„Märkte kommen und gehen“

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Professor Dr. Bernd Venohr ist der Kopf hinter der neuen Online-Version „Lexikon der Weltmarktführer“ auf DDW. Der renommierte Experte beschäftigt sich seit fast 15 Jahren mit Weltmarktführern. Zum Start des neuen Rankings gibt er eine Einschätzung über die Bedeutung einer Weltmarktführerposition.

Herr Professor Venohr, das Lexikon der Weltmarktführer stellt die rund 1.500 wichtigsten Vertreter in Deutschland dar. Welchen Anteil haben deutsche Unternehmen bei den Weltmarktführer insgesamt?

Es existiert eine Schätzung, in der die weltweite Anzahl von mittelständisch geprägten Weltmarktführern auf 2.700 Unternehmen beziffert wird. Von diesen sollen fast fünfzig Prozent in Deutschland beheimatet sein. In meinen Augen ist die Gesamtzahl der Weltmarktführer allerdings zu niedrig, da es weltweit ca. 3.000 Industrien gibt, auch wenn diese nicht alle global organisiert sind. Aus diesem Grund sehe ich den Anteil deutscher Unternehmen mit Weltmarktführerposition eher bei 20 bis 30 Prozent.

Was erklärt den Erfolg in Nischenmärkten der deutschen Unternehmen?

Der Erfolg ruht auf drei Säulen: Zum einen auf Marktdominanz durch Innovationskraft. Wichtig ist, dass sie durch im Branchenvergleich überdurchschnittliche F+E Aufwendungen unterstrichen wird. Weiterhin wichtig für die Marktdominanz sind eng geknüpfte Vertriebs-und Servicenetze, die zu langfristigen Kundenbeziehungen führen.
Eine zweite wichtige Säule ist die Spitzenstellung der Unternehmen bei der Einführung moderner Produktionsmethoden. Genauso, wie die konsequenten Umsetzung der Prinzipien des „Total Quality Managements“.
Abschließend hat Erfolg auch mit der Eigentümerstruktur und dem Führungsmodell zu tun: über siebzig Prozent der Weltmarktführer sind im Familienbesitz. Familienbesitz prägt die Grundwerte und die Unternehmenspolitik: Zu nennen sind hier vor allem die Langfristorientierung und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen wichtigen „Stakeholdern“, vor allem Mitarbeitern und Lieferanten.

Technologien und Märkte verändern sich in einem rasanten Tempo. Sehen Sie besondere Bedrohungen unter den jetzigen Weltmarktführern, und erwarten Sie entsprechend Veränderungen in der laufend aktualisierten Liste?

Ein klares Ja. Generell gilt: Märkte kommen und gehen. Manchmal geht das sehr schnell wie bei den Mobiltelefonen, manchmal dauert es länger. Die bekannten „Megatrends“ wie z.B. die Digitalisierung, oder der sich abzeichnende Wechsel vom Verbrennungsmotor auf alternative Antriebe, verändern viele etablierte Geschäftsmodelle. Hinzu kommt, dass zunehmend mehr Unternehmen aus Asien, vor allem China, die Rankings in Zukunft gehörig durcheinanderwirbeln werden. Entscheidend ist, wie die Unternehmen auf diese Veränderungen im Markt- und Wettbewerbsumfeld reagieren.

Weltmarktführer zu sein, schützt also nicht vor Risiken?

Oft ist gerade großer Erfolg der Nährboden des Niedergangs. Erfolg führt oft zu Selbstzufriedenheit und Arroganz. Notwendige Veränderungen werden nicht zwingend durchgeführt. Die Erfahrung zeigt leider, auch Weltmarktführer können in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und sogar in die Insolvenz gehen. In den letzten zehn Jahren haben wir beispielsweise über einhundert Insolvenzen von deutschen Weltmarktführern ermittelt.

Praktische Frage: Wer hat nach der Definition des „Lexikons“ eine Weltmarktführerposition?

Weltmarktführer sind Unternehmen, die in ihren jeweiligen Marktsegmenten global führend sind. Das heißt, gemessen an der Umsatzhöhe zu den ersten drei Unternehmen ihrer Branche gehören. Das Kriterium „Weltmarktführerschaft“ beinhaltet natürlich auch die Internationalität eines Unternehmens durch Präsenz in den Schlüsselländern der sogenannten Triade (Europa; Asien; Nord- und Südamerika). Neben diesen quantitativen Kriterien spielen auch qualitative Kriterien, vor allem die Qualitäts- und Technologieführerschaft, für die Aufnahme in das Lexikon eine wichtige Rolle.

 

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Prof. Dr. Bernd Venohr
Nach seinem Studium in Frankfurt und Chicago arbeitete Prof. Dr. Venohr bei Bain + Company und der Accenture GmbH in der Managementberatung, eher er als Ordentlicher Professor für Betriebswirtschaftslehre und Internationales Strategisches Management an die Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin berufen wurde. Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit hält er diverse Vorträge und veröffentliche Bücher u.a. zum Thema „Erfolgsmodell der deutschen Weltmarktführer“.

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