
Stark durch Strategie: Wie der Mittelstand seine verborgenen Potenziale hebt
Es sind keine Einzelfälle mehr, sondern ein flächendeckendes Warnsignal: Immer mehr mittelständische Unternehmen geraten in wirtschaftliche Schieflagen, obwohl ihre Auftragsbücher voll sind.
Von Mike Kersting, Vorstand der SMK Group
In der Realität erleben wir heute eine paradoxe Lage: Die Nachfrage stimmt, aber die Strukturen halten nicht mehr stand. Das zeigt sich in überlasteten Lieferketten, steigenden Energie- und Betriebskosten, wachsender Fluktuation, schwankender Bonität und zunehmenden Risiken bei Investitionen und Finanzierungen.
Zugleich wachsen die Herausforderungen für Unternehmen rasant: ESG-Berichtspflichten, Cybersecurity-Vorgaben, Fachkräftemangel, volatile Energiemärkte und steigende regulatorische Komplexität treffen auf eine unternehmerische Landschaft, die zwar leistungsbereit, aber operativ oft überdehnt ist. Während Großunternehmen längst eigene Compliance- und Risikomanagementabteilungen aufgebaut haben, steuern viele Mittelständler noch auf Sicht – mit alten Verträgen, erstarrten IT-Strukturen und einem Tagesgeschäft, das selten Luft für strategische Korrekturen lässt.
Der entscheidende Hebel ist Risikokompetenz
Dabei ist der Mittelstand in Deutschland mehr als eine wirtschaftliche Säule – er ist das Rückgrat von Stabilität, Innovation und Beschäftigung. Doch genau dieses Rückgrat wird brüchig, wenn nicht gegengesteuert wird. Der entscheidende Hebel dafür ist Risikokompetenz. Es geht nicht nur um Absicherung – es geht um Steuerung. Unsere Analyse aus über 150 Unternehmensprojekten zeigt: Zwischen 20 und 30 Prozent der laufenden Kosten sind in vielen Betrieben reduzierbar – ohne einen einzigen Arbeitsplatz abzubauen.
“Auch in der Elektrotechnikbranche sieht es kaum besser aus. Die durchschnittliche Marge ist seit 2019 um 32 Prozent eingebrochen”
Ein Beispiel: In der Fensterbaubranche sind laut ifo-Institut die Bruttomargen seit 2019 um vier Prozentpunkte gefallen – das bedeutet für die Praxis einen erheblichen Rückgang Gleichzeitig stiegen die Materialpreise in manchen Bereichen um 30 bis 40 Prozent. In vielen Fällen konnten die Preise gegenüber Kunden aber nur um zehn bis fünfzehn Prozent angehoben werden. Hinzu kommt eine hohe Abhängigkeit von einzelnen Zulieferern: Laut dem Zentralverband des deutschen Handwerks berichten 65 Prozent der Betriebe von massiven Lieferschwierigkeiten bei Profilen, Glas oder Beschlägen.
Auch in der Elektrotechnikbranche sieht es kaum besser aus. Die durchschnittliche Marge ist seit 2019 um 32 Prozent eingebrochen, gleichzeitig kämpfen 68 Prozent der Unternehmen weiterhin mit Engpässen bei Chips, Steuerungstechnik oder sicherheitsrelevanten Komponenten. Nur 41 Prozent dieser Unternehmen verfügen über ein systematisches Risikomanagement. In der Holzbranche ist es sogar noch weniger. Die Folge: viele operieren reaktiv, kalkulieren auf Basis von Erfahrungswerten – und laufen Gefahr, ihre echten Schwachstellen zu übersehen.
Der Blick auf Risiken ist lückenhaft
Besonders teuer wird es, wenn digitale Risiken ins Spiel kommen. Laut Bitkom wurden 2023 über die Hälfte der mittelständischen Industrieunternehmen Opfer eines Cybervorfalls. In vielen Fällen ging es nicht nur um gestohlene Daten, sondern um Betriebsunterbrechungen mit Ausfällen von bis zu 30.000 Euro – pro Tag. Und obwohl diese Zahlen bekannt sind, verfügen viele Betriebe über keine ausgereiften Notfallpläne, keine Datensicherung außerhalb der Produktionsumgebung und keine Schulung für Schlüsselpersonal.
In unseren Whitepapern zu den Branchen Fensterbau, Elekrtronikbranche und der Holzbaubranche haben wir häufig die gleichen Muster erkannt: Der Blick auf Risiken ist lückenhaft, Entscheidungen werden aus dem Bauch getroffen, Versicherungen decken nicht das ab, was sie sollten – und gleichzeitig entstehen hohe Kosten für irrelevante Policen. Ein Betrieb aus der Elektrotechnik zahlte beispielsweise 90.000 Euro jährlich an Versicherungsprämien. Nach einer strukturierten Überprüfung blieben 60.000 Euro – bei besserer Absicherung von Projektrisiken und Ausfallkosten. Ergebnis: 30.000 Euro Einsparung, plus Risikobewusstsein.
Es braucht einen neuen Blick auf das Unternehmen
Was es jetzt braucht, ist keine neue Software oder ein weiterer Fördertopf. Es braucht einen neuen Blick auf das Unternehmen. Auf die stillen Kosten. Auf die versteckten Risiken. Und auf die verschenkten Chancen. Denn Resilienz ist keine Funktion von Größe – sondern von Struktur. Wer jetzt gezielt investiert, stärkt nicht nur seine Sicherheit, sondern auch seine Bonität, seine Innovationsfähigkeit und seine Marktstellung und damit seine Zukunftsfähigkeit.
Dazu gehört, dass Unternehmen zunächst ihre Risiken für sich selbst sichtbar machen – durch ein unternehmensweites Risikoinventar, das nicht auf Intuition, sondern auf strukturierter Bewertung basiert. Es gehört ebenso dazu, dass bestehende Versicherungsverträge in regelmäßigen Abständen geprüft werden – nicht nur im Schadensfall, sondern alle ein bis zwei Jahre durch unabhängige Experten, die Lücken schließen und unnötige Prämien vermeiden helfen. Zugleich müssen Lieferketten und IT-Infrastrukturen widerstandsfähiger werden: durch Redundanzen, Notfallpläne, alternative Partner und dokumentierte Prozesse. Mindestens ebenso wichtig ist der strategische Blick auf Liquidität und Bonität – mit digitalen Tools zur Planung, aktueller BWA-Struktur und proaktivem Bankendialog. Und zuletzt, aber entscheidend: Wer seine Belegschaft nur verwaltet, wird sie verlieren. Betriebe, die gezielt in Weiterbildung, Entwicklungsperspektiven und flexible Modelle investieren, profitieren doppelt – sie senken Fluktuationskosten und stärken ihre Attraktivität in einem umkämpften Arbeitsmarkt.
Jetzt ist der Moment für entschlossenes Handeln. Nicht für hektischen Aktionismus, sondern für kluge Steuerung. Wer heute versteht, wo Risiken entstehen, kann morgen souverän entscheiden. Der Mittelstand hat die Substanz – er braucht nur den Mut, seine Struktur neu auszurichten.
Die vollständigen Whitepaper stehen hier kostenfrei zum Download bereit:
Drei Kostenfallen. Kurzstudie für die Fensterbaubranche
Drei Kostenfallen. Kurzstudie für die Schreiner-/ Holzbranche
Drei Kostenfallen. Kurzstudie für die Elektro-/Sicherheitsbranche
Mike Kersting ist Vorstand der SMK Group. Die SMK Group mit Sitz in Gießen berät mittelständische Unternehmen aus Handwerk, Technik und Industrie bei der Identifikation und Bewältigung unternehmerischer Risiken. Mit einem interdisziplinären Team aus Versicherungs- und Unternehmensberatern, IT-Experten und Transformationsspezialisten bietet SMK umfassende Lösungen für ein zukunftsfähiges, wirtschaftlich stabiles und digital aufgestelltes Mittelstandsökosystem. www.smk-group.de
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