Tuschelthema Inflation
In der deutschen Wirtschaft gibt es derzeit ein Tuschelthema. Eines, das keiner laut ausspricht, weil es wirklich gegen jede gute Sitte ist. Es heißt: Es lebe die Inflation.
von Oliver Stock
Die offizielle Denkweise geht so: Bis zur Einführung des Euro haben die Südländer ihre Wettbewerbsnachteile weginflationiert, während die Deutschen tapfer gespart und auf Forschung und Innovation gesetzt haben. Anders waren ihre Produkte im Ausland unter den Bedingungen der harten D-Mark nicht verkäuflich. Nun jedoch hat der südliche Schlendrian den ganzen Euroraum ergriffen und die Inflation macht hierzulande alles teurer.
„Deutsche Auto- und Maschinenbauer profitieren derzeit wie noch nie vom schwachen Euro“
Tatsächlich ist es so: Deutsche Auto- und Maschinenbauer profitieren derzeit wie noch nie vom schwachen Euro. In Zeiten weltweit steigender Inflation gibt der günstige Wechselkurs zum Euro im Ausland den Ausschlag, auf Qualität „Made in Germany“ zu setzen. Die jüngsten Quartalszahlen zeigen, dass sich die Gewinne der deutschen Industrieunternehmen ordentlich entwickeln. Das liegt daran, dass ein Großteil der Wertschöpfung bei den Unternehmen stattfindet und Kosten für Grundstoffe nicht so sehr ins Gewicht fallen, aber der Export brummt.
Der größte deutsche Chipbauer Infineon hat im vergangenen Jahr, als man das Thema noch ansprechen durfte, freimütig eingeräumt, dass ihm jede Abwertungsrunde des Euros gegenüber dem Dollar eine Veränderung beim Quartalsumsatz von rund 15 Millionen Euro bringt. So eine Rechnung liegt allerorten in der Schublade. Nur spricht niemand darüber. Es würde sich ja sonst so anhören, als könnte man dem Schlendrian etwas abgewinnen.
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Oliver Stock ist Chefredakteur des „WirtschaftsKurier“ sowie Herausgeber von „Markt und Mittelstand“, die beide in der WEIMER MEDIA GROUP erscheinen. Der studierte Volkswirt und Historiker sowie Autor mehrerer Bücher und Blogger kennt die Welt der Politik, der Wirtschaft und der Unternehmen von beiden Seiten: Als Journalist arbeitet der 1965 in Hannover geborene Stock auch für focus online, die Schweizer Weltwoche und den Börsianer aus Wien. Er hat aber auch viele Jahre seines Berufslebens „auf der anderen Seite des Schreibtischs“ verbracht: als Sprecher in der Politik und von Konzernen.
Also infineon produziert im Ausland…planen sogar eine neue Fabrik jetzt für 2 Mrd. in Malaysia. Dort wird meiner Meinung nach in Dollar gerechnet. Wenn die jetzt von dort nach EU importieren und in Euro umrechnen müssen, ist es natürlich teuer für Infineon und ein schwacher Euro macht den Import der Chips in die EU günstiger. Würde Infineon aber in der EU produzieren, würden Sie jetzt weinen…
Anders herum wird ein Schuh draus. Der schwache Euro verteuert die Importe in die EU, die in US $ gerechnet werden.
Johann Beckers, Köln