Stimmung besser, Prognose mau

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Uneinheitlich zeigen sich die aktuellen Konjunkturerwartungen. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich zwar laut ifo Geschäftsklimaindex zum fünften Mal in Folge gebessert. Doch Unsicherheit, Inflation und hohe Energiekosten belasten weiterhin den Aufschwung: Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) rechnet für 2023 mit einem Wirtschaftswachstum von lediglich ¼ Prozent.

Der ifo Geschäftsklimaindex ist im März auf 93,3 Punkte gestiegen, nach 91,1 Punkten im Februar.  Treiber der Aufwärtsentwicklung waren vor allem die Erwartungen der Unternehmen. Aber auch die laufenden Geschäfte beurteilten die Firmen etwas besser. Trotz der Turbulenzen bei einigen internationalen Banken stabilisiert sich die deutsche Konjunktur.

Der ifo Geschäftsklimaindex im März im Detail:

  • Im Verarbeitenden Gewerbe ist der Index deutlich gestiegen. Die Unternehmen waren merklich zufriedener mit der aktuellen Geschäftslage. Zudem ist der Pessimismus bei den Erwartungen nahezu verschwunden. Insbesondere in Schlüsselbranchen wie Autoindustrie, Chemie, Elektroindustrie und Maschinenbau verbesserte sich die Stimmung deutlich.
  • Im Dienstleistungssektor hat sich die Aufwärtsbewegung des Geschäftsklimas fortgesetzt. Die laufenden Geschäfte entwickelten sich deutlich besser. Der Erwartungsindex stieg auf den höchsten Wert seit Februar 2022. Mehr Dienstleister erwarten steigende Umsätze.
  • Im Handel ist der Index leicht gestiegen. Die Erholung der vergangenen Monate hat sich verlangsamt. Die Indices zu den Erwartungen und zur Geschäftslage legten beide etwas zu. Im Einzelhandel zeigte sich jedoch kaum Bewegung. Dort sind weiterhin viele Unternehmen pessimistisch für die kommenden Monate.
  • Im Bauhauptgewerbe hat sich das Geschäftsklima verbessert. Dies war auf weniger pessimistische Erwartungen zurückzuführen. Die Baufirmen bewerteten ihre aktuelle Geschäftslage jedoch etwas schlechter.

Schmales Wirtschaftswachstum prognostiziert

Auch das Krisenjahr 2022 hat die deutsche Wirtschaft besser überstanden als zunächst befürchtet, meldet zudem das Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Doch Unsicherheit, Inflation und hohe Energiekosten belasten den Aufschwung: Für 2023 rechnet das Institut mit einem Wirtschaftswachstum von lediglich ¼ Prozent.

„Wir stehen vor einer neuen Zeit der Stagflation“

Nach dem ersten Schock habe sich Deutschland 2022 an die Folgen des Ukrainekriegs angepasst. Doch die Folgen – hohe Preise, gestiegenes Zinsniveau, geopolitische Unsicherheit und jetzt auch Finanzmarktprobleme – bilden eine neue Normalität. Sie trüben das Investitionsklima und setzen den Wirtschaftsstandort Deutschland unter Druck. Für 2023 prognostiziert das IW daher ein schmales Wirtschaftswachstum von ¼ Prozent. „Die Wirtschaft hat die Krise besser bewältigt, als wir es im vergangenen Jahr hätten hoffen können“, sagt IW-Konjunkturexperte Michael Grömling. „Die große Erholung bleibt 2023 dennoch aus. Wir stehen vor einer neuen Zeit der Stagflation“.

Inflation bleibt hoch

Das liegt vor allem an den hohen Energiepreisen. Die gewaltigen Schwankungen aus dem vergangenen Sommer sind zwar abgeebbt, allerdings liegen die Preise immer noch ein Vielfaches über denen der Vorkrisenzeit. Das treibt die Inflation an. Zweistellige Inflationsraten wie 2022 dürften sich nicht wiederholen, die Niedriginflationsphase ist allerdings auch Geschichte. Für 2023 rechnet das IW mit einer Inflation von sechs Prozent. Damit ist auch eine Rückkehr zu einer Politik des günstigen Gelds unwahrscheinlicher. Gestiegene Finanzierungskosten verteuern deshalb Investitionen noch mehr.

Die Ergebnisse der IW-Konjunkturprognose im Detail:

  • Die Bauwirtschaft bekommt mehrere Probleme zu spüren: Die Finanzierungskosten steigen, Material ist knapp, entsprechend wenig bauen die Deutschen. Für 2023 prognostiziert das IW das dritte Rezessionsjahr in Folge. Die Bauinvestitionen geben um drei Prozent nach, beim Wohnungsbau geht das IW sogar von einem Rückgang von 3 ½ Prozent aus.
  • Energieintensive Industrien mussten ihre Produktion stark zurückfahren, in der Chemieindustrie brach sie 2022 um fast 30 Prozent ein. Anhaltend hohe Energiepreise belasten die Firmen noch immer. Dazu kommen über alle Branchen hinweg Lieferkettenprobleme. Für 2023 erwartet das IW deshalb nur einen leichten Aufschwung bei der Industrieproduktion.
  • 2022 profitierte die Wirtschaft noch vom privaten Konsum. Gestützt durch private Ersparnisse aus den Corona-Jahren und staatliche Entlastungen gaben die Haushalte so viel wie lange nicht für Urlaub und Freizeit aus. In diesem Jahr dürfte der Staat deutlich weniger unterstützen, die privaten Ersparnisse sind aufgezehrt. Die realen Konsumausgaben werden 2023 deshalb ½ Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen.
  • Auch aus der Weltwirtschaft gibt es keinen Rückenwind. Geopolitische Spannungen und protektionistische Tendenzen belasten den Welthandel: Die IW-Auslandsprognose geht von einem Wachstum der globalen Handelsströme von gerade einmal einem Prozent aus. Auch die Weltwirtschaft wird nur um zwei Prozent wachsen.

Investitionen bleiben aus

Schon aus den Coronajahren haben die deutschen Unternehmen einen gewaltigen Investitionsstau mitgenommen. Energiepreise, Inflation und Unsicherheit dürften ihn weiter verlängern. „Wenn Investitionen zu lange ausbleiben, droht eine strukturelle Schädigung der ganzen Volkswirtschaft“, sagt IW-Ökonom Michael Grömling. „Steuerlast, Energiekosten und Fachkräftemangel sind schon heute Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft. Wir müssen zusehen, dass nicht noch Weitere dazukommen. Die Politik muss jetzt dringend die Investitionsbedingungen verbessern.“

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Bild oben: Imago

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