
Je leiser der Luxus, desto länger bleibt er
Was ist Luxus? – Man könnte ihn zählen: in Karat, Quadratmetern oder der Anzahl der Sterne. Man könnte ihn messen: In Fadenzahl pro Inch oder dem Jahrgang eines Weins. Aber der wahre Luxus beginnt dort, wo das Messbare endet – in der Begegnung/ Rubrik Stilvoll reisen
An Bord eines Schiffs der Reederei Seabourn, die sich mit leisem Understatement an der Spitze der Luxuskreuzfahrt bewegt, war diese Erkenntnis auf unserer letzten Reise nicht abstrakt, sondern erlebbar. Es sind nicht allein die – übrigens mitunter größten – Kabinen der Kreuzfahrtbranche, Kaviar und Champagner oder die Gourmet-Menüs, die in Erinnerung bleiben. Es ist die Art, wie ein Crewmitglied den Namen ausspricht – nicht auswendig gelernt, sondern so gemeint. Die selbstverständliche Geste, mit der uns am dritten Morgen das Lieblingsbrötchen gebracht wird, ohne dass man darum gebeten hat. Service hier ist kein Skript, sondern eine Haltung.

Begegnung statt Bedienung
In dieser Haltung schwingt viel von dem mit, was die amerikanische Servicementalität im besten Sinne ausmacht: ein fast intuitives Gespür für Bedürfnisse, gepaart mit dem Stolz, Gastgeber zu sein – nicht bloß Angestellter. Es ist jene Offenheit, die nicht aufdrängt, sondern ermöglicht. Eine Mentalität, die nicht distanziert-„professionell“ ist, wie man es oft in Europa erlebt, sondern verbindlich und warm, ohne je aufdringlich zu wirken.
Gerade auf See – wo die Welt sich verlangsamt und die Uhren anders ticken – gewinnen solche Begegnungen an Tiefe. Da ist der schottische Steward, der mit einem Lächeln von seinen Kindern erzählt. Die südafrikanische Sommelière, die einem am dritten Abend nicht nur den Wein, sondern auch ihre liebsten Ausflüge ans Herz legt. Es ist diese Form von Service, die nicht versucht zu beeindrucken, sondern die Freude am Geben zelebriert. Dieser seltene Moment, in dem wir merken: Wir sind nicht einfach Gäste. Wir sind gemeint.

Kulinarik als Selbstverständlichkeit
Kulinarisch übertrifft Seabourn vieles, was auf See üblich ist. Die Partnerschaft mit Thomas Keller, dem gefeierten amerikanischen Drei-Sterne-Koch (The French Laundry), bringt nicht nur seine Signature-Gerichte, sondern ein kulinarisches Ethos an Bord, das kompromisslos auf Qualität setzt. Ob feine Bouillabaisse, Sushi auf Deck oder Lobster Tail – alles wird à la minute zubereitet, ohne Buffets, ohne Massenabfertigung. Selbst der Roomservice bringt auf Wunsch jedes Gericht aus jedem Restaurant auf die eigene Veranda.
Offenheit kennt kein Alter
Doch am meisten bleibt: die See selbst. Eine Seabourn-Reise ist eine Einladung, sich treiben zu lassen. Die Routen sind sorgfältig gewählt, oft abseits der klassischen Häfen – mit Stopps in weniger bekannten Buchten, abgelegenen Inseln oder kleinen Orten wie Portoferraio, Gythio oder Saint-Pierre. In Patagonien begleiten Zodiacs die Passagiere zu Gletschern. In der Karibik ankert man vor einsamen Stränden, an denen das Team ein „Caviar in the Surf“-Picknick serviert – mit Silbertablett und nackten Füßen im Sand.

Am Ende ist es diese Mischung aus Raum, Ruhe und Resonanz, die Seabourn zu einem der letzten echten Rückzugsorte für erfahrene Reisende macht. Hier geht es nicht um das Abhaken von Destinationen, sondern um das Erleben von Momenten. Um das Gespräch beim Kaffee am späten Vormittag. Um das Sonnenlicht, das über das Wasser tanzt. Um das Gefühl, dass jemand sich kümmert, ohne dass man darum bitten muss.
Oder, wie es ein älterer Gast aus Vermont beim Aperitif sagte, halb ernst, halb lächelnd:
„Der wahre Luxus ist nicht, wie viele Sterne ein Schiff hat. Sondern wie viele Menschen an Bord einen mit Namen begrüßen.“
Die Seabourn-Passagiere kommen aus allen Teilen der Welt, doch dominieren Amerikaner und Briten. Und damit eröffnet sich uns eine Offenheit, wie man sie in Europa selten findet. Amerikaner und Briten duzen einen von der ersten Begegnung an – herzlich, direkt, ohne Schwellenangst. Wir, Mitte vierzig, werden von Gästen, die doppelt so alt sind, mit einem Lächeln eingeladen, am Tisch Platz zu nehmen – „Join us, darling“ –, als gehörte man längst zur Familie.
Gesprächskultur statt Smalltalk
Das Gespräch, die Begegnung, wird zum Teil dieses leisen Luxusbegriffs. Sie ist in der angloamerikanischen Kultur stets aufgeschlossen und unverbindlich – und entwickelt sich dennoch binnen Minuten zu etwas Tieferem, Persönlicherem. An einem Abend diskutiert man mit einer emeritierten Professorin aus Chicago über Jazz. Am nächsten Tag lauscht man einem ehemaligen Diplomaten, der von seiner Zeit im Pakistan der 1960er-Jahre erzählt. Es ist die Intelligenz der Gäste, nicht das Geld, die hier den Ton angibt. Die Gespräche reichen von Kunst und Politik bis zu persönlichen Lebensgeschichten – meist erzählt mit jener Mischung aus Witz, Würde und Altersmilde, die berührt. Kein Name-Dropping, kein Konkurrenzgehabe. Sondern ehrliche Neugier: Woher kommt ihr? Was hat euch hierher geführt? Und: Wie gefällt es euch?
Begegnung ist Teil der Seabourn-Reise. Und sie wird nicht von Status bestimmt, sondern von Haltung. Wer sich auf Seabourn einschifft, sucht nicht das Rampenlicht, sondern Resonanz. Es geht nicht um die Zahl der Länder, die man gesehen hat, sondern um die Menschen, denen man begegnet. Um einen Blick, der hängen bleibt. Ein Gespräch, das nachklingt. Eine Bekanntschaft, die vielleicht sogar bleibt.
Alles inklusive – wirklich alles
Ein weiterer, nicht unwesentlicher Aspekt dieser besonderen Leichtigkeit an Bord ist das echte All-Inclusive-Konzept bei Seabourn. Champagner beim Einschiffen? Selbstverständlich. Espresso, Martini, frische Erdbeeren auf der Suite? Jederzeit. Keine Rechnungen, keine Unterschriften, kein ständiges Überlegen, ob man gerade ein „Extra“ bestellt – sondern es ist wirklich alles inklusive. Und so fühlt man sich auch hier ein wenig mehr wie bei Freunden. Der Champagner steht stets bereit, ein Tablett mit Canapés – und oft genug auch ein zweites Glas, für einen neuen Freund, der gerade dazukommt.
Gastfreundschaft statt Gala
Besonders charmant fanden wir auch das Konzept der hosted tables: An mehreren Abenden laden Offiziere, Künstler, Musiker oder Gastdozenten einzelne Gäste dazu ein, den Abend an ihrem Tisch zu verbringen – ohne Verpflichtung, einfach als Geste der Gastfreundschaft. Da sitzt man dann plötzlich neben dem Kapitän, der von seiner Zeit auf arktischen Routen erzählt. Oder gegenüber einer amerikanischen Cellistin, die am nächsten Abend ein kleines Kammerkonzert gibt.
Diese Abende hatten für uns etwas von Salonkultur auf See – nicht inszeniert, sondern beiläufig elegant. Unsere Gespräche drehten sich übrigens selten um Beruf und nie über Herkunft, sondern um Erlebnisse, Gedanken, Kuriositäten. Es war oft, als würde sich mit jedem Gang ein neuer Horizont öffnen – nicht auf der Karte, sondern im Gegenüber.

Kleine Schiffe, große Welt
Die Flotte von Seabourn besteht derzeit aus sieben Schiffen, die in der Branche zu den kleineren gehören. Auch die kleinsten Kabinen sind bereits Suiten – Innenkabinen gibt es keine.
Die Seabourn Ovation und Seabourn Encore, die beiden Flaggschiffe der Reederei, bieten jeweils Platz für rund 600 Passagiere, betreut von etwa 450 Crewmitgliedern – was die außergewöhnlich persönliche Ansprache ermöglicht. Die etwas kleineren Schiffe Seabourn Sojourn, Quest und Odyssey nehmen jeweils maximal 450 Gäste auf.
Seit Kurzem hat Seabourn mit der Seabourn Venture und der baugleichen Seabourn Pursuit zudem zwei moderne Expeditionsschiffe im Programm – ausgestattet mit Zodiacs, Kajaks und sogar U-Booten. Sie fahren in Regionen wie die Antarktis, das Amazonasbecken, Grönland oder Spitzbergen – mit dem gleichen Komfort- und Serviceanspruch wie die übrige Flotte, aber mit erweitertem Fokus auf Naturerlebnis und wissenschaftlich geführte Exkursionen.
Routen für Entdecker – und Genießer
Seabourn ist global unterwegs – auf klassischen Kreuzfahrtrouten im Mittelmeer, der Karibik und Südostasien ebenso wie auf anspruchsvolleren Fahrten durch den Panamakanal, die Küsten Neuenglands und Kanadas oder entlang der norwegischen Küste bis zu den Fjorden des hohen Nordens. Besonders angenehm: Die Schiffe laufen häufig kleinere, weniger frequentierte Häfen an, was Landgänge entspannter und authentischer macht. Wir haben eine solche Reise entlang der Spanischen Küste gemacht, mit Granada und der Alhambra als Highlight.

Unsere Tipps
Beste Reisezeit: Seabourn ist weltweit unterwegs – von der Antarktis bis Südostasien. Für das Mittelmeer empfiehlt sich der Zeitraum Mai bis Oktober, für Nordamerika und Nordeuropa Juni bis September. Die Expeditionsreisen in die Polarregionen finden vor allem im Südsommer (Nov–Feb) bzw. Hochsommer des Nordens (Jun–Aug) statt.
Dresscode: Tagsüber entspannt-elegant (Poloshirt, Sommerkleid, Leinenhose). Abends wird es formeller – „Elegant Casual“ ist Standard, „Formal Nights“ gibt es nur wenige und sie sind optional. Eine leichte Jacke für windige Deckabende lohnt sich immer.
Trinkgelder: Sind vollständig im Reisepreis enthalten. Es gibt keine Erwartung, keine Umschläge, kein Diskret-Schieben – und genau das macht die Wertschätzung so spürbar.
All-Inclusive bedeutet wirklich all-inclusive: Champagner, Signature Cocktails, Kaviar, Roomservice – alles ist ohne Aufpreis. Nur ganz spezielle Weine, Spa-Anwendungen oder Ausflüge kosten extra.
Landausflüge: Die Auswahl ist kuratiert, meist in kleinen Gruppen, mit lokalem Fokus. Für kulturell anspruchsvollere Erlebnisse lohnt es sich, die „Seabourn Journeys“ oder die „Ventures by Seabourn“-Programme bei Expeditionsrouten zu prüfen. Alternativ: Private Guides lassen sich über den Concierge vorab oder spontan organisieren.
Internet & Kommunikation: WLAN ist mittlerweile inklusive und Telefonieren über WhatsApp/Signal funktioniert immer, sogar Videoanrufe sind problemlos möglich. Wir konnten auch ohne Einschränkungen Filme streamen.
Gästeprofil: Vorwiegend englischsprachig, meist aus den USA, Kanada und UK, oft 60+. Der Umgangston ist herzlich, offen, direkt – es entsteht schnell ein vertrauter Umgang. Über 50% der Gäste sind Stammgäste und verstehen sich nicht ohne Augenzwinkern als Teil der Seabourn-Familie.
Reisedauer & Routentypen: Die Klassiker reichen von 7 bis 14 Tagen, Weltreisen oder Trans-Ozean-Passagen dauern länger. Besonders beliebt: Kombinierte Reisen, bei denen Gäste mehrere Etappen zu einer Reisedauer von 3–6 Wochen verbinden.
Bordsprache: Englisch. Die Crew ist international, höflich und charmant, Verständigung funktioniert aber auch mit Grundkenntnissen. Wer fließend Englisch spricht, profitiert von intensiveren Gesprächen – auch abseits der Ausflüge.
Must-Do an Bord:
– Sonnenaufgang mit Kaffee auf der eigenen Veranda
– Caviar in the Surf (wenn angeboten) sonst einfach bestellen wann immer es einem in den Sinn kommt
– Dinner an einem Hosted Table
– Live-Musik in der Observation Bar
– Silent Moments auf See – einfach nur aufs Wasser schauen.
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