
Ist Schönheit für Frauen im Berufsleben Vorteil oder Nachteil?
Viele Forscher behaupten pauschal, schöne Menschen hätten es leichter im Leben. Und in der Tat belegen Forschungen, dass attraktive Menschen im Leben Vorteile haben. Wissenschaftler sprechen vom sogenannten ‚Schönheitsbonus’, wonach attraktive Personen in vielen Lebensbereichen bevorzugt behandelt werden.
von Dr. Dr. Rainer Zitelmann
Studien zeigen, dass attraktive Menschen im Beruf oft höhere Gehälter erhalten und schneller befördert werden. Auch bei Bewerbungsgesprächen schneiden sie im Schnitt besser ab, selbst wenn ihre Qualifikationen gleich sind wie die von weniger attraktiven Personen. Im sozialen Bereich genießen Schöne mehr Sympathie und Vertrauen von anderen. Attraktivität, so sagen Forscher, werde oft mit positiven Eigenschaften wie Intelligenz, Kompetenz und Freundlichkeit assoziiert, was als ‚Halo-Effekt’ bezeichnet wird. Es gibt Forschungen, die zeigen, dass attraktive Menschen im Privatleben leichter Partner finden und längerfristig in glücklicheren Beziehungen leben können. Sie haben es in sozialen Interaktionen oft leichter, sich durchzusetzen oder andere zu überzeugen. In der Kindheit werden attraktive Kinder oft positiver bewertet und erhalten mehr Aufmerksamkeit von Lehrern. In der Justiz zeigen Studien, dass attraktive Angeklagte eher mildere Urteile bekommen.
Liegt Schönheit „im Auge des Betrachters“?
Aber was ist überhaupt schön? Ist das nicht ganz subjektiv? Forscher widersprechen: Menschen empfinden demnach weibliche Gesichter als schön mit makelloser Haut, Symmetrie, hervortretenden Wangenknochen und schmalen Wangen. Auch kindliche Proportionen der unteren Gesichtshälfte und große Augen werden als schön empfunden. Obwohl oft gesagt wird, Schönheit liege im Auge des Betrachters, sind sich laut zahllosen Studien die meisten Menschen ziemlich einig darin, was als schön empfunden werde und was nicht. Ja, es gebe Geschmacksunterschiede – manche fänden vielleicht blonde und andere brünette Frauen schöner, andere bevorzugten asiatische Typen oder dunkle Haut. Aber die Unterschiede in der Beurteilung der Attraktivität sind viel geringer, als es der Spruch ‚Schönheit liegt im Auge des Betrachters’ suggeriert.
Wenn Schönheit zum Nachteil wird
Die Forschungen, die pauschal behaupten, Schönheit sei ein Vorteil, widersprechen aber den Alltagserfahrungen vieler schöner Frauen. Viele schöne Frauen haben es schon erlebt, dass sie von weniger attraktiven weiblichen Vorgesetzten gemobbt oder zumindest benachteiligt wurden. Wie oft schon habe ich diese Geschichten gehört der Berufsalltag kann für eine schöne Frau damit zur Hölle werden! Und so wie bei allen Menschen, die irgendwie über den Durchschnitt herausragen, sind sie oft Opfer von Neid. Wenn andere Menschen in einem Bereich einen Pluspunkt haben, gibt man ihnen in anderen einen Minuspunkt, weil man unbewusst davon ausgeht, dass alle Menschen am Schluss doch irgendwie gleich seien. Das ist zwar unsinnig, aber so denken eben viele Menschen: Dem Reichen unterstellt man unethisches Verhalten, dem intelligenten Menschen Lebensfremdheit und der schönen Frau oder dem erfolgreichen Sportler, dass sie weniger intelligent seien.
Dass Schönheit für Frauen im Berufsleben auch ein Nachteil sein kann, belegen einige Studien. Interessant ist eine Doktorarbeit aus dem Jahr 2005 von Anke von Rennenkampff: „Aktivierung und Auswirkungen geschlechtsstereotyper Wahrnehmung von Führungskompetenzen im Bewerbungskontext.“ Durch insgesamt vier Studien belegte sie, „dass eine maskuline äußere Erscheinung zu einer besseren ‚Passung’ und damit zu einer Reduktion von geschlechtsstereotyper Wahrnehmung von Führungskompetenz führt, während die als gegeben betrachtete Passung zwischen Männern und Führungskompetenz durch eine feminine äußere Erscheinung reduziert wird“.
Für Männer, so zeigten ihre Studien, war es bei der Bewerbung um Führungspositionen vorteilhafter, wenn sie männlicher aussahen und von Nachteil, wenn sie femininer wirkten. Den Frauen empfahl die Wissenschaftlerin sogar, während des Bewerbungsprozesses feminine Aspekte der äußeren Erscheinung nicht zu betonen. Eine ältere Arbeit von Madeline E. Heilmann und Melanie H. Stopeck („Attractiveness and Corporate Success: Different Causal Attributions for Males and Females“) berichtete von einem Experiment: 113 Männern und Frauen wurde eine Seite zum Lesen gegeben, in der die Karriere eines Mannes oder einer Frau beschrieben wurde. In der Beschreibung hieß es, dass die Person mit 25 Jahren als Trainee begonnen habe und dann eine Karriere im Unternehmen bis zur Position eines Assistant Vice President gemacht habe. Die Person sei von Anfang an ehrgeizig gewesen und habe einen starken Willen, die Karriere fortzusetzen.
Unser Autor Rainer Zitelmann legt mit seinem neuen Buch eine spannende Abrechnung mit dem Gleichheitswahn vor – in der Tradition von Romanen wie „1984“ und „Brave New World“.
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Der Lebenslauf wurde jedoch variiert: Manche Versuchsteilnehmer bekamen die Information, dass die Person die Karriere in zehn Jahren gemacht hatte, was dem Durchschnitt von 10,6 Jahren entspreche. Anderen wurde gesagt, dass die Person die Karriere überraschend schnell in nur drei Jahren gemacht habe. Den Beschreibungen waren Fotos beigefügt, und zwar von Männern und Frauen, wobei das Foto des Mannes und der Frau jeweils eine unattraktive und eine attraktive Person zeigte. Die Teilnehmer wurden gebeten, auf einer 9-Punkte Skala anzugeben, welche Faktoren die Karriere der Person begünstigt hätten:
- Anstrengung/harte Arbeit
- „politisches“ Know-How
- Glück
- Bedeutende arbeitsbezogene Beziehungen zu höheren Stellen
- Bedeutende soziale Beziehungen zu höheren Stellen.
Ergebnis: Bei der attraktiven Frau meinten 29 Prozent der Teilnehmer, ihre Fähigkeiten seien der wichtigste Grund für den Aufstieg gewesen, bei der unattraktiven Frau sagten dies 63 Prozent. Bei den Männern war es umgekehrt: Über die attraktiven Männer sagten 50 Prozent, ihre Karriere sei auf ihre Fähigkeiten zurückzuführen, bei den unattraktiven Männern meinten das nur 35 Prozent. „Diese Daten belegen, dass Attraktivität negative Folgen für weibliche Führungskräfte haben kann, selbst wenn sie eindeutig erfolgreich waren und die Führungsebene erreicht haben. Ihr Erfolg wurde weniger auf ihre Fähigkeiten zurückgeführt, und sie wurden durchweg als weniger fähig eingeschätzt als unattraktive Managerinnen. Es schien also eine Abneigung dagegen zu bestehen, den Erfolg solcher Frauen als kompetenzbasiert zu akzeptieren. Vereinfacht ausgedrückt, glaubte man meist, dass sie aus anderen Gründen als ihren Fähigkeiten und/oder ihrem Talent dorthin gelangt waren, wo sie jetzt stehen. Diese Ergebnisse, die eine weitere Art und Weise dokumentieren, wie sich Attraktivität negativ auf Frauen in der Arbeitswelt auswirken kann, fügen sich auch in die wachsende Zahl der Literatur ein, die die negative Voreingenommenheit veranschaulicht, die durch Schönheit entsteht.“
Der Effekt zeigte sich jedoch nicht bei Männern. Wenn die Männer besser aussahen, wurde ihr Erfolg – anders als bei besser aussehenden Frauen und anders als bei weniger gut aussehenden Männern – stärker auf ihre Fähigkeiten zurückgeführt.
Stereotypen über schöne Frauen
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine weitere Arbeit von Madeline E. Heilman und Melanie H. Stopeck, „Being Attractivem Advantage or Disadvantage? Peformance-Based Evaluations and Recommended Personnel Actions as a Function of Appearance, Sex, and Job Type“. Das Experiment: Die Versuchspersonen bekamen Berichte über die Leistungen einer Person auf 12 Gebieten, die jeweils auf einer 5- Punkte Skala bewertet wurden. Unter dem Strich wurde jede Person mit der gleichen Punktzahl bewertet, so dass es im Leistungsniveau keinen Unterschied gab. Variiert wurden folgende Komponenten: Manchmal wurde den Versuchsteilnehmern entweder gesagt, die Person habe derzeit eine „Praktikumsplatz für Bürokaufleute“ oder habe, sie habe eine „Trainee-Stelle für Führungskräfte“, bei der die Vergütung 50 Prozent höher war. Unterschiedlich waren auch die den Bewertungsbögen beigefügten Fotos, die entweder eine attraktive oder eine unattraktive Frau bzw. einen attraktiven oder einen unattraktiven Mann zeigten. Die Versuchsteilnehmer wurden gebeten, die bisherige Leistung zu bewerten, eine Prognose über die künftigen Leistungen zu treffen und einen Vorschlag für die Gehaltsentwicklung zu machen.
Das Ergebnis: Wenn es um die untergeordnete Position als Büroangestellte ging, wurde bei Männern und Frauen der attraktiveren Person der Vorzug gegeben. Das künftige Potenzial wurde für die attraktivere Frau besser eingeschätzt als für die unattraktive. Wenn es jedoch um die höhere Position im Management ging, dann wurden die Leistungen und das künftige Potenzial der unattraktiven Frau besser eingeschätzt und es wurde auch eine größere Gehaltserhöhung vorgeschlagen. Die Leistungen der Männer wurden für die höhere Position wurden unabhängig vom Aussehen gleich gut eingeschätzt, bei der Prognose für die künftigen Leistungen hatten (anders als bei den Frauen), die attraktiveren Männer die Nase leicht vorne, für die auch eine größere Gehaltserhöhung vorgeschlagen wurde.
Ergebnis: „Diese Daten zeigen, dass identische Leistungsinformationen zu unterschiedlichen Bewertungen und Behandlungsempfehlungen führen können, je nach dem Aussehen einer weiblichen Angestellten. Darüber hinaus zeigen sie, dass die Auswirkungen des Aussehens nicht einheitlich sind: Attraktivität hat nachweislich sowohl eine positive als auch eine negative Wirkung auf berufstätige Frauen. Sowohl bei arbeitsbezogenen Beurteilungen als auch bei Personalmaßnahmen wirkte sich die Attraktivität im Allgemeinen vorteilhaft auf Frauen in nicht-leitenden Positionen aus, erwies sich aber stets als Belastung für weibliche Führungskräfte. Folglich unterstreichen die Ergebnisse die Grenzen des Arguments ‘was schön ist, ist gut’ und weisen drastisch auf die Fälle hin, in denen Attraktivität in der Arbeitswelt überhaupt nicht gut für Frauen ist.“
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Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Autor des Romans: „2075. Wenn Schönheit zum Verbrechen wird.“ Der Historiker und Soziologe war auch als Unternehmer und Investor erfolgreich. Er hat 30 Bücher geschrieben und herausgegeben, die in 35 Sprachen übersetzt wurden. Sein aktuelles Buch ist eine Dystopie gegen den Egalitarismus. Er ist nominiert für einen der prestigeträchtigsten Buchpreise der USA, den Hayek Prize 2025 des Manhattan Instituts.
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