Unter weißen Segeln

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Unternehmer und ihre Tourismus-Träume: Der schwedisch-monegassische Reeder Mikael Krafft hatte mit Immobilien- und Ölgeschäften bereits einiges erreicht, als der Segelfan 1989 mit der Star Flyer erstmals seit 1910 wieder einen klassischen Passagier-Segler bauen ließ. / Aus unserer Rubrik Stilvoll Reisen

Der erste war er damit nicht, reist doch die Hamburger Sea Cloud seit 1979 in die schönsten Häfen der Welt. Doch Kraffts Star Clipper richtet sich mehr an Nostalgiker als an Gäste, die ein Luxuserlebnis suchen.

Herr der Weltmeere: Unternehmer Mikael Krafft

Star Flyer: Eine Reise auf dem höchsten Rahsegler der Welt

Die Star Flyer ist ein imposanter Viermaster, der 1991 von Star Clippers in Dienst gestellt wurde. Als Rahsegler – genauer gesagt ein Barkentine – bietet das klassische Schiff Platz für 170 Passagiere und ragt mit einem Mast von 69 Metern Höhe über die Meere. Gemeinsam mit ihrem Schwesterschiff, der Star Clipper, gehört sie zu den höchsten Segelschiffen der Welt. Vorlage des zuletzt 1910 gebauten Schiffstyps waren in Vereinigten Staaten entstandene schnelle Segelschiffe mit einem scharf geschnittenen Bug und eine im Verhältnis zur Schiffslänge geringe Breite. Damit erreichten diese Segler sehr hohe Geschwindigkeiten und wurden schnell ein internationaler Erfolg, mit vielen baugleichen Schiffen, auch in Europa. Neben den deutschen Sea Cloud-Schiffen sind sie die einzigen klassischen Rahsegler, die ein komfortables Reiseerlebnis bieten, im Gegensatz zu den traditionellen Segelschulschiffen, bei denen man in Kojen schläft und aktiv an Bord arbeiten muss. Bei den Star Clippers-Schiffen ist das nicht der Fall: Passagiere müssen nicht mit anpacken, können aber, wenn man möchte, unter Anleitung der Crew an den Seilen ziehen oder den Mast erklimmen.

Abends beim Segel setzen auf der Star Flyer

Eine Reise zurück in die goldene Ära der Segelschifffahrt

Eine Reise auf der Star Flyer gleicht einem Schritt zurück in die Vergangenheit. Zu den besonderen Momenten gehört das tägliche Setzen der Segel, begleitet von der stimmungsvollen Musik von Vangelis‘ Conquest of Paradise. Die Atmosphäre an Bord ist entspannt: Teakdecks, freundliche Crewmitglieder in maritimer Uniform und das Plätschern des Wassers unter den Netzen am Bugspriet wirken noch immer wie aus der deutschen Fernsehserie „Unter weissen Segeln“ die Anfang der 2000er Jahre hier gedreht wurde.

Segeln mit Komfort

Die Star Flyer verfügt über Motoren, doch sobald die Wetterbedingungen es zulassen, werden die Segel gesetzt, und das Schiff nutzt allein die Kraft des Windes. Die imposanten 3.300 Quadratmeter Segelfläche bringen das Schiff auf eine Geschwindigkeit von 8 bis 10 Knoten, mit einer Höchstgeschwindigkeit von 17 Knoten unter Segeln. Rund ein Drittel der Fahrzeit kommt die Star Flyer komplett ohne Motor aus. Besonders eindrucksvoll ist es, an Deck zu stehen und mitzuerleben, wie das Schiff geräuschlos durch die Wellen gleitet.

Unter Deck auf der Star Flyer

Unter Deck

Es gibt einige wenige Kabinen auf dem Promenadendeck, die über eine Größe verfügen, dass man sich gerne darin aufhält. Die überwiegende Zahl der Kabinen liegt unter Deck, und man muss Komforteinbußen in Kauf nehmen. Ein Bullauge gibt Tageslicht, und der zweite Gast muss ins Doppelbett krabbeln, da es an der Wand steht. Wir spüren den Charme eines englischen Landhotels aus den 1990ern. Den Star Clipper-Gast scheint das nicht zu stören, und die freundliche Crew und das Angebot machen es leicht, auch wirklich nur zum Schlafen in die Kabine zu gehen. Ins Kalkül ziehen muss man auch, dass die Reise beim Luxus-Konkurrenten Sea Cloud mindestens das Doppelte kostet.

Gemeinschaft an Bord

Die Gäste teilen die Liebe zum Segeln teilen, und so waren die meisten, mit denen wir sprachen, Wiederholungstäter. Ein amerikanischer Tischpartner gestand uns, es sei seine vierzigste Fahrt mit Star Clippers. Die lockere Atmosphäre sorgt schnell dafür, dass Fremde zu Freunden werden, auch weil das Publikum recht gemischt ist: Amerikaner, Engländer und Kontinentaleuropäer zwischen 60 und 70 bilden die Mehrheit, doch es ist auch eine größere Familie an Bord, vom Enkel bis zum Großvater. Ganz so elegant, wie das schwere Interieur vermuten lässt, geht es nicht zu auf der Star Flyer. Man macht sich für den Abend einigermaßen zurecht, im Sakko kommt leider kaum jemand.

Nice Touch: Um den vielen Fragen nach dem Abendessen aus dem Weg zu gehen kann man sich beim Aperitif an der Bar schon anschauen was es gibt.

Kulinarik an Bord

Star Clippers ist ein All-inclusive-Konzept mit Vollpension, sodass nur die Tischgetränke abseits von Wasser und Kaffee als Extras auf die Rechnung kommen. Dabei ist es beeindruckend, was die Küchencrew an Bord leistet. Es gibt keine Tischzeiten, jeder kann kommen, wann er mag, und auch alle gleichzeitig. Das kulinarische Angebot ist riesig. Mittags und abends sind es täglich vier bis fünf Hauptgerichte zur Auswahl, alle in toller Qualität. Man hat in den letzten 35 Jahren nichts verändert, was wir unter dem Motto „Schuster bleib bei deinen Leisten“ nicht falsch finden, wer jedoch moderne, zeitgemäße Küche erwartet, ist hier definitiv falsch. Tischweine sind moderat bepreist, sodass bereits eine gute Flasche mit nur 25 Euro zu Buche schlägt. Einmal in der Woche gibt es ein stimmungsvolles BBQ am Strand.

Blick auf Antigua

Routen und Reiseziele

Im Sommer kreuzt die Star Flyer im Mittelmeer und steuert malerische Küstenorte wie Cannes, Monaco oder Rom an. Im Winter verlegt man sie in die Karibik, für uns eine perfekte Gelegenheit, dem nasskalten Dezemberwetter in Deutschland zu entkommen. Dabei bietet das Segelschiff den Vorteil, fast wie eine private Yacht auch kleinere Häfen oder Strände anzusteuern, die nur per Tenderboot erreichbar sind. Für uns ging es in die östliche Karibik, nach St. Maarten, Dominica, Îles des Saintes, Guadeloupe, Antigua und St. Barth, wo wir Karibikflair gepaart mit holländischen, französischen und englischen Einflüssen kennenlernen konnten. Die größte Überraschung war dabei St. Maarten, das wir besonders für einen entspannten, unprätentiösen Familienurlaub mit unschlagbar blauem Wasser und mehlfeinem weißen Sandstrand ans Herz legen wollen, doch auch Antigua bietet eine tolle Mischung aus mondänem Yachthafen und verschlafenem Inselflair. Traumstrände sind immer inklusive.

Wo es nichts zu sehen gibt außer Strand und Meer, da steht die Crew der Star Flyer mit Equipment bereit: Schnorcheln, Kajak, Paddle Board, Wakeboard oder Wasserski ist immer ohne Aufpreis möglich. Leider war das junge Sportteam nicht sehr interaktiv mit ihren Gästen.

Zweimal im Jahr überquert das Schiff den Atlantik, was für viele Segelbegeisterte ein besonderer Reiz ist. Während des Grand Prix von Monaco ankert die Star Flyer überdies vor der Küste und bietet den besten Blick auf das Rennen.

Herausforderungen des Segelns

Das Segeln bringt jedoch auch seine Herausforderungen mit sich. Bei rauer See oder ungünstigen Wetterbedingungen kann es zu Verspätungen oder Ausfällen kommen, und die Bewegungen des Schiffes sind stärker spürbar als auf großen Kreuzfahrtschiffen. Reisende sollten daher seetauglich sein. Bedauerlich an unserer Tour fanden wir, dass insgesamt wenig Zeit vor Anker war. Trotz kurzer Reisewege zwischen den einzelnen Stationen ging es noch vor dem Abendessen in Schleichfahrt zur nächsten Etappe sodass wir einige unruhige Nächte auf See hatten wo wir eigentlich in unter vier Stunden am Ziel hätten sein können. Uns wurde gesagt, dass u.a. hohe Ankergebühren ein Grund seien, nicht länger zu verweilen.

Was man wissen muss

Die Star Flyer hat sich seit Indienststellung 1991 nicht verändert. Die kleinen Kabinen sind etwas für Nostalgiker, und es wirkt schon sehr aus der Zeit gefallen, wenn mit Klirren die Neonröhren angehen. Auch statt des winzigen Fernsehers und DVD-Players gibt es heutzutage wirklich andere Lösungen. Vor allem beim Internet fühlen wir uns in die 1990er zurückversetzt: Seit diesem Jahr verfügen zwar alle drei Star Clipper-Schiffe über Starlink-Internet, die Datenpakete sind jedoch so teuer, dass Remote Work kaum möglich ist. Man muss sich also wirklich bewusst für das „Disconnecten“ entscheiden bzw. sich das „Disconnecten“ auch beruflich leisten können.

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