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Sechs Aspekte einer wirksamen Wachstumsstrategie
Der Begriff Strategie ist vielerorts verbraucht. Zu viel Papier wurde produziert, zu wenig Ergebnisse haben sich eingestellt. Zu viele Berater wurden beschäftigt, zu wenig Praxisnähe erzeugt. Zu viele Strategien haben sich in der Realität nicht bewährt oder sind erst gar nicht realisiert worden.
Es gleicht dem Ankämpfen gegen Windmühlen, wenn ich immer wieder betone, dass der erste Schritt in Richtung gesunden Wachstums der einer belastbaren und akzeptierten Wachstumsstrategie ist – gerade im Mittelstand, der sich zu häufig auf den Vorteil seiner Hemdsärmeligkeit beruft und damit Chancen am Markt konsequent vergibt. Unternehmen wir also einen erneuten Versuch des Ankämpfens gegen Windmühlen, vielleicht wird aus dem Gegenwind ja irgendwann ein Sog. Sechs Aspekte, die es dringend zu beachten gilt, soll Wachstum gerichtet und gesund entstehen:
1. Erkenntnis im Eigentümer- und Unternehmensführungsgremium
Ohne die Erkenntnis darüber, sowohl im Unternehmensführungsgremium als auch im Dialog mit den Eigentümern, dass es einer (neuen) Strategie bedarf, sind die Hürden zu hoch. Wenn die Eigentümer auch die Unternehmensführung bilden, hat man sich einen Schritt gespart. Ansonsten gilt: Die Unternehmensführung bezieht die Eigentümer in den Erkenntnisprozess ein oder die Eigentümer beauftragen die Unternehmensführung mit der Erarbeitung einer Wachstumsstrategie. Das Erarbeiten ist in der Tat Aufgabe der Unternehmensführung, unabhängig davon, ob Dritte mit hinzugezogen werden oder nicht. Merke: Erst Erkenntnis, dann Überzeugung, dann Aktion.
2. Angemessenheit und Beschränkung
Insbesondere dann, wenn ein externer Experte in die Entwicklung der Strategie eingebunden wird, gilt es, Maß zu halten. Nicht alles, was gedacht werden kann, muss auch getan werden. Im Gegenteil: Sind zu viele Optionen offen, wird die Mannschaft später möglicherweise gar nicht loslaufen, einmal ganz abgesehen von der Unternehmensführung, die bei zu vielen wichtigen Themen nicht davor gefeit ist, den Überblick zu verlieren. Bei–des ist in einem Strategie-Realisierungsprozess nicht hilfreich. Der Externe soll das Feingefühl haben, gemeinsam mit dem Unternehmen auch darauf zu schauen, was das Unternehmen zu leisten in der Lage ist, und die Unternehmensführung ist in der Pflicht, darauf hinzuweisen, ohne zu geringe Ansprüche zu haben – ein Balanceakt. Mein Team und ich werden nicht selten dann hinzugezogen, wenn ein Unternehmen schon schlechte Erfahrungen mit einem anderen Berater gemacht hat. Meist ist dann der Vorwurf, dass der Externe Vorschläge gemacht habe, die das Unternehmen nicht habe realisieren können. Mag sein, aber mitunter hätte die Unternehmensführung auch früher die Hand heben müssen. Schließlich ist die Strategieentwicklung ihr ureigenes Projekt.
3. Stammspieler früh einbinden
Die Zeiten, innerhalb derer eine Wachstumsstrategie im allerkleinsten Kreis erarbeitet wurde, gehen dem Ende entgegen – zurückhaltend formuliert. Wer heute sicherstellen möchte, dass eine Wachstumsstrategie auch getragen wird, kommt um den rechtzeitigen Einbezug der «Stammspieler» nicht herum. Dabei müssen nicht zwingend alle Leiter der zweiten Führungsebene einbezogen werden, aber Vertrieb, Marketing, Entwicklung, Einkauf, Produktion, Logistik sollten vertreten sein. Auch der Finanzbereich muss abgedeckt sein. Verschwiegenheit ist Pflicht, wer zu früh redet, riskiert seinen Job – das ist die Regel.
4. Die Dauer richtig einschätzen
Die meisten Strategieentwicklungsarbeiten dauern zu lange. Eine Wachstumsstrategie muss spätestens nach zwei Monaten präsentierfähig sein. Wenn die Ausrede ist, dass man keine Zeit dafür habe, weil das operative Geschäft jegliche Aufmerksamkeit fordere, ist das entweder richtig und das Haus brennt so, dass man nicht auf die Jagd gehen sollte, oder es ist eine unrühmliche Ausrede, sich nicht mit dem «nicht-Greifbaren» der Entwicklung einer Strategie auseinandersetzen zu müssen. Also: Von der Verabredung mit den Eigentümern bis zur Vorstellung einer realisierbaren Wachstumsstrategie dürfen maximal acht Wochen vergehen. Das gilt selbst für Großunternehmen, erst recht aber für KMU. Unser Rekord liegt bei fünf Tagen. Das Resultat: Eine verabschiedete Strategie, die sich in der Realisierung bestens bewährte. Wohlgemerkt: Es geht hier nicht um Geschwindigkeit der Geschwindigkeit halber, sondern es geht darum, keine zähe Masse zu kneten.
5. Die Realisierung betrachten
Bereits in der Erarbeitung der Wachstumsstrategie gilt es, die Realisierung zu betrachten. Die Faustregel: Nicht zu früh, um nicht durch das operationale «Wie» schon das strategische «Was» zu zerstören, aber auch nicht zu spät, damit gewährleistet bleibt, dass man sich die Realisierung auch tatsächlich zutraut. Folgerichtig gehören in die Unterlage, die der Erörterung der Wachstumsstrategie zwischen den Eigentümern der Firma und der Geschäftsführung dient, ein Projektstrukturplan und ein Meilensteinplan, die nach Genehmigung mit einem Projektteam in Details übersetzt werden müssen. Ein Hinweis noch zur Realisierungsdauer: Ähnlich wie die Entwicklung der Strategie muss auch deren Realisierung in einem überschaubaren Rahmen möglich sein. Die Zeit der Fünfjahrespläne sollte wirklich vorüber sein, sie haben noch nie richtig funktioniert, und auch wenn Banken solche Pläne fordern, muss dies nicht richtig sein. Etwas, das «strategisch» ist, kann auch morgen bereits umgesetzt werden, dafür bedarf es nicht einiger Jahre. Die Realisierung einer Strategie hat mitnichten etwas mit Langsamkeit oder Langeweile zu tun, wohl aber mit Langfristigkeit – aber bitte in der Wirkung, die lang anhaltend ist, nicht in der Realisierungsdauer.
6. Unternehmerstrategie, Unternehmensstrategie, Marktsegment-Strategie: Den Unterschied beachten
Mögen Unternehmer-, Unternehmens- und Marktsegment-Strategie auch in kleinen Unternehmen häufig sehr stark ineinandergreifen oder sogar nahezu identisch erscheinen, mag an dieser Stelle doch der Appell hilfreich sein, zwischen den drei Strategien zu differenzieren: An erster Stelle steht immer die Frage der Eigentümerstrategie, also der Unternehmerstrategie, gänzlich unabhängig davon, wie viele Eigentümer das Unternehmen hat. Dies wird gern ignoriert oder in Abrede gestellt, aber die Strategie der Eigentümer determiniert stets das Wachstum des Unternehmens. Was ist zum Beispiel, wenn einer der 50/50-Eigentümer gern seine Anteile veräußern, der andere aber in Wachstum investieren möchte? Vor der Klärung dieser Strategie brauchen wir über eine Marktsegment-Strategie nicht zu reden. Das läge auf der Hand? Warum erleben wir dann häufig in unserer Beratungspraxis, dass so getan wird, als sei alles in Ordnung, obwohl die Eigentümer sich nicht ei-nig sind? Die Folge: Die strategischen Diskurse mu-tieren zur Posse. Bedient ein Unternehmen mehrere Marktsegmente, folgt nach der Unternehmer die Unternehmensstrategie, innerhalb derer es gilt, das Unternehmen grundsätzlich zu positionieren, die Unternehmensmarke zu schärfen und die Kontur erkennbar (werden) zu lassen. Erst dann kommen wir auf die jeweiligen Marktsegment-Strategien, die konkret auf zu schaffendes Wachstum abzielen. Das mag kompliziert klingen, ist es aber nicht. Es geht vielmehr darum, die richtige Reihenfolge zu beachten.
Werden diese sechs Punkte konsequent berücksichtigt – immer im Kontext mit der Größe und der spezifischen Situation des Unter-nehmens –, sind erste Erfolgssteine für das gesunde Wachstum gelegt. Ein erfahrener Externer als strategischer Gesprächspartner wird stets darauf hinzuweisen und hinzuwirken wissen.
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