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Wer führen möchte, muss die richtigen Worte wählen
Weltmarktführer und Hidden Champions gelten gemeinhin als die tragenden Säulen unserer Wirtschaft. Doch diese Merkmale sind keine Lebensversicherung. Auch deutsche Weltmarktführer stehen vor Herausforderungen. Und eine ist ihre Kommunikation.
Von Géza Czopf
Aller Unkenrufe über diesen Standort zum Trotz: Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele Weltmarktführer wie in Deutschland. Das hat in erster Linie mit dem Qualitätsanspruch zu tun, der hierzulande noch immer herrscht. Produkt und Leistung müssen stimmen. Vor allem im Ausland ist dies die Erwartung an „Made in Germany“. Dass es so viele Marktführer gibt, hängt auch mit ihrem Erfolg auf internationalen Nischenmärkten zusammen. Sie setzen auf Produkte, die sehr komplex oder sehr speziell sind – also auf Produkte, die sich nur aufwendig realisieren oder schwer kopieren lassen. Gerne spricht man bei diesen Marktführern von Hidden Champions, weil sie in Bereichen die Führung übernommen haben, die meist nur Experten etwas sagen: Flüssigkristalle, Hightech-Polymerwerkstoffe oder Kupferkathoden. Und nicht selten handelt es sich bei den Marktführern um klassische Mittelständler und Firmen in Familienbesitz, welche gemeinhin als die tragenden Säulen unserer Wirtschaft bezeichnet werden. Ihr Know-how und ihre Innovationskraft gelten noch immer als die Trümpfe, die den Vorteil im Wettbewerb sichern.
Doch diese Merkmale sind keine Lebensversicherung. Auch deutsche Weltmarktführer stehen vor Herausforderungen. Und eine ist ihre Kommunikation.
„In einem Wettbewerb, der mit immer härteren Bandagen kämpft, dürfen sich Anbieter zwei Dinge nicht erlauben: Beliebigkeit und Austauschbarkeit“
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Kommunikation wurde in der Wirtschaft lange Zeit als ein Synonym für Werbung und Marketing wahrgenommen und daher von vielen Ingenieuren als recht überflüssig angesehen. Qualität verkauft sich von alleine, hieß es da. Dabei wurde zu lange darüber hinweggeschaut, dass Wettbewerber, die diese Qualität eben nicht bieten konnten, dies durch Markenaufbau kaschiert und auch kompensiert haben. Hinzu kommt, dass deutsche Qualitätsprodukte zu den teuersten weltweit gehören, was bei einer Entscheidungsfindung nicht unerheblich ist.
Zum Glück hat sich mittlerweile auch bei vielen deutschen Marktführern die Erkenntnis durchgesetzt, dass mehr über das Unternehmen und seine Angebote gesprochen werden muss. Erst recht, wenn es sich um erklärungsbedürftige Produkte handelt. Dabei reicht es aber nicht aus, dass Produktentwickler eine Innovation erklären und Werbetexter dies lediglich in eigenen Worten wiedergeben zu versuchen. Denn dies endet regelmäßig in einer Aufzählung von Produktfeatures, die von ein bisschen Kundennutzen und ein paar schönen Bildern flankiert werden. Für den ausländischen Markt werden die Texte dann in die jeweiligen Landessprachen übersetzt und fertig. Dies ist eine Methode, die Monopolisten vielleicht nicht schadet, allen anderen aber bestimmt nicht weiterhilft. In einem Wettbewerb, der mit immer härteren Bandagen kämpft, dürfen sich Anbieter zwei Dinge nicht erlauben: Beliebigkeit und Austauschbarkeit.
„Kommunikation muss heute nicht nur Informationen liefern, sondern auch Botschaften“
Kommunikation muss heute nicht nur Informationen liefern, sondern auch Botschaften. Weil wir in einer Gegenwart leben, in der mehr denn je auf Werte geachtet wird. Das heißt, Unternehmen müssen ihrer „Qualität Made in Germany“ ein Plus an Relevanz hinzufügen. Auf eine Art, die begeistert, überzeugt und einzigartig ist. Selbst wenn die Texte eines Unternehmens klar, präzise und prägnant verfasst sind, fehlt ihnen Essentielles. Verständlichkeit ist nur noch ein Hygienefaktor. Texte müssen heute viel mehr leisten. Sie dürfen nicht nur den Anbieter repräsentieren, sondern müssen auf die Kunden eingehen und ihren Standpunkt einnehmen. Sie müssen eigenständig sein, in dem Sinne, dass sie die unverwechselbare Positionierung eines Unternehmens zum Ausdruck bringen. Und sie müssen Durchgängigkeit im Stil beweisen, damit sie wiedererkennbar sind.
Da dies bereits vielen Unternehmen einleuchtet, nehmen sie eine Corporate Language genauso wichtig wie das Corporate Design. Sie nutzen ihre eigene Sprache, um Markenwerte erlebbar zu machen, die Mehrwert-Story des Unternehmens zu erzählen und Features in Emotionen zu übersetzen. Noch nie kam so viel Sprache zum Einsatz wie im heutigen Medienzeitalter. Daher ist Corporate Language nicht nur eine wichtige Säule der Corporate Identity, sondern auch ein wertvolles Verkaufsinstrument. Mit Sprache gewinnen Unternehmen die Menschen.
- Interview: Wie Sprache den Unternehmenserfolg bestimmt
- Beiträge im Lexikon des Chefwissens zu den Themen „Texten“, „Produktnamen“, „Claim“, „Headlines“, „Storytelling“, „Markensprache“, „Keywords“
- Markenkommunikation: Text $ells
Géza Czopf arbeitet als Creative Direktor Text in der Markenberatungsagentur REINSCLASSEN für deutsche Weltmarktführer wie z.B. NIVEA, SICK und Siemens.
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