einzelhandel…). Mediale Berichterstattung verstärkt diese – der betriebswirtschaftlichen entgegengesetzte – Perspektive.

Gute Kommunikation erklärt daher einerseits die ökonomischen Notwendigkeiten einer Entscheidung und adressiert andererseits ihre Folgen und die Art und Weise, wie die Organisation damit umgeht.

  • Entwerfen Sie ein emotional aufgeladenes Bild der angestrebten Zukunft: Wie soll, wie muss das Unternehmen am Ende der Transformation aussehen, um weiterhin erfolgreich zu sein?
  • Leiten Sie die notwendigen Entscheidungen aus den Rahmenbedingungen her. Zeigen Sie auf, welche Alternativen geprüft wurden, und warum man sich für die gewählte entschieden hat.
  • Seien Sie empathisch: Machen Sie deutlich, dass Sie sich der negativen Auswirkungen bewusst sind und beschreiben Sie, wie Sie diese Folgen für die Betroffenen abmildern werden.

Überzeugend argumentieren

Gelungene Kommunikation überzeugt möglichst viele interne und externe Stakeholder davon, dass die getroffene Entscheidung zwar schmerzhaft, aber im Grundsatz richtig ist. Dies macht den pragmatischen Umgang mit den Konsequenzen wesentlich einfacher, weil man dann nicht mehr das „warum“ diskutiert, sondern konstruktiv das „wie“ der konkreten Umsetzung.

Diese Überzeugungsarbeit muss detailliert geplant und konsequent umgesetzt werden.

  • Identifizieren Sie Gruppen von Betroffenen mit jeweils unterschiedlichen Informationsbedürfnissen.
  • Entwickeln Sie passende Kommunikationsinhalte und -instrumente, die speziell auf diese Bedürfnisse eingehen.
  • Investieren Sie in Möglichkeiten für Dialog und direkten Austausch, um möglichst viele persönliche Fragen adressieren zu können. Dies ermöglicht Ihnen gleichzeitig eine kontinuierliche Rückkopplung.

Mögliche Widerstände vorhersehen

In komplexen Situationen wie einer Restrukturierung verfolgen unterschiedliche Anspruchsgruppen und Akteure naturgemäß eigene Zielsetzungen.

So zeigt der Betriebsrat häufig ein relativ hohes Interesse an einer konstruktiven Einigung, während die Gewerkschaftsebene tendenziell eher auf Außenwirkung abzielt und damit eine höhere Konfliktbereitschaft einbringt. Versuche politischer Profilierung im Kontext von Unternehmensrestrukturierungen sind ebenfalls keine Seltenheit.

Um die Wahrscheinlichkeit von Fallstricken, Sackgassen oder echter Obstruktion so gering wie möglich zu halten, sind entsprechende Vorarbeiten anzuraten.

  • Recherchieren Sie im Detail, welche Institutionen, Organisationen und Einzelpersonen im Zusammenhang mit ihrem Projekt relevant sein könnten.
  • Bewerten Sie diese Bezugsgruppen systematisch anhand von Kriterien wie Einfluss, Haltung zum Projekt, Eigeninteresse, Wechselwirkung mit anderen Stadekoldern etc.
  • Antizipieren Sie mögliche Interventionen einflussreicher Bezugsgruppen und entwickeln Sie Teilstrategien für den Umgang damit.

Motivation hochhalten

Veränderungen, die mit Personalabbau oder gar Standortschließungen einhergehen, setzen die gesamte Belegschaft – auch außerhalb einer betroffenen Einheit – hohem Stress aus. Für die weitere Entwicklung des Unternehmens ist es extrem wichtig, die Motivation derjenigen, die nicht von den Streichungen betroffen sind, zu erhalten. Sie müssen das Geschäft unter veränderten Bedingungen und häufig mit verringerten Ressourcen weiter vorantreiben.

  • Schaffen Sie möglichst schnell Klarheit, welche Strukturen und Positionen wegfallen – längere Unsicherheit kann zur Lähmung der Organisation führen.
  • Gehen Sie fair mit den Betroffenen um; negative Abläufe verstehen Mitarbeiter als Warnung, dass es ihnen selbst künftig auch einmal so ergehen könnte.
  • Zeigen Sie der verbleibenden Organisation eine klare Perspektive auf, definieren Sie Meilensteine und feiern Sie das Erreichen dieser Meilensteine – das lenkt den Blick nach vorne.

Externe und interne Kommunikation verzahnen

Ein Bonmot besagt, externe Kommunikation sei die effektivste Form der internen Kommunikation: Was morgens über die Firma in der Lokalzeitung steht, ist Tagesgespräch am Arbeitsplatz.

Umgekehrt ist gerade in Umbruchsituationen jeden Tag damit zu rechnen, dass Interna an Journalisten weitergereicht werden. Wichtig ist daher, interne und externe Kommunikation eng zu verzahnen.

  • Stellen Sie sicher, dass die Belegschaft wichtige Informationen von ihrem Arbeitgeber erfährt und nicht aus den Medien.
  • Halten Sie Journalisten laufend informiert, um zu verhindern, dass andere Beteiligte die Deutungshoheit übernehmen.
  • Klug gesetzte Akzente in der Medienarbeit können die interne Diskussion positiv beeinflussen, ungeschickte Äußerungen erheblichen Schaden anrichten.

Soziale Medien intelligent nutzen

In unruhigen Zeiten nehmen Anzahl und inhaltliche Schärfe von Diskussionen in Sozialen Medien tendenziell zu. Sie bieten dem Unternehmen allerdings auch die Möglichkeit, seine Perspektive aktiv zu vertreten, und liefern wertvolle Hinweise darauf, wie das eigene Handeln wahrgenommen wird.

Generell gilt: Selbst wenn Sie Soziale Medien selbst nicht nutzen – andere tun es und sprechen dort (auch) über Sie!

  • Beobachten Sie relevante Plattformen systematisch, um kritische Entwicklungen zu erkennen.
  • Bringen Sie sich aktiv in Diskussionen ein – Transparenz wird als positiv wahrgenommen und stärkt die eigene Glaubwürdigkeit.
  • Nutzen Sie inhaltliche Analysen, um Ihre Kommunikationsstrategie laufend zu optimieren.

Ulrich Gartner ist seit über 25 Jahren in der Unternehmenskommunikation tätig. Er hatte internationale Führungspositionen auf Unternehmens- und Beratungsseite inne, unter anderem als VP Communications Europe beim Hausgerätekonzern Electrolux und als Deutschland-Geschäftsführer der globalen Netzwerkagentur MS&L. Als Gründer und Geschäftsführer leitet er heute seine eigene Firma, Gartner Communications, in Neu-Isenburg.

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