DDW TopEntscheider: Sabrina von Nessen

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DDW zeigt CEOs und Unternehmer von ihrer persönlichen Seite. Wir fragen in der Reihe „TopEntscheider“ nach Herausforderungen, Plänen und persönlichen Antrieben. Heute beantwortet von Sabrina von Nessen, Finanzvorstand der afb Application Services AG.

Die studierte Betriebswirtin mit einem Master in Business Administration stieß 2011 zur afb Application Services AG. Zu Beginn ihrer Karriere war sie bei der VR-LEASING AG in verschiedenen Positionen des Product Managements tätig. Später wechselte sie als Head of IT & Operations zu der 2009 frisch gegründeten Triodos Bank. Hier war sie verantwortlich für die Entwicklung von Strukturen und Prozessen, sowie die Weiterentwicklung der Systemlandschaft und der Infrastruktur. Nach ihrem Wechsel zur afb Application Services AG, ging es über das Project & Account Management in die Leitung des Marketing.
Als Christian Aechter, einer der Gründer von afb, das Unternehmen verließ, trat sie 2018 seine Nachfolge im Vorstand an. Dort verantwortet sie aktuell die Bereiche Finance & Organisation. Bereits in Ihrer Thesis mit dem Titel „Emotionale Intelligenz im Kontext von Führung & organisatorischer Veränderung – Eine qualitative Studie zur Relevanz im Führungsalltag“ klang an, was sie später als Führungskraft auszeichnen sollte: Emotional Leadership. Denn High Performance und somit Erfolg, beginnt für sie im Kopf des Einzelnen. 

 

Was ist die größte Herausforderung, vor der die deutsche Wirtschaft Ihrer Meinung nach aktuell steht?

Je nach Kontext sind die Herausforderungen vielfältig, um nicht zu sagen überwältigend. Als Vorstand eines IT-Unternehmens liegen mir Innovation und Digitalisierung besonders am Herzen, einige Branchen haben hier großen Nachholbedarf. Wir dürfen lernen, die starke deutsche Ingenieurstradition in moderne Netzwerke zu transferieren und sollten dabei nicht zu sehr auf alte Stärken vertrauen. Bildung spielt dabei eine große Rolle, denn die gesellschaftliche Schere wird sich durch New Work, neuartige Stellenbeschreibungen und veränderte Organisationen weiter vergrößern. Wenn auch das Wissen der Welt im Internet zu finden ist, bleibt der Zugang einigen verwehrt. Daher sollten wir wieder lernen zu lernen, sowohl im Hinblick auf Sozial-, wie auch Methoden- und Fachkompetenzen.

Welches Projekt in Ihrem Unternehmen begeistert Sie zur Zeit am meisten?

In der DNA der afb Application Services AG steckt Innovation und Digitalisierung. Daher begeistern mich die Projekte, in denen wir mit unseren Kunden an der Zukunft der Finanzbranche arbeiten und digitale Prozesse für eine optimale Customer Experience auf moderner Technologie kreieren. Persönlich begeistert mich meine Tätigkeit als Vorstand, weil ich Unternehmen als Organismen begreife, die einem permanenten Wandel unterzogen sind. Das finde ich spannend, insbesondere wenn ich Mitarbeiter inspirieren und meine Werte teilen darf.

Haben Sie ein Lebensmotto?

Keines, das sich in einem Satz ausdrücken lässt, dafür ist meine Persönlichkeit und meine Auffassung der Wirklichkeit wohl zu komplex. Zentrale Werte sind für mich Verantwortung, Freiheit, Nachhaltigkeit. Dies geht einher mit einer Begeisterung für Unternehmertum unabhängig von der jeweiligen Rolle im Unternehmen. Und nach 15 Jahren als Führungskraft umfasst mein Lebensmotto auch die Leidenschaft für emotionale und gleichzeitig effektive Führung. Unternehmen und Führungskräfte tragen gleichermaßen die Verantwortung, Unternehmen für einen maximalen Mitarbeiter- und Kundennutzen so zu transformieren, dass sie in Zeiten permanenter Veränderung resilient werden und bleiben.

Welches Buch oder welcher Denker hat Sie am meisten beeinflusst?

Ich bin zu vielseitig interessiert, um mich auf eine einzige Quelle zu stützen. Gleichzeitig bin ich begeistert von den modernen, digitalen Möglichkeiten der Bildung. E-Learning-Plattformen, Youtube, Podcasts und Hörbücher lassen sich unglaublich einfach in unseren Tagesablauf integrieren. So hole ich mir täglich 1-2 Stunden Inspiration und Wissen. Die Themen sind dabei vielfältig: von Mindset und Persönlichkeitsentwicklung über Entrepreneurship und Leadership bis hin zu Fachthemen rund um Finanzen und Personal.

Gibt es jemanden, dem Sie Ihr Unternehmen blind anvertrauen würden?

In meiner Vorstellung lebt ein Unternehmen als Organismus nicht ausschließlich vom Executive Level, sondern formt aus allen Mitarbeitern und Ressourcen ein flexibles Netzwerk. Den Führungskräften kommt dabei die besondere Aufgabe zu, das sensible Geflecht aus Mitarbeitern, Partnern und Lieferanten so zu stärken, dass sie selbst ersetzbar werden. Mein volles Vertrauen haben die Kollegen, die sich in die Gemeinschaft und die gemeinsame Vision mit voller Energie und Leistung einbringen. In meiner Abwesenheit kann ich blind darauf vertrauen, dass mein Vorstandskollege mich dann einbindet, wenn notwendig. Und wir ansonsten sehr gut „aligned“ sind.

Was für eine Art Chef sind Sie?

Selbstbild und Fremdbild sind bekanntermaßen recht unterschiedlich. Meine Mitarbeiter würden mich hoffentlich als streng, aber fair beschreiben. Im Sinne des „tough love“ bin ich hart in der Sache – unsere Ziele will ich ungeachtet aller Widerstände erreichen. Für das Wachstum des Unternehmens, des Teams und des Mitarbeiters bin ich bereit, Harmonie temporär zu opfern. Fordern und fördern gehen Hand in Hand und Wachstum entsteht immer außerhalb der Komfortzone. Dabei ist mir Menschlichkeit gleichzeitig wichtig, bezogen auf das Team wie auch den einzelnen Mitarbeiter. Steckt ein Kollege in einer persönlichen Krise, werde ich immer helfen, wenn ich kann.

Wann und wo kommen Ihnen die besten Ideen?

Wenn Wachstum außerhalb der Komfortzone entsteht, dann findet sich der „Flow“ meist innerhalb dieser Zone. Aus beiden Zuständen entstehen jedoch nicht zwangsläufig die besten Ideen. Unter immer gleichen Rahmenbedingungen auf dem Problem herumzukauen, hat mir bislang nicht geholfen. Stattdessen finde ich kreative Lösungen vor allem in entspannten Momenten und in Verbindung mit einem Tapetenwechsel. Sei es beim Ausflug in die Natur oder auf Reisen. Denn Arbeit ist für mich kein Gegensatz zum Leben, sondern integraler Bestandteil davon.

Die „Paralleluniversumsfrage“: Wenn Sie heute nicht in Ihrer jetzigen beruflichen Position wären, wo wären Sie dann?

Ich finde unglaublich viele Branchen, Unternehmen und Positionen spannend. Mich begeistert es, zu gestalten und zu verändern. In der afb habe ich dafür die Rahmenbedingungen gefunden. Es ist ein sehr persönliches Arbeiten, anders als in Konzernen sind hier die Menschen keine Stellenbezeichnungen. Und jeder darf und soll sich in die Prozesse und Produkte einbringen, damit wir jeden Tag 1% besser werden. Unter solchen Rahmenbedingungen kann ich gleichzeitig persönlich weiter wachsen, mein Warum teilen und Menschen inspirieren. Das ist für mich der wesentliche Bestandteil von Führung, als Vorbild zu agieren, Menschen in ihrer Entwicklung zu begleiten und den Weg zu weisen. Das gibt auch mir Antrieb und Orientierung.

Was würden Sie Ihrem 20jährigen Ich aus heutiger Sicht mit auf den Weg geben?

Geprägt durch Kindheit und Jugend standen für mich viele Jahre vor allem Leistung und Erfolg im Vordergrund, schließlich wollte ich „es zu etwas bringen“. Für ein erfolgreiches, selbstbestimmtes Leben habe ich zeitweise andere Lebensbereiche geopfert, z. B. Gesundheit, Beziehungen und Spiritualität. Rückblickend weiß ich, dass Erfolg viele Facetten hat und alle Lebensbereiche gleichwertig sind. Mit zunehmendem Alter und Erfahrung habe ich gelernt, auf den Prozess, Kollegen und meine Intelligenz zu vertrauen. Nicht alles erfordert sofortige Aufmerksamkeit und Aktion. Mein Rat wäre daher: Lerne deine Persönlichkeit und Einzigartigkeit kennen. Erkenne, was dich antreibt und glücklich macht. Und mach ab und an mal Pause.

 

Sabrina von Nessen ist Finanzvorstand der afb Application Services AG

 

 

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