Corona-Krise: Private Equity wittert erwartetete Zukaufsgelegenheiten

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Wegen der Coronakrise wittern Private-Equity-Manager Deal-Gelegenheiten vor allem bei Großkonzernen – notgedrungen, denn die beiden anderen Transaktionskanäle scheinen verstopft zu sein. Von Michael Hedtstück

Während die Coronavirus-Krise nach wie vor heftig tobt, wittern zahlreiche Finanzinvestoren schon erste Morgenluft. Die Auswertung des aktuellen FINANCE Private Equity Panels – eine gemeinsame Branchenumfrage von FINANCE und der Kanzlei CMS – zeigt, dass sich zahlreiche Private-Equity-Manager nach dem anfänglichen Schock schon wieder auf die Lauer gelegt haben: Der Wert, der ihre taktische Positionierung anzeigt (1 = Verkäufer, 10 = Käufer), steigt mit 6,83 Punkten auf den höchsten Stand seit fast zehn Jahren. Nahezu jeder zweite Befragte glaubt stark oder sogar sehr stark daran, dass die Coronakrise unerwartete neue Zukaufsgelegenheiten eröffnen wird.

Dabei setzt Private Equity vor allem auf die Konzerne – notgedrungen, denn die beiden anderen Transaktionskanäle scheinen verstopft zu sein. Die Werte, mit denen das FINANCE Private Equity Panel die erwartete Exit-Aktivität der verschiedenen Marktteilnehmer misst, sprechen eine deutliche Sprache: Für Secondary und Tertiary Buy-outs sinkt dieser Wert auf einer Skala von 1 bis 10 Punkten um 36 Prozent auf 4,74 Punkte. Bei Unternehmern bricht der Wert um 30 Prozent auf 4,39 Punkte ein. Doch der Erwartungswert für die Verkaufsaktivität der Konzerne steigt gegen den Trend um 10 Prozent auf 5,78.

Konzern-Spin-offs sind goldene Gelegenheiten

Die Finanzinvestoren hoffen offenbar, dass sich das Deal-Geschehen aus der New-Economy- und der Finanzkrise wiederholt: Beide Male reagierten zahllose Großkonzerne auf die schwierige Lage, indem sie ihre eigenen Portfolios auf den Prüfstand und Randgeschäfte zum Verkauf stellten.

Für Private Equity waren das im Rückblick goldene Gelegenheiten, erinnert sich Tobias Schneider, Private-Equity-Partner bei CMS: „Konzern-Spin-offs waren schon immer eine Spielwiese für ‚Quick Wins‘, die rasch auf Rendite getrimmt werden können.“ Dennoch würde er sich wundern, wenn jetzt schon schnell eine größere M&A-Welle heranrollen würde, denn „gerade in Krisenzeiten sind Verhandlungen mit Konzernen oft schwierig“, findet der Private-Equipe-Spezialist.

Die Preise sind Private Equity noch zu hoch

Und es gibt noch mehr Hürden. Die erste: Den Private-Equity-Investoren sind die Preiserwartungen der potentiellen Verkäufer noch zu hoch. Außerdem stehen sie sich mit ihren Branchenpräferenzen womöglich sogar selbst im Weg, schließlich wenden sie sich gerade ausgerechnet von jenen Branchen ab, in denen jetzt auch Großkonzerne unter Druck geraten sind.

Das aktuelle FINANCE Private Equity Panel – eine gemeinsame Branchenumfrage unter mehr als 50 in Deutschland führenden Private-Equity-Häusern von FINANCE und der Kanzlei CMS –ist hier im Reserachbereich von FINANCE abrufbar.

Indiz dafür: Automotive, Handel, Maschinenbau verzeichnen in ihrem „Attraktivitätswert“ für Neu-Investments gegenüber der vorangegangenen Umfrage im Herbst allesamt Abschläge von rund 30 Prozent – und schon damals waren die Werte schwach.

(So gut wie) nichts geht mehr bei Leveraged Finance

Vor allem aber hakt es gewaltig auf der Finanzierungsseite: Der Zugriff der PE-Investoren auf Leveraged Finance ist weitgehend verschlossen. Gegenüber der vorherigen Umfrage im Herbst hat sich die Einschätzung der PE-Professionals zur Verfügbarkeit von Buy-out-Finanzierungen massiv eingetrübt. Auf einer Skala von 1 (schlecht) bis 10 (exzellent) kollabierte der Durchschnittswert von 7,96 auf 4,30 Punkte. Die Einschätzung zu den Konditionen verschlechterte sich ebenfalls klar, wenn auch etwas weniger stark von 6,96 auf 5,00 Punkte.

„Das Zinsumfeld hat sich nicht verändert, aber es herrscht große Verunsicherung, wie sich die Coronakrise auf die Geschäftsmodelle der Targets auswirken wird – und da halten sich die meisten erst einmal bedeckt und warten ab“, erklärt Jacob Siebert, ebenfalls Private-Equity-Partner bei CMS, diese Entwicklung.

Debt-Fonds und Banken erhöhen die Preise

Es besteht aber die Hoffnung, dass sich das Finanzierungsumfeld nicht so lange zerrüttet präsentiert wie im Nachgang der Finanzkrise. Damals waren am deutschen Private-Equity-Markt zwei, drei Jahre lang fast nur komplizierte Club Deals mit mehreren Banken auf einem Deal möglich – und selbst diese nur in überschaubarer Anzahl.

Jetzt aber scheinen die Finanzierungspartner von Private Equity nicht so stark mit eigenen Problemen überladen zu sein wie damals. Wie eine Kurzumfrage der Finanzierungsberatung GCA Altium Ende März ergab, ist die Mehrzahl der befragten Häuser immer noch offen für neue Finanzierungen: 71 Prozent der befragten Banken und sogar 78 Prozent der befragten Private-Debt-Fonds.

Allerdings hat die GCA-Umfrage auch ergeben, dass vor allem die Debt-Fonds ihre Preise deutlich erhöht haben. Auch bei den Covenants werden die Geldgeber wieder strenger werden als vor der Coronakrise. GCA Altium führt dies auch darauf zurück, dass sich den Debt-Fonds am Sekundärmarkt alternative Investitionsgelegenheiten bieten.

Michael Hedtstück ist Chefredakteur von FINANCE-Online und FINANCE-TV und verantwortet in dieser Funktion die Online-Aktivitäten des FINANCE-Magazins. Vor seinem Wechsel zu FINANCE arbeitete er unter anderem für die Financial Times Deutschland und die Telebörse. Michael Hedtstück ist zweifacher Träger des Deutschen Journalistenpreises.

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