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Trotz Frührente arbeiten
Seit Jahresbeginn dürfen Frührentner unbegrenzt hinzuverdienen. Auch wenn die Rente nicht gekürzt wird, die Abgabenbelastung des Hinzuverdiensts unterscheidet sich teilweise stark. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, wer wie stark belastet wird.
In Frührente gehen und trotzdem weiterarbeiten: Seit Beginn des Jahres 2023 dürfen Frührentner unbegrenzt viel verdienen, ohne dass Geld von der Rente abgezogen wird – die sogenannte Hinzuverdienstgrenze ist damit Geschichte. Die Bundesregierung hofft so, mehr Erwerbstätige im Job zu halten, um den Fachkräftemangel abzuschwächen. Doch weil die Rente steuerpflichtiges Einkommen ist, muss auf sie Einkommensteuer gezahlt werden. Rente und Gehalt werden daher zusammengerechnet, nach dem Gesamtbetrag berechnet sich die Steuer. Dadurch steigt für weiterarbeitende Frührentner die Abgabenlast. Wer als Single etwa 15.000 Euro Rente im Jahr bezieht und 25.000 Euro hinzuverdient, hat Abgaben von 38,4 Prozent auf diesen Hinzuverdienst. Ohne Rente läge die Steuerbelastung dieses Gehalts bei 26,6 Prozent, wie eine neue IW-Studie zeigt.
Das Ende der Hinzuverdienstgrenze
Bis 2019 betrug die Hinzuverdienstgrenze für Rentnerinnen und Rentner vor Erreichen der Regelaltersgrenze pro Jahr 6.300 Euro. Nach Erreichen der Regelaltersgrenze war und ist der Hinzuverdienst unbegrenzt. Einkommen, welches die Grenze von 6.300 Euro überstieg,
wurde zu 40 Prozent von der Rente abgezogen. Zusätzlich gab es einen Hinzuverdienstdeckel, der sich am höchsten Einkommen der 15 Jahre vor Renteneintritt bemisst. Dahinter stand die Idee, dass die gesetzliche Rente das Arbeitseinkommen im Ruhestand ablösen soll. Während der Corona-Pandemie wurde die Hinzuverdienstgrenze zunächst im Jahr 2020 auf 44.590 Euro und bis 2022 weiter bis auf 46.060 Euro angehoben. Die Bundesregierung fürchtete, dass wegen der pandemischen Gefahrenlage ältere Beschäftigte vermehrt vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden würden. So sollten Anreize für eine Fortführung oder Wiederaufnahme einer Beschäftigung gesetzt werden. Vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Fachkräftemangels entfällt die Grenze zum 1. Januar 2023 ganz.
Nur 42 Prozent der Rentner gehen mit Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente
Im Jahr 2021 traten von den 858.000 neuen Rentnerinnen und Rentnern, die eine Altersrente beziehen, mehr als die Hälfte vorzeitig – also vor Erreichen der Regelaltersgrenze von damals 65 Jahren und 10 Monaten – in den Ruhestand (Deutsche Rentenversicherung, 2021). 31 Prozent konnten abschlagsfrei in Ruhestand treten, weil sie 45 Versicherungsjahre erreicht hatten und aufgrund dessen bis zu zwei Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze ihre Rente ohne Abzüge beziehen können.
21 Prozent entschieden sich für einen vorzeitigen Renteneintritt mit Abschlägen. Dies ist möglich, wenn 35 Versicherungsjahre erreicht sind. Für jeden Monat vorzeitigen Rentenbezug müssen diese Rentnerinnen und Rentner allerdings einen Abschlag von 0,3 Prozent auf ihre bis dahin erreichte Anwartschaft hinnehmen. 6 Prozent der Altersrenten werden von Personen mit Schwerbehinderung bezogen, deren Altersgrenze stufenweise auf 65 Jahre steigt. Damit traten im Jahr 2021 lediglich knapp 42 Prozent der Neurentnerinnen und -rentner, welche eine Altersrente bezogen, frühestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente. Der Wegfall der Hinzuverdienstgrenze soll die langjährig und besonders langjährig Versicherten nun dazu motivieren, ihre Erwerbstätigkeit weiterzuführen, selbst wenn sie bereits eine Rente beziehen.
Ehepaare kommen am besten weg
Generell lohnt es sich seit Januar finanziell immer, ein arbeitender Frührentner zu sein – allerdings sinkt der Arbeitsanreiz durch die höhere Abgabenlast. Denn je nach Rentenhöhe, Gehalt und Familienstand steigt die Abgabenlast unterschiedlich stark. Die Berechnungen zeigen, dass ein Single mit einer Rente von 25.000 Euro jährlich und einem Hinzuverdienst von 100.000 Euro im Schnitt 46 Prozent Steuern zahlt – Spitzenwert in der IW-Auswertung. Besonders günstig kommen dagegen Ehepaare weg: Aufgrund des Ehegattensplittings profitieren sie ohnehin steuerlich, der Wegfall der Hinzuverdienstgrenze ändert daran nichts. In keinem der untersuchten Szenarien steigt die Abgabenlast für Ehepaare über 40 Prozent.
Effekt für den Arbeitsmarkt zweifelhaft
2027 will die Bundesregierung Bilanz ziehen. Ob die Neuerung tatsächlich den Fachkräftemangel abmildern kann, ist zumindest zweifelhaft. „Wer sich nach 45 Jahren Arbeit bisher entschieden hat, weiterzuarbeiten, kann nun Rente und Arbeitseinkommen beziehen“, sagt Studienautor und IW-Steuerexperte Martin Beznoska. „Das zusätzliche Geld wird mitgenommen, die hohe Abgabenlast wird bei der Überlegung keine Rolle spielen. Und wer vor Erreichen der Regelaltersgrenze weniger arbeiten möchte, wird auch in Zukunft vermutlich eher den Minijob wählen.“ Die Neuregelung werde es nicht schaffen, die Schäden am Arbeitsmarkt, die durch die „Rente mit 63“ verursacht werden, auszugleichen.
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