
Bevor das letzte Porzellan zerdeppert wird: Alle Politikfelder auf Krisenmodus!
Die Rufe nach einem weiteren Aussetzen der Schuldenbremse werden im Suchen nach Wegen aus der Energiekrise deutlich lauter. Doch um eine Abmilderung der Energiekrise zu finanzieren, bieten sich zuerst noch andere Mittel. Als wohl letzter Wirtschaftsverband warnen wir Familienunternehmer davor, jetzt schon die Schuldenbremse zur Disposition zu stellen.
Von Reinhold von Eben-Worlée
Dieser Beitrag ist am 27.9.22, 17h, aktualisiert worden
Es ist verstörend, denn noch immer scheint die Regierung nicht in den Krisenmodus geschaltet zu haben. Seit Monaten versäumt sie es, die steigenden Energiekosten für die Unternehmen und Verbraucher durch einen klugen Energiemix abzumildern. Lieber wirft sie stattdessen mit Unterstützungsmilliarden um sich, als gäbe es kein Morgen.
“Was heute zu locker auf Pump ausgegeben wird, ist morgen in harter Währung zurück zu bezahlen”
Angesichts der steigenden Zinsen wäre es geradezu fahrlässig, jetzt schon die Schuldenbremse zu lockern. Was heute zu locker auf Pump ausgegeben wird, ist morgen in harter Währung zurück zu bezahlen. Und dies zu Zinssätzen, die heute noch gar nicht abzusehen sind. Anders als in den Jahren zuvor, gibt es Kredit nicht mehr zum Nulltarif. Gerade in der Krise ist daher sparsame Haushaltführung das Gebot der Stunde. Noch steigen sogar die Staatseinnahmen, nur eben langsamer als bisher.
Finger weg von der Schuldenbremse
Finger weg von der Schuldenbremse, bevor nicht alle Haushaltstöpfe gelehrt und bis zum letzten Euro ausgekratzt sind, in denen ungenutzt noch Milliarden Euro schlummern, die nicht abgerufen wurden oder nicht zeitnah gebraucht werden. Jede Ausgabe, jeder Sondertopf, jede Rücklage und jeder Haushaltsrest muss auf den Prüfstand.
Tag für Tag bangen die Unternehmer im Land um die Existenz ihrer Betriebe. Doch während die Wirtschaft jede existenzerhaltende Einsparmaßnahme im Versuch ergreift, den Winter zu überstehen, verschwenden Bund und Länder noch immer wertvolle Zeit mit Debatten statt Taten.
“Es ist geradezu wahnwitzig, wie die Länder die Verantwortung zur Finanzierung der dringend notwendigen Hilfen für die Wirtschaft ausschließlich an den Bund abschieben”
Auch die Länder könnten endlich etwas aus ihren enorm gestiegenen Steuereinnahmen dazu beitragen, die hohen Energiepreise für die Wirtschaft und die Verbraucher abzudämpfen. Bevor bei der Schuldenbremse das letzte Porzellan zerdeppert wird, müssen Bundes- und Landesregierungen ihre gesamten Politikfelder auf Krisenmodus umstellen. Dazu gehört auch, erst einmal in den Haushalten aller Ressorts sämtliche überschüssigen Reste zusammenzukratzen.
Es ist geradezu wahnwitzig, wie die Länder die Verantwortung zur Finanzierung der dringend notwendigen Hilfen für die Wirtschaft ausschließlich an den Bund abschieben. Und das auch noch nahezu einhellig. Dabei sitzen sie allesamt mit im dümpelnden Boot, auf dem am Horizont bereits sichtbar der gefährliche Wirbelsturm zurollt. Wenn unzählige Unternehmen im Land untergehen, sind es doch ihre Bürger, die dann ohne Jobs und Einkommen sein werden. Und das für unbestimmte Zeit. Doch wie gottergeben zeigen sie noch immer nur mit dem Finger auf den Steuermann und stellen Forderungen. Genau jetzt aber sollten sie sofort in die Riemen greifen, um mit gemeinsamen, kräftigen Schlägen noch möglichst weit aus der Gefahrenzone zu rudern.
In den Ländern schlummern noch stille Reserven
Es ist allerhöchste Zeit, in dieser Krise zusammenzurücken und gemeinsam zu überlegen, wie unsere Wirtschaft und damit der Wohlstand aller zu retten ist. Die Länder müssen ihren Teil dazu beitragen, schließlich kommt ihnen auch die Mehrheit der Steueraufkommen zu gute.
In den Ländern schlummern noch stille Reserven und gut gefüllte Corona-Sonder-Töpfe, die jetzt sofort gegen die Krise zu verwendet werden müssen. Solange die Länder noch auf freien Geldreserven sitzen, verbietet es sich für die Ministerpräsidenten Forderungen zur Aussetzung der Schuldenbremse im Bund zu stellen. Sie sollten jetzt in die eigenen Hände spucken und zielstrebig darangehen, jede dringend erforderliche Einsparmaßnahme in Ihren Ländern zu realisieren, anstatt Christian Lindner alleine gegen den Sturm rudern lassen.
“Eine schwere Zinslast birgt die Gefahr, uns alle in die Tiefe zu ziehen und somit die Grundlage für kommende Generationen zu vernichten”
Aussetzung der Schuldenbremse oder auf Pump finanzierte Nebenhaushalte sind nur eine vermeintliche Rettung und sollten nur die Ultima Ratio sein, wenn gar nichts anderes mehr geht. Sondervermögen auf Bundesebene wirken zwar bequem und verlockend für die Länderchefs. Als alleinige Rettungsschirme aber sind sie trügerisch. Finanzminister Christian Lindner sollte schnellstens eine Nachhilfestunde in Seenotrettung anbieten. Schulden gibt es nicht zum Nulltarif und sie wirken wie Ballast! Was heute teuer auf Pump finanziert wird, bringt unser Land früher oder später zum kentern. Eine schwere Zinslast birgt die Gefahr, uns alle in die Tiefe zu ziehen und somit die Grundlage für kommende Generationen zu vernichten.
Reinhold von Eben-Worlée, Geschäftsführender Gesellschafter der E.H. Worlée & Co. (GmbH & Co.) KG in Hamburg, ist Präsident des Verbands DIE FAMILIENUNTERNEHMER. Die Familienunternehmer in Deutschland beschäftigen in allen Branchen über 8 Millionen Mitarbeiter und erwirtschaften jährlich einen Umsatz in Höhe von 1.700 Milliarden Euro
Es wird höchste Zeit, dass Damen und Herren des Mittelstandes versuchen, Verantwortung für dieses Land zu übernehmen.
Die Laienspieler-Show der letzten 20 Jahre muss ein Ende haben, sonst wird dieses Land ruiniert.