Winterreise in die Schweiz, Teil 3: Engelberg

Keine Kommentare Lesezeit:

Schweizer Hotels haben Weltruf, doch was ist dran am Mythos „Swiss Hospitality“, lohnt sich der Weg zu den Eidgenossen? Wir haben fünf bekannte Wintersportorte für besucht und reisen in diesem dritten Teil nach Engelberg / Rubrik Stilvoll reisen

Engelberg gehört zu den weniger bekannten Ferienorten, was auch daran liegt, dass nach Jahrzehnten des „Schattendaseins“ erst im Sommer 2021 mit dem Kempinski Palace wieder ein 5-Sterne-Hotel eröffnet hat. Beschaulich geht es noch immer zu im Dorf auf dem flachen Talboden, eingerahmt vom Gebirgsmassiv des 3238 m hohen Titlis und einer Bergkette um den mit 2600 Meter über dem Ort thronenden Hahnen. Den pittoresken Dorfkern bildet die Benediktinerabtei Engelberg, eine der größten Barockanlagen der Zentralschweiz. Neben der prächtigen Kirche und mehreren Restaurants ist besonders die Käserei einen Besuch wert, denn Hartkäse aus Engelberg ist nicht nur köstlich, sondern bereits seit Jahrhunderten Exportschlager und bildete vor dem Tourismus die Haupteinnahmequelle der Region.

Beschauliches Engelberg

Rund um das Kloster gruppieren sich hübsche Geschäfte, Cafés und Restaurants, dabei garantiert das hohe gastronomische Niveau der Schweiz auch hier durchaus Gaumenfreuden. Besonders gefielen uns die beiden hübschen Tea-Rooms. Eine Institution, die jeder Schweizer kennt, uns aber bisher unbekannt war: Diese Vorläufer der Lounge sind offenbar der ideale Begegnungspunkt mit lange nicht mehr gesehenen Tanten und Großmüttern oder einfach gemütliche Cafés, um in Ruhe Zeitung zu lesen. Neben Kaffee und Tee bekommt man zur Zeitung alles serviert, was einen englischen Afternoon Tea ausmacht: Törtchen und Kuchen, Canapés und Sandwiches.

Klosterkirche in der Abtei Engelberg

Weltcup der Skispringer in Engelberg

So richtig voll wird es in Engelberg nur zweimal im Jahr, nämlich wenn die weltbesten Skispringer im Dezember zu Weltcup und Continental Cup von der Gross-Titlis-Schanze springen. Diese Tradition wird bereits seit 1905 gepflegt und untermauert die sportlichen Ambitionen des Wintersportortes, der mit rund 80 Pistenkilometern im übrigen auch ein traumhaftes Skigebiet hat.

Im Sommer finden Outdoor-Enthusiasten rund um den Luftkurort Engelberg das größte Bergsport-Angebot der Zentralschweiz. Neben den vielen Wanderwegen und Biketrails durch Wälder und über Almwiesen, begeistern ein Golfplatz mit atemberaubendem Alpenpanorama, Klettersteige und ideale Gleitschirm-Bedingungen.

Kempinski Palace Engelberg: prächtiges Grandhotel der Belle Epoque

Den Rest macht das Kempinski Palace Engelberg: 1905 als prächtiges Grandhotel der Belle Epoque eröffnet, diente es zuletzt einige Jahrzehnte als Privatuniversität und wurde 2021 nach umfangreicher Restaurierung und behutsamer Erweiterung unter Kempinski neu eröffnet. Dabei hat man seine Vergangenheit nicht verleugnet und viele historische Details erhalten. Dennoch wirkt alles sehr frisch und modern. Gebürstete Eiche, hellbraunes Leder und viel Glas geben den Ton an. Es ist sehr wohltuend, dass alles was nach Holz oder Leder aussieht, auch tatsächlich solches ist. Überhaupt ist alles sehr ausgesucht, viele der handgefertigten Möbel stammen vom Schweizer Luxushersteller de Sede oder sind von lokalen Betrieben für das Haus angefertigt worden.

Modernes Flair im Belle-Epoque Teil des Kempinski Palace Engelberg

Das Hotel teilt sich nun in Altbau und Neubau, in dem sich auch die Zimmer ein wenig unterscheiden. Im Altbau geben die Stuckdecken und die historischen Grundrisse den Zimmern und Suiten eine besondere Atmosphäre, im Neubau das moderne Layout, hohe Decken und Panoramafenster. Die Einrichtung ist so modern wie im ganzen Haus, wirkt aber keinesfalls kühl. Kempinski’s luxuriöser Touch sorgt für fantastische Betten und allerlei nützliche und charmante Details.

Die Berlinerin Michéle Müller bringt kulinarischen Frauenpower in die Schweiz

Zur Modernität des Palace passt auch das Hotelrestaurant Cattani. Die 39-jährige Berlinerin Michéle Müller war zuvor im Hotel Adlon und sammelte umfassendes Küchen- Know-how in der internationalen Hotellerie. In Engelberg kocht sie weniger klassisches Grand Hotel, dafür mehr junges Berlin, was gut mit den regionalen Zutaten harmoniert.

Das Cattani Restaurant im Kempinski Palace

Mit ihrer „kulinarischen Frauenpower“ war sie in Deutschland übrigens bereits in zahlreichen Printmagazinen und mehreren Fernsehformaten zu sehen, um sich für Frauen in Führungspositionen starkzumachen. Dem Teamgeist scheint das gut zu tun, wir begegneten lässiger Schweizer Gastfreundschaft eines hochmotivierten Teams.

Im verglasten Wintergarten mit der wunderbaren Aussicht in den Kurpark wird Morgenkaffee oder Nachmittagstee serviert. Dieser ehemals „Winterhalle“ genannte Raum war ein „Stiefelzimmer“, in dem Besucher nach dem Schlittschuhlaufen auf dem Kurpark ihre Schlittschuhe ausgezogen haben. Mit modernen Möbeln und dicken Kissen, in die man tief einsinkt, lässt sich heute durch die großen Panoramafenster die Wintersonne genießen.

Infinity Pool mit Blick in die Schweizer Berglandschaft

Pool mit Ausblick im Kempinski Palace Hotel Engelberg

Das Dachgeschoss beherbergt das Kempinski The Spa mit einem Indoor-Infinity-Pool und Blick auf die umliegende Schweizer Berglandschaft. Dazu gibt es verschiedene Saunen und ein Dampfbad, Fitnessraum und Ruheraum. Auch hier sehr viel Modernität, das Holz und der satte, warme Granitboden strahlen Ruhe und Entspannung aus.

Fondue-Tradition im Chalet Ruinart

Alm im Garten: Im Chalet Ruinart vor dem Hotel wird Fondue serviert

Als Winterhighlight erwartet die Hotelgäste im Kurpark vor dem Palace das urige Chalet Ruinart. Im traditionellen Ambiente der Alm wird das Schweizer Nationalgericht Fondue und prickelnder Ruinart Champagner serviert. Der Bergkäse kommt von Anselm Sälmi Töngi, der auf seiner Gerschnialp auf 1.300 Metern Höhe den Sommer über in geduldiger Handarbeit Kuhmilch und Ziegenmilch zu Alpkäse verarbeitet.

Luzern, Perle der Zentralschweiz

Engelberg liegt 25 km südlich des Vierwaldstättersees und ist damit nur eine kurze Autofahrt von Luzern entfernt, der Perle der Zentralschweiz. Von der Schönheit dieses Wassers, dieser Berge und dieses Himmels buchstäblich geblendet und erschüttert. schwärmt Leo N. Tolstoi bei seiner Ankunft in Luzern im Jahre 1857.
Dann mokiert er sich über die steife Haltung der englischen Gäste im Hotel Schweizerhof. Die Engländer würden die strengen Anstandsregeln nicht aus Stolz einhalten, sondern aus dem Mangel eines Bedürfnisses, sich einander zu nähern. In einer Tischgesellschaft in Paris ginge es hingegen ziemlich rege zu: Wir gaben uns dort zwar etwas kokett, nicht sehr klug und würdevoll, aber immerhin menschlich. Menschlichkeit fehle den Engländern gänzlich, wie ein zweiter Vorfall zeigt, der dem Russen übel aufstößt: Dem Straßenmusiker, der vor ihnen auftritt, schenken zwar viele englische Gäste ihre Aufmerksamkeit und erfreuen sich ob des schönen Gesangs, doch Geld spenden wollen sie nicht. Der Geiz der Gäste schlägt nach dem Ende der künstlerischen Darbietung in grausamen Hohn und Spott über den Musiker um.

Stadtansicht von Luzern

Dies veranlasst Tolstoi zumindest zu literarischer Rache: Als Hauptfigur in seiner Novelle „Luzern„, wird sein Alter Ego, Fürst D. Nechljudow dem niedergeschlagenen Sänger folgen und ihn zum Umtrunk in das „beste Hotel der Stadt“, einladen. Dort bekommt auch das Hotelpersonal sein Fett weg. Der Fürst und der Schweizer Sänger werden zuerst von den Kellnern ignoriert und schließlich in einen Nebensaal abgeschoben, der die Schwemme für gewöhnliches Volk war. Der russische Fürst und der arme Sänger finden sich also im einfachen Speisesaal wieder. Aus Trotz wird der beste Champagner bestellt und nach einem hitzigen Argument mit dem Portier werden die beiden doch noch in den Hauptsaal gelassen. Sehr zum Schrecken zweier englischer Gäste, die den Saal unverzüglich verlassen. Am Ende seiner Novelle holt Tolstoi dann noch zu einem Rundumschlag auf das liberale und „zivilisierte“ Europa aus.

Die Wogen haben sich inzwischen geglättet und solche Ständeunterschiede kennt man in Luzern heute nicht mehr, wohlmöglich auch durch Tolstois literarischen Fingerzeig. So geht es in der schmucken Kleinstadt heute charmanter zu und wir dürfen dem geneigten Leser zu einem Besuch durchaus zuraten.

Luzerns Wahrzeichen – Die Kapellbrücke mit dem Wasserturm

Prächtige Gemälde schmücken die Kapellbrücke / Foto: Beat Brechbühl

Damals wie heute ist der Hauptanziehungspunkt Luzerns die Seepromenade und in der pittoresken, autofreien und weitgehend unter Denkmalschutz stehenden Altstadt säumen historische und mit Fresken geschmückte Häuser die vielen malerischen Plätze. Durch den Fluss Reuss ist das Wasser allgegenwärtig und das führt uns auch zu Luzerns Wahrzeichen – der Kapellbrücke mit dem Wasserturm. Diese älteste überdachte Holzbrücke Europas verbindet die Altstadt und Neustadt Luzerns und ist mit prächtigen Gemälden geschmückt. Die Darstellungen aus der Zeit der Gegenreformation zeigen luzernische und eidgenössische Geschichte und sollten beim Passieren der Brücke auf dem Weg in die Stadt daran erinnern, dass ein frommer Lebenswandel und Glück im Leben zusammengehören.

Der Geist der Götterdämmerung im Luzerner Richard Wagner Museum

Richard Wagner Museum

Das Tribschener Landhaus war ab April 1866 für sechs Jahre Wohnort von Richard Wagner. In dem herrschaftlichen Anwesen, von einem Park umgeben und direkt am See gelegen, vollendete er die „Meistersinger von Nürnberg“ und „Siegfried“, er setzte die Arbeit an der „Götterdämmerung“ fort und komponierte zwischendurch den «Huldigungsmarsch» und das „Siegfried-Idyll“. Letzteres kam zum Geburtstag von seiner Frau Cosima im Treppenhaus am 25. Dezember 1870 zur Uraufführung. Bereits 1933 begann die Stadt Luzern das inzwischen leere Haus als Richard Wagner Museum herzurichten. Durch Schenkungen, Käufe und Leihgaben gelang es viele Objekte aus Wagners Zeit zurückzuholen. Die Sammlung umfasst heute rund 1’600 Objekte. Stilvoll erreicht man das Museum mit dem Linienschiff, es hat einen eigenen Anleger.

Unsere Winterreise in die Schweiz: Hier gehts zu Teil 1: Crans-Montana, Teil 2: Interlaken und Teil 3: Engelberg

pictures courtesy of: Kempinski Palace Engelberg / Luzern Tourismus / Richard Wagner Museum Luzern

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Language