![](https://ddwcdn.b-cdn.net/wp-content/uploads/2024/09/ai-generated-1200-pixabay-807x538.png)
„Space – The Free Market Frontier“: Ein visionäres Buch aus dem Jahr der Space X-Gründung
„Space. The Free Market Frontier“, heißt ein bemerkenswertes Buch, das auf einer Konferenz des libertären Cato Thinktanks in den USA im März 2001 basiert und 2002 erschien, also genau in dem Jahr, in dem Elon Musk sein Unternehmen Space X gründen und damit die Raumfahrt revolutionieren sollte. Es ist interessant, dieses Buch 22 Jahre später zu lesen und zu prüfen, wo die renommierten Autoren richtig lagen und wo sie irrten.
Von Dr. Dr. Zitelmann
Vorweg: Die Grundthese des Buches hat sich als richtig erwiesen. Die Zukunft liegt vor allem in der privaten Raumfahrt. Unternehmergeist und Kapitalismus haben die Raumfahrt aus der Sackgasse geholt, in die sie nach dem Ende des erfolgreichen Apollo-Programms geraten war.
![](https://ddwcdn.b-cdn.net/wp-content/uploads/2024/09/space.jpg)
Der zentrale Hemmschuh, so Robert W. Poole Jr., Gründer der Reason Foundation in seinem Beitrag, sei „der planwirtschaftliche Ansatz: die Annahme, dass Ingenieure und Regierungsplaner den einen besten Weg finden können, um Nutzlasten in den Weltraum zu befördern … und dass es einfach darum geht, genügend Mittel lange genug in das gewählte Modell zu stecken, damit es erfolgreich ist.“ (S. 58) Buzz Aldrin, der Pilot der Mondlandefähre von Apollo 11, kritisierte in dem Buch: „Der grundlegende Baustein des US Raumfahrtprogramms ist die Transportkapazität, die den Zugang zum Weltraum ermöglicht. Mit Ausnahme des Space Shuttles haben sich die amerikanischen Kapazitäten für den Zugang zum Weltraum in den letzten vier Jahrzehnten kaum verändert und es wurden keine Fortschritte bei der Lösung des größten Hindernisses für die Weltraumentwicklung erzielt – den hohen Kosten für den Zugang zum Weltraum.“ (S. 177)
Nachdem Ende des Shuttle-Programms folgte ein Tiefpunkt der amerikanischen Raumfahrt
Aber auch mit Blick auf das Shuttle-Programm war Ernüchterung eingetreten, zumal die zu Beginn des Programms versprochene Kostensenkung nicht eingetreten war. Tidail W. McCoy, Vorsitzender der Space Transportation Association, kritisiert in seinem Beitrag „die enormen Kosten für die Wartung des Shuttles, ganz zu schweigen von den Kosten für den Start allein, die jedes Mal fast 500 Millionen Dollar betragen“, was etwa 10.000 bis 12.000 Dollar pro Pfund Fracht pro Start entspreche. Die Kosten waren damit ähnlich hoch wie bei den Apollo-Flügen. Die Beförderung von einem Pfund Nutzlast war etwa zehn Mal teurer, als die optimistischen Vorhersagen prognostiziert hatten und jedenfalls nicht niedriger als bei den traditionellen, nicht wieder verwendbaren Raketen. Nachdem 1986 bei einem ersten Unfall mit dem Shuttle sieben Astronauten umgekommen waren, kamen 2003, also ein Jahr nach dem Erscheinen des Bandes, bei einem zweiten Unfall wiederum sieben Astronauten ums Leben. 2011 wurde das Shuttle-Programm eingestellt. Die folgenden neun Jahre markierten einen Tiefpunkt der amerikanischen Raumfahrt, weil die Amerikaner auf die Russen mit ihren alten Raketen angewiesen waren, um die Internationale Raumstation ISS anzufliegen.
In dem Jahr, in dem das Buch erschien, wurden die Projekte X 33 und X 34, die Kosten von über einer Mrd. Dollar verursacht hatten, eingestellt. Die X-33 war ein experimentelles Raumflugzeug, das in den 1990er Jahren von der NASA und Lockheed Martin als Prototyp für ein wiederverwendbares Raumtransportsystem namens VentureStar entwickelt wurde. Das Projekt wurde 2001 eingestellt, bevor es überhaupt flog. X-34 war ein unbemanntes Hyperschallflugzeug, das ebenfalls in den 1990er Jahren von der NASA entwickelt wurde, um kostengünstige wiederverwendbare Raumfahrttechnologien zu testen. Nach erfolgreichen Bodentests und mehreren Verzögerungen wurde es jedoch 2001 eingestellt 2001 eingestellt.„X-33 und X-34 haben beide gezeigt, dass die NASA bei der Auswahl der richtigen Technologien keine makellose Erfolgsbilanz vorweisen kann“, kritisierte Marx Schlather, Direktor des Senate Space Transportation.
Dann kam Musk und reduzierte die launch costs um 80 Prozent
Welche Alternative wurde in dem Buch genannt? Robert W. Poole schlug vor: “Anstatt die Spezifikationen eines neuen Trägerfahrzeugs bis ins kleinste Detail festzulegen … würden diese Regierungsbehörden einfach ihre Bereitschaft erklären, X Dollar pro Pfund für Nutzlasten zu zahlen, die beispielsweise in eine niedrige Erdumlaufbahn (LEO) gebracht werden. Mit anderen Worten: Anstelle des typischen staatlichen Vertragsmodells, das die cost-plus-Unternehmenskultur der Luft- und Raumfahrt-/Verteidigungsunternehmen nicht ändern konnte, würden die NASA und die anderen Regierungsbehörden mit Bedarf an Raumtransport Startdienstleistungen zukaufen“ (S. 63).
![](https://ddwcdn.b-cdn.net/wp-content/uploads/2024/01/rainer-zitelmann.jpg)
Genau dies geschah in den folgenden Jahren. 2002 gründete Elon Musk sein Unternehmen Space X und konzipierte seine Raketen in eigener Verantwortung, nicht mehr nach den engen Vorgaben und Spezifikationen der NASA. Musk lehnte die bis dahin üblichen „Cost Plus“-Programme ab, die letztlich einen Anreiz für die Unternehmen darstellten, die Kosten in die Höhe zu treiben, weil der Gewinn mit steigenden Kosten stieg. Musk verkauft, wie in dem Buch vorgeschlagen worden war, seine Dienstleistungen an die NASA zu einem Fixpreis. Damit war ein Anreiz gesetzt, Kosten zu sparen, und genau dies geschah dann auch. Während die launch costs etwa vier Jahrzehnte stagnierten, gelang Musk eine Reduktion um bisher schon 80 Prozent, und man kann vorhersagen, dass ihm weitere dramatische Kostensenkungen gelingen werden.
Damit war genau das gelungen, was Dana Rohrabacher, Vorsitzender des Unterausschusses für Luft- und Raumfahrt des Repräsentantenhauses, in seinem Beitrag vorhergesagt hatte: „Wir alle wissen, dass die Kosten für den Zugang zum Weltraum sehr hoch sind. Wir wissen auch, dass der Privatsektor immer wieder bewiesen hat, dass er die Kosten für Waren und Dienstleistungen senken und die Qualität steigern kann. Daher ist es nahe liegend, den Privatsektor so weit wie möglich einzubeziehen, um die Kosten für den Zugang zum Weltraum und die dortigen Unternehmungen zu senken.“ (S. 213)
Die große Zeit des Space Tourismus wird erst noch kommen
Doris Hamill, Philipp Mongan und Michael Kearney von dem Unternehmen SpaceHab hatten in dem Beitrag „Space Commerce: An Entrepreneurs´s Angle“ einen Paradigmenwechsel gefordert und richtig vorhergesagt: „Dieser Ansatz zur Gewinnung kommerzieller Nutzer erfordert nicht, dass die Raumfahrtagenturen Marktentwicklungsaktivitäten durchführen, ihre Auftragnehmer anweisen, Effizienzsteigerungen zu finden, die die Einnahmequellen der Auftragnehmer untergraben, oder Obergrenzen für die Höhe der Subventionen für die kommerzielle Forschung festlegen. Sie müssen lediglich zustimmen, kommerzielle Dienstleistungen zu erwerben, die ihren Forschungsbedarf innerhalb ihres Budgets decken. Der Rest erledigt sich von selbst.“ (S. 165) Genau so kam es dann auch. Natürlich enthält der Band neben vielen richtigen Vorhersagen auch Dinge, die nicht so eingetreten sind. So sagte Aldrin beispielsweise voraus, die Zahl der Satelliten, die in den Weltraum gebracht würden, werde nicht besonders stark steigen, weitaus wichtiger werde der Weltraum Tourismus werden. Wir wissen 22 Jahre später, dass es anders gekommen ist, aber auch in dieser Hinsicht gibt der Raumfahrt-Experte Eugen Reichl zu bedenken: „Nimmt man SpaceX heraus, dann hat sich Aldrin damals gar nicht so sehr verschätzt. SpaceX ist eine komplett eigene Liga und dem Raumfahrtbetrieb anderer Länder und Hersteller weit vorausgeeilt. SpaceX startet heute etwa zwei Drittel bis drei Viertel aller Satelliten weltweit und es sind meistens Starlinks. Derzeit bringt SpaceX mehr als 2000 Satelliten jährlich in den Orbit und darüber hinaus.
Was Aldrins Perspektive über den Space Tourismus betrifft, wird dessen große Zeit erst noch kommen. Hier hat vor allem Richard Branson mit dem SpaceShip2 die Branche in eine Sackgasse geleitet mit dem Hybrid-Triebwerk des SpaceShip1, die sich für das SpaceShip2 nur als bedingt skalierbar erwies. Es war schlichtweg das falsche Konzept. Außerdem gab es zwei schwere Unfälle mit insgesamt vier Toten.“
Doch die Argumente, die in dem Band für private Raumfahrt als attraktives Geschäftsfeld angeführt werden, sind durchaus grundsätzlich überzeugend. Es mag also sein, dass manches, was in dem Buch vorhergesagt wurde, erst noch kommt. Insgesamt zeigt der Band, dass sich der Paradigmenwechsel, der mit der Gründung von Space X eingeleitet wurde, schon vor der Gründung des Unternehmens richtig vorhergesagt wurde. „Was die Vereinigten Staaten brauchen“, schrieb Robert W. Poole Jr. damals, ‚ist eine Weltraumpolitik, die mit freien Märkten und einer begrenzten Regierung vereinbar ist“ (S. 62).
Diese Beitrag erschien zuerst in „Human Progress“
- New Space Thema beim „InnoNation“ Festival in Berlin
- Französisch-Deutsches Space Meeting in Berlin
- Warum Industrial Tech zum prägenden Treiber für den Standort Deutschland wird
Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Autor des Buches „Die 10 Irrtümer der Antikapitalisten“, das in 30 Sprachen übersetzt wurde. Er schreibt für Medien wie Wall Street Journal, National Interest, City AM, Neue Zürcher Zeitung und L’Express. Bücher und Seminare finden Sie hier
Schreibe einen Kommentar