
Für eine bessere (Grundlagen-) Forschung!
In Deutschland besteht eine Neigung zum Perfektionismus. Alles muss zu Ende gedacht sein, am besten bürokratisch von oben gelenkt. Wenn der große Wurf nicht gelingt, ob durch mangelnden Mut oder durch den Streit mit behördlichen Bedenkenträgern, macht man so weiter wie bisher. Oder man macht es noch schlechter, so z.B. durch eine fragwürdig ideologische Förderungspolitik.
Von Dr. Ulrich Horstmann
Stattdessen brauchen wir mehr Unternehmergeist, einen europäischen Binnenmarkt, der den Prinzipien des Freihandels folgt sowie einen weit besser entwickelten europäischen Kapitalmarkt, der offen für die Finanzierung neuer Ideen ist. In den USA besteht eine größere Risikobereitschaft und mehr Offenheit für Neues. Scheitern wird dort nicht so stigmatisiert wie bei uns. Wenn es schiefgeht, fängt man wieder neu an. Innovationen sind eben oft nicht marktreif. Scheitern ist Normalität. Bei einem Durchbruch winken dagegen hohe Gewinne. All diese unternehmerische Kreativität darf durch Industriepolitik nicht behindert werden. Sie ist eine Anmaßung des Wissens und verschleudert unsere Steuergelder.
Eine Voraussetzung für innovative Sprünge ist die Spitzenforschung
Der Staat kann und sollte die Grundlagenforschung massiv finanziell fördern. Sie wird üblicherweise von den Unternehmen nicht erbracht, weil sie zu wenig produktnah ist. Eine Voraussetzung für innovative Sprünge ist die Spitzenforschung an hervorragenden Universitäten und eine sehr gute Ausbildung in den so genannten Mint-Fächern. So kann der Staat aber doch nur „Steigbügelhalter“ sein. Auf die wirtschaftlichen Entscheidungen selbst darf er keinen Einfluss ausüben. Das Insolvenz- und Steuerrecht sowie die Kapitalmarktfinanzierung sind längst nicht so ausgestaltet, dass sie den Anforderungen von Startups entsprechen.

Auch die Förderungspolitik passt nicht. Der völlig intransparente Subventions-Dschungel müsste sofort abgeschafft werden, um die zunehmend ineffiziente Planwirtschaft zu überwinden. Erfolg, Risiko und Haftung gehören zusammen. Auch Jungunternehmer würden gerne nur den Gewinn einheimsen und die Risiken der Gesellschaft aufhalsen, wenn dies möglich ist. Vor allem bei der Finanzierung hinkt Europa den US-Amerikanern ganz deutlich hinterher. Der Kapitalmarkt ist noch viel zu wenig leistungsfähig. Es überrascht daher wenig, dass viele Startups direkt in die USA abwandern. Sie benötigen kein Beamtenmentalität und engmaschige Regulierungen. Sie brauchen unbürokratisch und schnell die Zufuhr von Risikokapital.
Deutschland und Europa sind als Wissensgesellschaften noch nicht ganz abgehängt. Es gibt genug Patente. Es fehlt oft der Mut, auch Finanzierungs- und Vertriebskompetenz. Es geht darum, nicht nur Wissen anzuhäufen. Es muss auch unternehmerisch produktiv verwertet werden. Das vorhandene Potenzial muss besser genutzt werden. Wir brauchen die grundlegenden Innovationen auch hier und zwar ökonomisch verwertbar wie z.B. der Erfolg der Technologieunternehmen in den USA zeigt.
Staatliche Innovationslenkung durch Förderungsmaßnahmen ist eine Illusion
Mehr Grundlagenforschung führt nicht automatisch zu mehr Innovationen auf den Märkten mit wirtschaftlichem Erfolg. Es bleibt eben ein Wagnis. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, der Staat Bürokratie abbaut und nicht gängelt, nur maßvoll besteuert und gleichzeitig ein funktionsfähiger Kapitalmarkt besteht, dann wäre schon viel getan. Der schwarz-rote Koalitionsvertrag ist hier noch viel zu halbherzig. Die staatliche Innovationslenkung durch Förderungsmaßnahmen sollte endlich als Illusion erkannt werden. So muss unbedingt Technologieoffenheit bestehen. Die Konsumenten müssen über den Erfolg entscheiden (das war Ludwig Erhard immer wichtig). Es bleibt offen, ob die neue Regierung bereit ist, sich von den ideologischen Wunschträumen grün-roter Funktionäre zu verabschieden. Für die Bürger und die Start-up-Szene wäre das ein Segen.
Bislang erschienen in der Kolumne von Ulrich Horstmann:
- Bürgernah digitalisieren!
- Für eine bessere Einwanderungspolitik!
- Für eine günstige und ressourcenschonende Energieversorgung!
- Für eine bessere Bildung!
- Für eine bessere (Grundlagen-) Forschung!
Dr. Ulrich Horstmann studierte in Bochum Betriebswirtschaftslehre, danach in Trier mit finanzwirtschaftlichem Schwerpunkt und schloss an der Wirtschaftsuniversität Wien mit der Promotion ab. Seit 1989 ist er in mehreren Finanzinstituten im Research tätig. Zusammen mit Stephan Werhahn führt er das Institut Europa der Marktwirtschaften.
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