Zu spät für viele?

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Die sogenannte Gaskommission hat sich gestern auf ein zweistufiges Modell zur Preisbremsung geeinigt. Mit hohen Milliardenbeträgen sollen Unternehmen und Verbraucher von den dramatisch gestiegenen Gaspreisen entlastet werden. Doch für viele Firmen könnte das zu spät kommen.

So erklärt zum Zwischenbericht der „ExpertInnen-Kommission Erdgas und Wärme“ Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH): „Die vorgeschlagenen Schritte gehen zwar in die richtige Richtung, denn mit der einmaligen Abschlagzahlung und der Gaspreisbremse sind liquiditätsstärkende sowie entlastende Instrumente geplant. Das große Manko der Vorschläge dieses Zwischenberichts ist jedoch, dass die Entlastungen viel zu spät greifen und sich – sollte an der angedachten Zeitachse festgehalten werden – für energieintensive Handwerksbetriebe und Mittelständler eine deutliche Entlastungslücke auftut.“

„Nur ein Tropfen auf den heißen Stein“: Holger Schwannecke, Generalsekretär des ZDH befürchtet Existenz- und Arbeitsplatzverluste (Bild: ZDH/Boris Trenkel)

Der Gaspreisdeckel sei grundsätzlich ein wirksames Instrument. Allerdings soll er nach den Plänen des Zwischenberichts frühestens im März 2023 und damit viel zu spät kommen, meint Schwannecke. „Die Einmalzahlung im Dezember ist für viele energieintensive Handwerksbetriebe nur ein Tropfen auf den heißen Stein und wird keinesfalls ausreichen, um die Existenz und damit Arbeits- und Ausbildungsplätze zu sichern.“

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„Verlust von wertvoller Zeit“: Für Familienunternehmer-Hauptgeschäftsführer Albrecht von der Hagen kommt die Gaspreisbremse zu spät (Bild: imago)

Auch Albrecht von der Hagen, Hauptgeschäftsführer des Verbands Die Familienunternehmer sieht die Lösung zwar als grundsätzlich gut und in dieser Weise auch finanzierbar an. Doch auch er fürchtet: „Leider greift sie viel zu spät. Bei vielen Unternehmen ist die Situation bereits jetzt dramatisch, insbesondere bei denen die enormen Gaspreise bereits mit verheerenden Konsequenzen voll zu Buche schlagen.“ Leider habe die Bundesregierung etwas Brauchbares wie das Konzept der Gas-Kommission erst jetzt mit Beginn der Heizperiode vorgelegt. Dabei hätte sie schon vor Monaten ins aktive Handeln kommen müssen. „Nun müssen die neuen Pläne erst auch noch umgesetzt werden. Dies alles ist Verlust von wertvoller Zeit, denn Planungssicherheit ist in dieser fragilen Wirtschaftslage für Unternehmen überlebenswichtig. Für so einige Firmen kommt die Rettung daher zu spät“, meint von der Hagen.

„Die Industrie wird ab Januar mit einem reinen Beschaffungspreis von 7 ct/kWh arbeiten können. Damit hat sie endlich wieder in einem gewissen Rahmen Planungssicherheit. Das gilt allerdings nur für 70 Prozent des vorherigen Verbrauchs. Die verbleibenden sehr teuren 30 Prozent und auch die 7 ct pro kWh werden etliche Unternehmen in die Knie zwingen“, befürchtet er.

Für das Handwerk fordert Holger Schwannecke daher, die Entlastungslücke bis zum Frühjahr 2023 müsse noch geschlossen werden: sowohl durch ein Vorziehen der Gaspreisbremse als auch durch die bereits zugesagte Erweiterung der Härtefallhilfen auch für das Handwerk. „Die entsprechenden Zuschussprogramme müssen schnellstmöglich auch für Betriebe außerhalb der Industrie geöffnet werden, die als energieintensiv gelten (mind. 3 Prozent Energiekosten im Verhältnis zum Umsatz) und deren Energiekosten sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt haben. Dies ist dringend erforderlich, damit die Betriebe die Zeit bis zum Greifen der Gasbremse überhaupt überbrücken können.“

„Die lange Weigerung der Grünen hat dazu beigetragen, dass der Staat jetzt alle mit Unsummen für Entlastungspakete belastet“

Von der Hagen fordert für die Familienunternehmen, es sei absolut wichtig, dass der Insolvenzschutz des Energiekosten-Dämpfungsgesetzes (EKD) auf alle Unternehmen ausgeweitet wird. Um Geschäftsaufgaben zu verhindern, sei es daher wichtig, Programme wie das EKD auf alle Unternehmen auszuweiten, um besonders betroffene Härtefälle aufzufangen – auch deutlich über die enge KUEBLL-Liste (EU-Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen) hinaus. Kein Unternehmen dürfe Gefahr laufen, durch das Raster überlebenswichtiger Unterstützung zu fallen.

Von der Hagen sieht indes als Königsweg viel grundsätzlichere Maßnahmen: „Noch schneller wäre allen Unternehmen allerdings über ein Hochfahren aller Kraftwerkskapazitäten, die kein Gas verbrennen, zu helfen gewesen. Jedoch haben die Grünen wegen des damaligen NRW-Wahlkampfes und der Wahl in Niedersachsen verhindert, dass Kohlekraftwerke und AKWs schon im Mai aus der Reserve geholt oder in der Laufzeit verlängert wurden. Deshalb wurde unnötig viel Gas für die Stromproduktion verbrannt. Das hat auf die Preise durchgeschlagen. Diese lange Weigerung hat dazu beigetragen, dass der Staat jetzt alle mit Unsummen für Entlastungspakete belastet.“

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