
Wir brauchen Unternehmer-Vorbilder statt Neidobjekte!
Hatten Sie als junger Mensch Vorbilder? Leute, zu denen Sie aufgeblickt haben? Die Ihnen Werte wie Fleiß, Unabhängigkeit, Verantwortung oder Leistungsbereitschaft vermittelt haben? Genau solche Vorbilder fehlen in unserem Land heute.
von Martin Limbeck
Ich hatte zum Glück mehrere solcher Vorbilder und bin dafür sehr dankbar. Denn sie haben einen großen Anteil daran, dass ich den Unternehmerweg eingeschlagen habe. Doch genau solche Vorbilder fehlen in unserem Land heute. Weil viele Unternehmer lieber im Verborgenen leben und sich bedeckt halten, um nicht aufzufallen und Anfeindungen zu entgehen. Für mich steht fest: Die Einzigen, die daran etwas ändern können, sind wir selbst!
Als Unternehmer stehst du unter Generalverdacht
Mal Hand aufs Herz: Welches Bild haben die meisten Menschen in unserem Land von Unternehmern? Tolle Typen, die für die Gesellschaft etwas geleistet und Arbeitsplätze geschaffen haben? Schön wäre es. Stattdessen wirst du sofort in die zwielichtige Ecke gesteckt, sobald du sagst, dass du Unternehmer bist. Ganz nach dem Motto: „Da kann doch was nicht stimmen. Der wäscht sein Geld bestimmt irgendwo und hat eine Briefkastenfirma auf den Bahamas.“ Das macht mich traurig – doch mit dieser Realität müssen wir als Mittelständler in Deutschland klarkommen. Ein Fun-Fact am Rande, der diesen Eindruck noch unterstreicht: Es gibt eine Statista-Studie zum Thema, welchen Berufsgruppen die Mörder im Tatort angehören. Untersucht wurden sämtliche Folgen der Krimi-Serie von 1970 bis heute. Und Überraschung: Noch vor Berufskriminellen landen Unternehmer und Manager auf Platz Eins!
Wir leben in einem neidzerfressenen, leistungsfeindlichen Land
Ich war in den letzten Monaten mehrfach in den USA und musste wieder einmal feststellen, dass dort ein komplett anderes Mindset vorherrscht. Da freuen sich die Leute für dich und gratulieren dir zu dem, was du geschafft hast. „Work hard and prosper“ – arbeite hart und werde erfolgreich, dieses Motto prägt den American Dream. Hierzulande sieht es anders aus. Erfolg wollen zwar alle haben, doch bitte ohne die harte Arbeit.
Natürlich ist es kein gutes Gefühl, wenn du selbst nicht aus dem Quark kommst und dann in deinem Umfeld Menschen siehst, die etwas erreichen. Was passiert? Um sich selbst besser zu fühlen, werten diese Menschen diejenigen ab, die erfolgreich sind. Sprechen ihnen ab, den Erfolg ehrlich erarbeitet und verdient zu haben. Bestimmt kennen Sie dieses Verhalten noch aus Ihrer Schulzeit: Mit den klassischen „Streber!“-Rufen fängt es an und zieht sich dann immer weiter. Da wird hinter vorgehaltener Hand über eine Kollegin getuschelt, dass sie sich bestimmt „hochgeschlafen“ hat – anstatt neidlos anzuerkennen, dass sie die Beförderung verdient hat, weil sie einfach einen klasse Job macht. Und genauso ist es, wenn du Unternehmer bist. Am besten sagst du es keinem, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Und du zeigst idealerweise auch nicht, dass du Geld hast.
“Zeigen wir endlich wieder, was wir erreicht haben! Dann wären wir schon halb auf dem Weg zu einer neuen Leistungskultur”
Was mir in diesem Zusammenhang schon passiert ist? Ich war für ein Vertriebstraining gebucht, fuhr also zum Kunden und stellte meinen Wagen auf dem Firmenparkplatz ab. Der Tag lief gut, abends ging ich mit den Teilnehmern essen. Zurück am Parkplatz zückte ich meinen Autoschlüssel – und was sagt der Vertriebsleiter? „Na, die Ledersitze haben wir wohl mitbezahlt …“ Ein anderes Mal wurde ich vom Geschäftsführer gebeten, doch bitte um die Ecke zu parken, damit seine Mitarbeiter gar nicht erst auf dumme Ideen kommen würden. Ernsthaft? Mit solchen Spielchen will ich gar nicht erst anfangen. Natürlich habe ich trotzdem vor der Tür geparkt.
Wir sind ganz schön bequem geworden. Wirtschaftlich ähneln wir flugunfähigen Dodos. Wir sind lieber Gehaltsempfänger als Unternehmer. Optimieren lieber unsere Freizeit als unsere Arbeit. Und unseren Kindern ermöglichen wir einen von Fleiß befreiten Start ins Leben. Kein Wunder, dass unsere Wirtschaftsleistung und unser Wohlstand stetig zurückgehen. Schuld daran sind übrigens nicht »die anderen« oder »die da oben«, sondern wir selbst. Uns geht‘s zu gut! Martin Limbeck lamentiert nicht, er packt an! Ehrlich und direkt zeigt uns der Selfmade-Unternehmer in seinem SPIEGEL-Bestseller, wie wir das Fliegen wieder lernen: mit Ausdauer und Selbstdisziplin sowie einer Frischzellenkur in unternehmerischem Denken. Limbecks Erfolgsformel: Wir brauchen eine neue gesellschaftliche Leistungskultur. Nur mit ihr begründen wir den Wohlstand von morgen. Mehr auf https://dodoland.blog/
Lasst uns wieder zeigen, was wir erreicht haben!
Warum ich Ihnen diese Anekdoten erzähle? Weil sie wichtig sind. Denn nicht jeder ist mental stark genug, um das auszuhalten. Ich kann verstehen, dass Menschen auswandern, weil sie sich das nicht mehr geben wollen. Und ich kann auch verstehen, dass andere resignieren, ihre Ideen begraben und sich wieder in der Masse treiben lassen. Denn wieso sollst du dich ins Zeug legen, wenn es am Ende keiner würdigt? Du immer nur dumme Kommentare bekommst? Und du schlimmstenfalls sogar in gewisser Weise „bestraft“ wirst, indem du den Höchststeuersatz bezahlst und trotzdem ständig die Steuerprüfer im Büro sitzen hast?
Ich finde diesen ganzen Neid schlicht dissozial, ätzend, negativistisch. Woher kommt diese allgemein verbreitete Verschämtheit im Umgang mit Erfolg, Geld und Vermögen? Wenn wir nicht mehr zeigen dürfen, was wir erreicht haben, wenn wir nicht stolz sein dürfen, dann ist das für mich ebenfalls ein deutliches Symptom für das Verrotten unserer Leistungskultur.
Und genau da könnten wir ansetzen: Wenn erfolgreiche Menschen sich endlich zeigen und die Früchte ihrer Arbeit nicht mehr verstecken, dann wäre das ein Anfang. Zeigen wir endlich wieder, was wir erreicht haben! Dann wären wir schon halb auf dem Weg zu einer neuen Leistungskultur. Das wäre wahrhaft vorbildlich.
Standhaft gegen Neid und Missgunst
Und zeigen sollten sich meiner Ansicht nach speziell die Unternehmer. Also diejenigen, die das Kapital haben, um etwas zu unternehmen. Damit unsere Gesellschaft in Richtung einer neuen Leistungskultur geht, braucht es von ihnen den Impuls. Doch wo sind diese Menschen?
“Leidenschaftliche Unternehmer wie er gehören in die Talkshows – nicht nur die immer gleichen Parteigranden und Wohnzimmerphilosophen”
Ich bin mal dem Inhaber eines großen mittelständischen Unternehmens begegnet. Ich würde gerne den Namen nennen, weil er eigentlich Bekanntheit und Würdigung verdient hat – doch ich glaube, er will das nicht. Dieser Mann hat schon als Junge in dem kurz nach dem Krieg von seinem Vater gegründeten Familienunternehmen mitgearbeitet, hat es dann übernommen und steht seit Jahrzehnten an dessen Spitze. Seitdem hat er das Unternehmen enorm ausgebaut und zum Weltmarktführer in seiner Branche gemacht. Er gibt mehreren Tausend Mitarbeitern einen Arbeitsplatz, engagiert sich vor allem in der betrieblichen Berufsausbildung und wendet modernste Führungsprinzipien an. Ein blitzsauberes Unternehmen, eine fantastische unternehmerische Leistung und ein überragendes Lebenswerk. Völlig zu Recht erhielt er die höchsten Preise und Ehrungen, die es in Deutschland zu vergeben gibt. Ich ziehe vor dem Mann meinen Hut! Er wäre genauso ein Vorbild, wie wir es heute brauchen. Doch er ist in der Gesellschaft völlig unbekannt, da er sich komplett zurückzieht.
Vorbilder gesucht: Wenn schon kein Unternehmer, dann wenigstens CR7
Das ist wirklich schade. Ich finde halt: Leidenschaftliche Unternehmer wie er gehören in die Talkshows – nicht nur die immer gleichen Parteigranden und Wohnzimmerphilosophen. Doch so bleiben als Vorbilder, besonders für junge Menschen, halt nur noch irgendwelche Stars und Sternchen, Influencer und Sportler. Wobei – die möchte ich auch nicht alle über einen Kamm scheren. Cristiano Ronaldo zum Beispiel halte ich für ein großartiges Vorbild, von dem wir uns alle eine Scheibe abschneiden können. Warum? Weil er jede Menge Tugenden vorlebt. In Interviews ist er leise und freundlich und fair. Er ist ein Familienmensch und liebevoller Papa, seine Familie geht ihm über alles. Er vergisst seine Eltern und Geschwister nicht und sorgt für sie, nimmt sich Zeit für sie. Seine Mama nimmt er überall hin mit. Er hat ein Herz für seine Freunde, pflegt seine alten Freundschaften, egal wie berühmt er zwischenzeitlich geworden ist.
Außerdem ist er fleißig. Extrem fleißig. Viele Profis, die mit ihm in einer Mannschaft gespielt haben, berichten immer wieder davon, wie professionell und wie trainingsfleißig er ist. Es ist nahezu unmöglich, mehr zu trainieren als er. Er ist bei jedem Training der erste und der letzte auf dem Platz. Bei sich zu Hause hat er ein komplettes Fitnessstudio eingerichtet, und da trainiert er auch außerhalb der Mannschaftstrainings und pflegt jede Faser seines Körpers. Das ist mit Sicherheit auch der Grund, warum er fast nie verletzt ist und warum er auch mit 37 Jahren noch topfit ist, was heute Fußballprofis nur noch selten schaffen.
Applaus für die wenigen Stimmen
Kommen wir nochmal zu den Unternehmern zurück. Eigentlich gibt es aktuell nur einen Mann, der es in meinen Augen richtig macht – Wolfgang Grupp. Der Chef von Trigema aus Burladingen auf der Schwäbischen Alb ist laut und stark. Gut so! Der alte Recke traut sich was und ist tatsächlich ab und zu in der Öffentlichkeit zu sehen. Er tritt in Talkshows auf und hält Vorträge. Unverdrossen hält er für die Wirtschaft die Fahne hoch, insbesondere für den Mittelstand. Warum trauen sich das andere nicht zu? Mario Ohoven (1946–2020) war auch so einer. Als Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) traute er sich, öffentlich an der Regierung Kritik zu üben. Er forderte die Senkung der Mehrwertsteuer, er kritisierte die „kalte Progression“, er opponierte gegen die Rentenpflicht für GmbH-Geschäftsführer, er protestierte lautstark gegen die Lockdowns. Und das alles unermüdlich, im hämischen Gegenwind der neidzerfressenen Gesellschaft, in der die wenigsten jemals Ähnliches auf die Beine stellen wie er. Leider verunglückte Ohoven im Oktober 2020 bei einem Verkehrsunfall tödlich.
Doch abgesehen von diesen wenigen Ausnahmen lässt sich kaum einmal ein Unternehmer in der Öffentlichkeit blicken. Und darum kursieren auch Vorurteile, Neid, Häme bis hin zu Hass gegen Unternehmer weitgehend ungestört, einfach mangels Präsenz und mangels positivem Beispiel. Ich habe den Eindruck, dass die potenziellen Vorbilder selbst Vorbilder brauchen – jeder Leistungsträger, der vorangeht, zählt. Das ist auch mit einer der Gründe, warum ich mein Buch „Dodoland“ geschrieben habe. In meinem Umfeld haben mir nicht wenige Menschen davon abgeraten. Frei nach dem Motto: „Schuster, bleib bei deinen Leisten.“ Doch den Mund halten und unter dem Radar fliegen ist nicht meine Art. Ich finde, wir haben als Unternehmer in diesem Land eine Verantwortung. Daher habe ich diese Möglichkeit genutzt, um aufzurütteln. Ich weiß, ein Buch allein wird noch nichts verändern. Doch es ist ein Anfang. Und ich hoffe sehr, dass ich auch andere Unternehmer damit erreiche und sie dazu inspiriere, mehr in die Öffentlichkeit zu treten und ihre Stimme zu nutzen.
- Martin Limbeck: Die Fleißigen sind die Deppen – und der Mittelstand bleibt auf der Strecke
- Arnold Weissman: Wer nicht transformiert, stirbt
- Bella Ciao: Deutschlands Geschäftsmodell ist am Ende
Martin Limbeck ist Gründer der Limbeck® Group, Mehrfachunternehmer, Investor, Wirtschaftssenator (EWS), Mitglied des BVMW Bundeswirtschaftssenats und einer der führenden Experten für Sales und Sales Leadership in Europa. Sein Buch “Nicht gekauft hat er schon” stand wochenlang auf der Bestseller-Liste von Handelsblatt und manager magazin. Neben seiner Unternehmertätigkeit hält Martin Limbeck Vorträge und engagiert sich als offizieller Botschafter von Kinderlachen e.V. für kranke und hilfsbedürftige Kindern in Deutschland. Er ist Familienmensch und hat einen erwachsenen Sohn, der mit im Unternehmen tätig ist. Mehr auf https://martinlimbeck.de
Schreibe einen Kommentar