An Wolfram Weimer könnte sich die Zukunft der CDU entscheiden

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Die Überschrift mag überspitzt klingen, aber ich will meine These begründen.

Von Dr. Dr. Rainer Zitelmann

Friedrich Merz hat angekündigt, den Verleger und Publizisten Wolfram Weimer zum Kulturstaatsminister zu berufen. Ich kenne und schätze Weimer seit mehr als 25 Jahren. Er war Ende der 90er Jahre, damals zusammen mit Mathias Döpfner, mein unmittelbarer Vorgesetzter bei der Tageszeitung DIE WELT und ich habe später oft für sein Debattenmagazin EUROPEAN geschrieben. Aber das spricht aus Sicht der linken Kritiker sicherlich eher gegen Weimer.

Empörung im Kulturbetrieb

Seine Berufung hat zu einer Welle der Empörung im linken Kulturbetrieb geführt – und zu überbordenden Hoffnungen bei Konservativen wie Libertären: „Wolfram Weimer ist nicht geeignet für dieses zentrale Amt der Kulturpolitik. Er ist ein konservativer Publizist und Verleger, der bislang kaum als Kulturmensch in Erscheinung getreten ist“ heißt es in einer Petition aus dem linken Kulturbetrieb, die bereits kurz danach von 26.000 „Kulturschaffenden“ unterschrieben worden war.

Im Bayerischen Rundfunk wird ihm vorgeworfen, dass er die „umstrittene“ Debatten-Zeitschrift CICERO gegründet habe. „Umstritten“ ist ja bekanntlich ein Wort, mit dem jemand aus dem Diskurs herausgekegelt werden soll. Von der taz hat man noch nie gelesen, sie sei umstritten.

Und in der taz heißt es jetzt zu Weimer:

„Droht also jetzt ein rechter Kulturkampf von der Spitze des Kulturstaatsministeriums aus? Es spricht tatsächlich viel dafür, dass Weimer geholt wird, um es den Linken, den ‚Gutmenschen-Bevormundern und moralischen Besserwissern’, wie er im Vorwort zu seinem Buch formuliert, zu zeigen.“

„Er hat ein Sendungsbewusstsein, um nicht zu sagen: Er ist ein Ideologe“, sagte der Schauspieler Ulrich Matthes der Sendung „3sat-Kulturzeit“. Das „disqualifiziert ihn für das Amt des Kulturstaatsministers“. Weimer sei stramm konservativ und vertrete wirtschaftsliberale Theorien. Dies führe womöglich dazu, dass er für Einschnitte im Subventionssystem der Hochkultur eintreten werde, meinte Matthes.

Ulf Poschardt hofft

Dagegen jubelt Ulf Poschardt in der WELT: „Die Entscheidung für Wolfram Weimer als Kulturstaatsminister könnte zum Befreiungsschlag für die Union werden. Die hysterischen Reaktionen des linken Kulturbetriebs zeigen, dass Weimer der richtige Mann ist – und die vernichtende Kritik macht ihn erst richtig frei.“ Und er fügt hinzu:

„Der aktuell weitgehend steuerfinanzierte Kulturbetrieb muss im Zweifel kaputtgemacht werden… Wolfram Weimer sollte aufräumen. Lieben werden sie ihn eh nicht mehr. Fürchten könnten sie ihn am Ende wohl.“

Wird Weimar die Hoffnungen Poschardts und die Befürchtungen seiner linken Gegner erfüllen? Daran könnte sich das Schicksal der CDU entscheiden.

Die vielfältigen Kompromisse, die Merz im Koalitionsvertrag mit der SPD und davor beim Schulden-Deal mit den GRÜNEN gemacht hat, stoßen vielen Konservativen und Liberalen ebenso auf wie die Tatsache, dass die 551 kritischen Fragen der Union zum „N“GO-Komplex unbeantwortet blieben und vergessen wurden. Die Subventionierung linker „N“GOs geht weiter.

Das Ergebnis dieser Unzufriedenheit ist, dass die AfD die CDU in Rekordzeit bei den Umfragen überholt hat, noch bevor Merz Kanzler wurde. Dabei hatte er vor Jahren versprochen, die AfD zu halbieren.

Wie werden sich Merz und Weimer verhalten?

Die Berufung von Weimer ist wohl als versöhnliches Signal von Merz an die Konservativen und Wirtschaftsliberalen in der Union gedacht. Ich denke, dass die Kampagne gegen Weimer weitergehen wird. Und viel hängt für die Union davon ab, wie Weimer selbst und vor allem Merz reagieren werden.

Wird Merz standhaft bleiben und zu Weimer stehen, auch wenn seine linken Gegner noch so viele vermeintlich „entlarvende“ Zitate aus Tausenden Veröffentlichungen von Weimer hervorkramen werden? Oder wird er zurückweichen, so wie er immer wieder nach Attacken der Linken ängstlich zurückgewichen ist? Würde Merz zurückweichen oder gar – im extremen Fall – den Forderungen der Linken nachkommen und Weimer fallenlassen, dann würden sich alle seine konservativen Kritiker bestätigt sehen, die ihn für einen schwachen Umfallertypen halten.

Und wie wird sich Weimer verhalten? Seine ersten Reaktionen lassen nichts Gutes ahnen, denn statt in die Offensive zu gehen, agiert er defensiv. Nein, er wolle keinen Kulturkampf führen, erklärt er beschwichtigend. Seit Jahren schreibe und rede er gegen die AfD und die Umtriebe des Rechtspopulismus „kämpferisch an. Die liberale, weltoffene Demokratie ist mein Gehäuse. Als leidenschaftlicher Europäer ist mir Nationalismus fremd.“

Ich halte es für eine Illusion, mit solchen Beschwichtigungsversuchen zu punkten. Das wird nicht funktionieren. Stattdessen wäre es vielleicht angebracht, mal daran zu erinnern, wie viel Wohlwollen seiner Vorgängerin Claudia Roth entgegengebracht wurde.

Zweierlei Maß gegenüber Weimer und seiner Vorgängerin

Während jetzt jedes Wort aus Weimers Buch aus dem Jahr 2018 „Das konservative Manifest: Zehn Gebote der neuen Bürgerlichkeit“ auf die Goldwaage gelegt wird, war man bei Claudia Roth nicht so zimperlich. Gegen Weimer wird jetzt ins Feld geführt, er sei angeblich kein echter „Kulturmensch“, was auch immer das sein mag.

Dagegen sahen seine Gegner in seiner Vorgängerin Claudia Roth einen echten „Kulturmensch“ – oder muss man sagen: Kulturmensch*in? Roth war immerhin Managerin der Band „Ton, Steine, Scherben“ und stolz darauf. Diese Band sang Texte wie diesen:

„Sag mir eins, ham die da oben Stroh oder Scheiße in ihrem Kopf?
Die wohnen in den schärfsten Villen, unsereins im letzten Loch
Wenn die das Rauch-Haus wirklich räumen, bin ich aber mit dabei
Und hau den ersten Bullen, die da auftauchen ihre Köppe ein.”

In dem Buch „Keine Macht für Niemand: Geschichte der Ton, Steine, Scherben“ lesen wir, dass die Band während ihrer Konzerte Flugblätter und andere Propagandaschriften der Terrorgruppe RAF verteilte und gezielt Leute aufforderte, ihre Personalausweise zu „verlieren“, um sie dann an Untergetauchte – also an Terroristen – weiterzugeben. Die Gruppe bestellte 10.000 Katapulte aus Hongkong, die sie dem Album „Keine Macht für Niemand“ beilegen wollte, damit den gewalttätigen Liedern die entsprechenden Taten folgen.

Roth hat sich später nie von „Ton, Steine Scherben“ distanziert, sondern war immer sehr stolz auf ihre Tätigkeit als Managerin dieser Band. Aber an all dem hat sich niemand gestört, während jetzt sogar nach Druckfehlern in Weimers „Manifest“ gefahndet wird – so etwa, dass dort von Rolf statt richtigerweise von Dolf Sternberger die Rede ist.

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Rainer Zitelmann ist Historiker und führt den Kulturkampf mit seinem neuen Anti-Woke Roman 2075. Wenn Schönheit zum Verbrechen wird“ 

Bild oben: Friedrich Merz, CDU-Parteivorsitzender, und Wolfram Weimer, designierter Staatsminister fuer Kultur und Medien, aufgenommen im Rahmen des Bundesausschusses der CDU in Berlin am 28.04.2025. (Quelle: Picture Alliance)

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